Bei Kühen gibt es verschiedene Rassen, erst recht beim Hund und bei der Katze. Weniger bekannt ist, dass es sich beim Kanarienvogel gleich verhält (lesen Sie hier mehr dazu). Kanarienrassen entstanden mehrheitlich in Grossbritannien und Spanien, teilweise auch in Deutschland, sogar japanische Züchter schufen eine. Doch auch Schweizer taten sich in der Erzüchtung zweier Rassen hervor: des Frisé-Suisse-Kanarienvogels und des Berners. Bis heute werden beide Rassen von Schweizer Züchtern nachgezogen, der Berner Kanarienvogel sehr erfolgreich, der Frisé Suisse nur noch in ganz geringen Zahlen. 

Die Schweizer Kanarienvögel wurden gezielt aus anderen Rassen herausgezüchtet. 1870 soll die Ornithologische Gesellschaft in Basel an einer Ausstellung in Köln Pariser-Kanarien gekauft haben. Dabei handelte es sich um Kanarienvögel, die kein glattes Gefieder aufwiesen, sondern sogenannte Frisuren zeigten, ähnlich wie Hunde, die es nicht nur mit glattem, sondern auch mit gelocktem oder langem Fell gibt.

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Der Deutsche Kanarien- und Vogelzüchter-Bund DKB, die Hauptvereinigung, die sich mit Kanarienrassen im deutschen Sprachraum befasst, schreibt: «Es wurden immer mehr aus verschiedensten Ländern und Städten Vögel importiert und damit unbemerkt ein Kunterbunt an Zuchtmaterial zusammengetragen, aus dem man fast nicht mehr klug werden sollte.» Darum sollen sich um 1880 Schweizer Züchter zusammengetan haben, um dem Gemisch Einhalt zu gebieten. Sie entwarfen Standards, welchen ihr Idealvogel entsprechen sollte. So entstand der Frisé Suisse. 

Spezialisieren auf eine Rasse
Allgemein wird in der Fachliteratur angegeben, dass die Rasse um 1900 etabliert war. Der Schweizer Vogel-Zuchtrichter Mauro Forlani erklärt, dass der Frisé-Suisse-Kanarienvogel die gleiche Haltung wie der Scotch Fancy einnehme, eine schottische Rasse. Auch Experten des DKB schreiben, dass der Frisé Suisse auf der Stange gleich dastehe wie ein Scotch. Es bleibt ein Geheimnis der Geschichte, wie die Schweizer Züchter der Region Basel zu schottischen Vögeln kamen. Sicher ist, dass Kanarienvögel schon früh weit herum gehandelt wurden, beispielsweise bis nach St. Petersburg in Russland und in die USA.

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In Bern wurde ebenfalls ein Kanarienvogel herausgezüchtet. Doch auch im Berner fliesst viel ausländisches Blut. Er soll um 1880 in der Region Steffisburg BE gehalten worden und erstmals um 1908 in Bern ausgestellt worden sein. Obwohl sich auch um den Berner verschiedene Geschichtsschreibungen ranken, erwähnen Spezialisten in der Fachliteratur, dass im Berner auch Yorkshireblut fliesst. Der Yorkshire ist eine 1850 entstandene Rasse aus der englischen Grafschaft Yorkshire, die heute, einfach ausgedrückt, die Form einer Karotte hat. Dies war früher aber noch nicht so ausgeprägt.

Der Berner Kanarienvogel wird heute wieder erfolgreich in der Schweiz gezüchtet, obwohl er noch vor 30 Jahren selten war. Zuchtrichter Forlani sagt: «Der Berner sollte einen flachen Kopf aufweisen und muss eine aufrechte Haltung haben.» Das unterscheide ihn vom Llarguet Español. Der Llarguet entstand vor 1950 in den spanischen Provinzen Castelló und Valencia.

Einst wurden in Berner Llarguet-Kanarien eingekreuzt, da es nur noch wenige Berner gab. Das sei ein Mangel, streicht Experte Forlani heraus: «Es ist heute nicht notwendig, andere Rassen einzukreuzen, denn es gibt wieder genug Berner.» Der Berner muss 16 bis 16,5 Zentimeter gross sein, der Larguet misst mindestens 17 Zentimeter. Der Llarguet gehört, wie der Berner, zu den grossen, glatten Positurrassen. Der Berner aber zeigt mehr Brust und steht nicht wie ein Pfeil da, so wie der Llarguet. 

Mauro Forlani rät: «Wenn man eine Rasse züchten will, dann sollte man Ausstellungen besuchen, vergleichen und sich dann auf eine Rasse spezialisieren.» Warum also nicht die beiden Schweizer Rassen züchten?