Das Gefieder von Vögeln bietet kleinen Kreaturen einen vielfältigen Lebensraum. Die Autoren und Tierärzte Richard Schöne und Ronald Schmäschke legten mit ihrem Buch «Lebensraum Federkleid» eine ausführliche Dokumentation dazu vor. Unter solchen Parasiten leiden nicht nur wild lebende, sondern auch Volierenvögel. Beispielsweise sind über 2500 Arten von Federmilben bekannt, die sich auf das Zerfressen von Vogelgefieder spezialisiert haben. Sind Volierenvögel davon betroffen, können beim Tierarzt Sprays gekauft werden, die direkt am Gefieder aufgetragen werden.

Im Gegensatz zu den sogenannten Federlingen, die nur auf dem Vogelgefieder leben, sind Rote Vogelmilben mobil. Sie leben überall dort, wo Vögel brüten. Tagsüber verbergen sie sich in Ritzen, unter Sitzstangen und in Spalten. Nachts aber machen sie sich auf und befallen auf Stangen ruhende Vögel und besonders Junge in Nestern. Für Jungvögel kann ein Befall mit Roten Vogelmilben zum Tod führen, da sie den steten Blutverlust nicht verkraften. Auch erwachsene Vögel werden so schwächer und anfälliger für andere Erkrankungen. Rote Vogelmilben können Monate ohne Blutnahrung überleben. Erst bei einer Hitze über 40 Grad und bei Kälte unter minus 20 Grad sterben sie ab. Auch wenn eine Vogelunterkunft also monatelang leer stand, können die Milben noch vorhanden sein. 

Vorbeugen ist besser
Rote Vogelmilben werden durch Wildvögel, die sich auf die Volieren setzen, in Gartenvolieren gebracht. Wer gekaufte Vögel ohne Quarantäne zu den anderen setzt, geht das Risiko einer Milbenübertragung ein. Die Rote Vogelmilbe vermehrt sich sprunghaft. Feucht-warmes Sommerwetter behagt ihr besonders, doch sie ist auch im Winter aktiv. 

Der Tierarzt Willy Häfeli, der lange im Tierpark Dählhölzli in Bern arbeitete, züchtet selber zahlreiche Prachtfinkenarten. «Ich setze jeden Neuzugang in Quarantäne und behandle ihn zuerst gegen Milben», sagt er. Er verwendet das in Tierarztpraxen erhältliche Produkt Ivomec und gibt jeweils einen Tropfen auf das Rückengefieder. Das Mittel sei allgemein sehr wirksam gegen Aus­sen- und Innenparasiten.  Gouldamadinen etwa, aber auch Kanarien und andere Arten, würden oft an Luftsackmilben leiden, sagt Häfeli. Anzeichen einer Erkrankung sind eine schwere Atmung und piepsende Atemgeräusche. Auch gegen diesen Parasiten verwendet Häfeli Ivomec.

Auf einen Grabmilbenbefall hingegen weisen kahle Köpfe hin, etwa bei Kanarien und Wellensittichen. Bei Wellensittichen kann auch die Schnabelgegend befallen sein. Grabmilben leben in der Oberhaut von den Eiweissstoffen der Federwurzeln. Darum fallen die Federn aus. In diesem Fall sollte die kahle Stelle mit Vaseline eingerieben werden, sodass die Bohrgänge der Milben geschlossen werden und sie ersticken.

Räudemilben rufen Kalkbeine hervor, denn sie lassen durch ihre Bohrtätigkeit auf den Beinen und Zehen weissliche Krusten und Puder entstehen. Sie ernähren sich von den Eiweissstoffen der Haut. Beine werden rau und schuppig. Auch hier sollten die Beine mit Vaseline eingerieben werden. Das Prozedere muss mehrmals wiederholt werden. 

Damit es erst gar nicht zu einem starken Milbenbefall kommt, sind hygienische Zuchteinrichtungen essentiell. Dabei lohnt sich ein Blick in die Geflügelzucht, denn gerade Hühner leiden oft unter Milbenbefall. Der versierte Zwerghuhnzüchter Andreas Lutz aus Engelburg SG sagt: «Man darf den Milben gar nicht erst Möglichkeiten bieten, sich in einem Stall einzunisten.» Die Sitzstangen in seinen Ställen liegen auf einem Gestell frei auf, sodass ein Abstand zwischen den Enden und den Wänden besteht. Sie sind also nicht zwischen die Wände gespannt. «Genau dort, zwischen Sitzstange und Wand, nisten sich während des Tages Milben ein», sagt Lutz, der sein System während Jahrzehnten perfektioniert hat.

Kieselgur und Reinlichkeit
Die mobilen Sitzstangen werden mit Kieselgur oder Diatomeenerde eingerieben – einer pulverförmigen Substanz, die hauptsächlich aus Kieselalgen gewonnen wird. Milben ruhen während des Tages oft auch auf der Unterseite von Sitzstangen. Mit diesem System gibt Lutz Milben keine Chance. Der britische Kanarienzüchter Brian Keenan gibt sogar Kieselgur in sein Weichfutter und sagt, dass er seither keinen Luftsackmilbenbefall bei seinen Yorkshire-Kanarien hatte.

Hygiene ist essenziell, will man einem Milbenbefall vorbeugen. Keine Ritzen in den Zuchtboxen und Volieren, regelmässiges Reinigen mit feuchtem Schwamm, keine Kotreste an Wänden, häufiges Auswechseln von Einstreu oder Zeitung in der Kotauffangschublade und frische Luft sind Selbstverständlichkeiten. Zur Hygiene gehört auch die Reinigung und Behandlung von Transportbehältern und der Umgebung von Zuchtkäfigen und Volieren. Vorbeugen ist immer besser, natürliche Mittel sind chemischen vorzuziehen. So wirkt auch Lehm, mit dem man Sitzstangen, Seiten- und Rückwände, Nistkästen und Holzrahmen der Volieren einreibt, prophylaktisch gegen Milbenbefall. 

Auch der englische Vogelzüchter Andy Early hat entsprechende Erfahrungen mit der Milbenvorbeugung auf natürlicher Basis gemacht. Er schreibt in der britischen Wochenzeitschrift «Cage & Aviary Birds», dass er mittels eines Ventilators, der über eine Zeitschaltuhr gesteuert wird, frische Luft in seinen Vogelzuchtraum strömen lässt. Vor dem Luftausströmer hat er ein Becken mit Wasser platziert, in das er Lavendelöl träufelt. Die mit Feuchtigkeit und Lavendelduft angereicherte Luft verteilt sich im Raum. 

Vertreiben Zebrafinken Milben?
Early vermutet, dass er damit einem Milbenbefall vorbeugt. Er reinigt die Käfige mit Eukalyptusöl oder mischt weissen Essig im Verhältnis eins zu zehn ins Wasser. Er wischt damit die Käfigeinrichtungen ab und sprayt die Lösung auch auf die Vögel, was unschädlich für sie ist. Knoblauchlösung im Trinkwasser sowie Knoblauchpulver und geraffelte Zwiebeln im Weichfutter schützen Vögel vor Milben, da sich der Knoblauchgeschmack im Blut niederschlägt. Bedingung ist, dass diese Zutaten kontinuierlich angeboten werden. 

Immer wieder findet sich gerade bei englischen Vogelliebhabern der Hinweis, dass Kanarien nie von Milben befallen werden, wenn in der gleichen Anlage auch Zebrafinken gehalten werden. Der Züchter Larry Mann schreibt in «Cage & Aviary Birds»: «Dieses Phänomen wurde bis heute nicht untersucht, und es erstaunt mich, dass unter Vogelzüchtern so viel über Milben diskutiert wird, wenn die Lösung so einfach ist.» Zebrafinken lassen sich allerdings vom starken Gesang von Kanarienvögeln irritieren, sodass es mit ihnen in einer Anlage, wo Kanarien überwiegen, kaum zu guten Zuchterfolgen kommen wird.

Grundsätzlich sind die domestizierten Kanarienvögel, die in Zuchtanlagen gehalten werden, besonders von Milben betroffen. Sittiche und Papageien in Volierenhaltung leiden viel weniger unter diesem Problem.