Drogenhändler sind skrupellos – und ziemlich kreativ, wenn es darum geht, Drogen an Grenzbeamten vorbeizuschmuggeln. Für grössere Mengen wird da schon einmal ein Mini-U-Boot oder eine Drohne eingesetzt. Kleinere Mengen hingegen überqueren die Grenze oft im Magen eines Schmugglers, verpackt in magensäureresistenten Beuteln, häufig Kondomen. Immer wieder werden auch Tiere als unfreiwillige Drogenkuriere missbraucht. 

Alleine in den USA werden laut Behördenangaben Jahr für Jahr Drogen im Wert von rund 25 Millionen Dollar entdeckt, die via Tier ins Land geschmuggelt werden sollen. Da aber nur ein kleiner Prozentsatz der importierten Tiere auf Drogen untersucht wird, schätzen Experten, dass tatsächlich Drogen im Wert von rund 500 Millionen Dollar jährlich in, an oder auf Tieren in die USA eingeschmuggelt werden.

Was für die USA gilt, gilt natürlich für die ganze Welt. Hunde werden besonders gerne als Drogenkuriere, eingesetzt – und zwar auf brutale Art und Weise. Der Schmuggler zwingt den Hund, solange in Plastikbeuteln eingeschweisste Drogenpakete zu schlucken, bis sein Magen komplett gefüllt ist. Am Zielort schneidet er dem Hund dann einfach den Bauch auf und entnimmt die Pakete. Grosse Hunde werden von Drogenschmugglern
natürlich bevorzugt. Eine Bordeauxdogge, ein Labrador oder ein Bernhardiner kann auf diese Weise nämlich bis zu 1,5 Kilogramm Drogen transportieren.

Ein ähnliches Schicksal kann fast allen Tierarten blühen, die man sich vorstellen kann: 2009 stoppten peruanische Drogenfahnder, nachdem sie von einem Informanten einen entsprechenden Tipp erhalten hatten, nahe der Stadt Tarapoto einen Bus, um ihn auf Drogen zu kontrollieren. Den Polizisten fielen sofort zwei seltsam aufgeblähte Truthähne in einem Käfig auf. Bei genauerem Hinsehen entdeckten die Fahnder Nähte im Brustbereich der Tiere und brachten diese in eine nahe gelegene Tierklinik. Bei der nachfolgenden Operation kamen 28 Plastikkapseln mit einem Gesamtgewicht von fast fünf Kilogramm Kokain ans Licht. Beide Truthähne überlebten übrigens erfreulicherweise den chirurgischen Eingriff.

Der Text erschien erstmals 2019 in der «Tierwelt». 

In Schlangen und Käfern
In Albanien, dem nach Angaben von Drogenfahndern grössten Cannabis-Produzenten Europas, setzt man dagegen auf Esel, wenn es darum geht, die Drogen gefahrlos über die grüne Grenze ins benachbarte Griechenland zu schaffen. Die Langohren werden von den Schmugglern darauf abgerichtet, die entsprechenden Trampelpfade über die Grenze alleine zu bewältigen, wo sie dann von Helfern erwartet werden. Diese Art des Schmuggels hat natürlich einen gewaltigen Vorteil: Wird ein «Drogenesel» beim Grenzübertritt erwischt, können die Drogenfahnder nur den Vierbeiner und die Drogen beschlagnahmen – die Drahtzieher bleiben dagegen auf freiem Fuss.

Auch exotische Tiere werden von Drogenschmugglern benutzt. So entdeckten 1993 Zollbeamte in einer Frachtladung am Flughafen von Miami insgesamt 305 Riesenschlangen der Art Boa constrictor, mit einer durchschnittlichen Länge von 1,5 Metern. Diesen Schlangen hatten die Schmuggler jeweils 250 Gramm Kokain, in einem Kondom verpackt, vom After aus in den Darm gedrückt. Anschliessend hatten sie den Tieren den Anus zugenäht. Nur ein Fünftel der Schlangen überlebte diese brutale Prozedur.

Gerade harmlos war dagegen der Fund, den Mitarbeiter der Eidgenössischen Zollverwaltung diesen Juli am Flughafen Zürich machten: Ein Betäubungsmittel-Spürhund erschnüffelte Drogen im Magen eines Bären – glücklicherweise eines Teddybären. Er war von Südafrika nach Grossbritannien unterwegs und hatte drei Kilogramm Marihuana in den Bauch eingenäht.

Und  2007 entdeckten Zollfahnder in den Niederlanden bei einer Stichprobe in einem aus Peru stammenden Paket rund 100 tote Käfer, die von Drogenschmugglern mit Kokain gefüllt worden waren. Die Kokainhändler hatten die bis zu zehn Zentimeter grossen Insekten am Rücken aufgeschnitten, ihnen die Eingeweide entfernt und dann mit Kokain im Wert von jeweils mehreren Tausend Franken befüllt. Am Schluss klebten sie die «Kokainleichen» mit einem handelsüblichen Kleber einfach wieder zu.

Die Mär von den Drogentauben
Allerdings ist bei manchen Schmugglergeschichten Vorsicht geboten. Manche Erzählungen sind vielleicht nicht mehr als Seemannsgarn. Brieftauben etwa werden oft als besonders geeignete Drogenkuriere bezeichnet. Vor allem, wenn es darum gehe, kleinere Mengen Drogen in Gefängnisse einzuschmuggeln.

Für Aufsehen sorgte 2017 ein Fall, bei dem argentinische Polizisten eine Drogenkuriertaube über dem Gefängnis von Santa Rosa in der Provinz Pampa vom Himmel geschossen haben wollten. Der tote Vogel habe einen kleinen weissen Stoffrucksack getragen, in dem sich Marihuana, diverse Aufputschpillen und ein USB-Stick befanden. Das Foto der erschossenen Taube, samt Rucksack, ging damals – auch dank der sozialen Netzwerke – um die Welt. Und «Experten» behaupteten, eine gut abgerichtete Taube schaffe bis zu 15 Drogenflüge pro Tag in einen Knast und zurück. 

Brieftaubenspezialisten zweifeln solche Berichte an. Denn eine Taube lässt sich nicht darauf trainieren, irgendwohin zu fliegen. Sie fliegt immer von dem Ort, an dem sie freigelassen wird, zurück in ihren Heimatschlag. Das heisst: In dem betreffenden Gefängnis hätte sich ein Brieftaubenschlag befinden müssen. Dann hätte ein Besucher das Tier aus dem Knast schmuggeln müssen, um sie danach – mit Drogen beladen – wieder dorthin zurückfliegen zu lassen. Da wäre es vermutlich einfacher, die Drogen direkt ins Gefängnis zu schmuggeln – ohne Taube.
 

Der Text erschien erstmals 2019 in der «Tierwelt».