Ein Reisecar voller Hunde, die sich nicht kennen – ob das wohl gut geht? So manche der Teilnehmerinnen und Teilnehmer von «Numi’s Hunde-Reisen» an den Bodensee haben sich auf eine eher laute Fahrt eingestellt. Die Befürchtung verflüchtigt sich jedoch noch vor dem Antritt der Reise. Obwohl mit drei unkastrierten Rüden durchaus Konfliktpotenzial vorhanden ist, verläuft bereits die Begrüssung am Einsteigeort in Kriens LU überraschend gesittet. Jetzt müssen sich nur noch die Zweibeiner verstehen ...

Statt aufs Flugzeug, den Zug oder das eigene Fahrzeug zu setzen, buchen viele Ferienlustige eine Fahrt mit dem Reisecar, um ans gewünschte Ziel zu kommen. Vom reinen Zubringservice für einen einfachen Tagesausflug bis hin zur komplett durchgeplanten Ferienveranstaltung mit Städtebesichtigung und geführten Rundreisen bieten Carunternehmen ein breites Reiseangebot.

Während Carreisen sowohl bei Familien als auch bei Älteren und Alleinreisenden gros­sen Anklang findet, bleibt Hundehalterinnen und -haltern die Reise mit dem Car üblicherweise verwehrt. Die Zweibeiner sind als Gäste an Bord zwar willkommen, ihre Vierbeiner jedoch müssen draussen bleiben.

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Dreck und Geruch befürchtet
Hunde als Passagiere, das kommt für Car­unternehmen nicht infrage. Dabei dürften Hunde durchaus mitfahren. Wenn sie gut gesichert sind – mit einem Hundegeschirr oder speziellen Gurten, in Taschen oder befestigten Boxen –, spricht zumindest von Gesetzes wegen nichts gegen Hunde als Passagiere. «Die meisten Carunternehmen befürchten wohl, dass das Fahrzeug wegen der Hunde hinterher dreckig sein oder stinken könnte», vermutet Brigitte Heggli. Sie muss es wissen, führt sie doch zusammen mit ihrem Bruder in der fünften Generation das familieneigene Carunternehmen Heggli Reisen in Kriens. Die Sorge ihrer Branche in Bezug auf Hunde findet sie unbegründet. «Ein Car voller geschminkter Fasnächtler oder durchnässter Wanderer ist hinterher wahrscheinlich dreckiger als ein Car voller Hunde.» Das Fahrzeug werde sowieso nach jedem Einsatz gereinigt, wobei der Reinigungsaufwand nach einer Reise mit Hunden kaum grösser sei.

Hegglis Offenheit gegenüber Hunden als Reisegäste kommt nicht von ungefähr, ist die Carunternehmerin doch seit Jahren auch Hundehalterin. Eine Carfahrt in den Europapark, bei der Blindenhunde an Bord waren, brachte sie schliesslich auf die Idee, Reisen extra für Hundehalter und ihre Fellnasen anzubieten. Durch den kompletten Ausfall von Reisen ins Ausland und zu Veranstaltungen durch Corona waren kreative Ideen für Reisen im Inland gefragt. Da war «Numi’s Hunde-Reisen», benannt nach ihrem Bearded-Collie-Rüden Numi, geboren.

Ein Car voller geschminkter Fasnächtler oder durchnässter Wanderer ist hinterher wahrscheinlich dreckiger als ein Car voller Hunde.

Brigitte Heggli
Carunternehmerin

Der Start im Coronajahr sah Heggli nicht als Nachteil. Im Gegenteil: «Während in anderen Jahren die Menschen in die Ferien fliegen und die Hunde in der Pension sind, blieben letztes Jahr beide zu Hause.» Ihre Vermutung, dass viele die Chance nutzen wollten, um Ausflüge mit ihren Vierbeinern zusammen zu erleben, erwies sich als richtig. Die Angebote trafen auf reges Interesse.

Nach einem Tagesausflug in den Hasliberg im September musste die für Oktober geplante Reise in den Schwarzwald aber wegen Corona zeitlich und lokal verschoben werden. Stattdessen geht es nun übers Wochenende nach Steckborn TG am Bodensee.

Damit die gute Stimmung bei der Begrüs­sung auch im Car nicht kippt, gibt Heggli eine klare Einsteigeordnung, sodass sich fremde Hunde im Fahrzeug nicht kreuzen. Als Erstes geht die «Heckgruppe» mit Mischlingshündin Luna und Jack-Russell-Mix Kira und deren Frauchen in den Car, gefolgt von «Tierwelt»-Redaktionshund, Boston Terrier, Chippy. In der Mitte sitzt Golden Retriever Basco mit seiner Besitzerin, etwas weiter vorne Mittelpudel Flo mit Frauchen, schräg daneben nimmt Toypudel Chypsi auf Frauchens Schoss Platz. Zuvorderst sitzen Heggli, ihr Partner, Numis Reisesitter und natürlich der Initiant der Reise, Bearded Collie Numi, der den Car – ganz Chef – zu überblicken scheint.

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Maximal 15 Hunde und 25 Personen
Mit 14 Personen und sieben Hunden an Bord rollt das Fahrzeug schliesslich los. Voll ist der 5-Sterne-Reisecar mit 42 Sitzplätzen bei Weitem nicht. Das ist jedoch durchaus gewollt, wie Heggli erklärt. Zum einen habe sie mit der Obergrenze von 15 Personen auf Nummer sicher gehen wollen, was die Corona-Bestimmungen des Bundes angeht. Doch auch ohne Pandemie-Beschränkungen würde die Kapazität nicht ausgeschöpft. «Anzustreben wäre eine Besetzung mit 15 Hunden und 20 bis 25 Personen. So können die Passagiere versetzt sitzen und die Hunde kommen sich nicht in die Quere.»

Der Plan geht auf: So herrscht auf der Fahrt gelassene Stimmung. Redaktionshund Chippy schläft die ganze Fahrt steinhart durch, Flo macht es sich auf dem Mittelgang gemütlich und auch Basco lässt sich von den harmlosen Zickereien zwischen Kira und Luna am Ende der Sitzreihen, die zwischendurch die Ruhe durchbrechen, nicht stören.

Bevor wir unser Tagesziel erreichen, legen wir einen Zwischenhalt im Kyno-Balancepark von SinTakt in Ellighausen TG ein, wo sich die Hunde auf 2200 Quadratmetern austoben und sich an zahlreichen Hindernissen probieren können. Nach einem Spaziergang kurz vor dem Zielort ruhen sich die Zwei- und auch die Vierbeiner nach der Ankunft in ihren Zimmern im Hotel Feldach direkt am See aus, bevor im eigens für die Hundereisegruppe reservierten Saal ein Dreigängemenü kredenzt wird.

Weitere Ausflüge geplant
Auch hier sind die Hunde stets mit von der Partie, und selbst jetzt, wo es herrlich nach Rindfleisch duftet, bleiben Querelen unter den Hunden aus. Im Gegenteil: Es bahnt sich sogar der erste Ferienflirt an. Mittelpudel­rüde Flo, so scheint es, hat es geschafft, das Herz der schüchternen Luna zu erobern. Während Reiseleiter Numi mit seinem Schalk bei Tisch die Aufmerksamkeit der zweibeinigen Reisegäste sicher ist.

Nach der Übernachtung im Hotelzimmer geht es am nächsten Tag nach dem Frühstück, einem Spaziergang unterwegs inklusive Hundeschwumm im Bodensee und dem Besuch der Kartause Ittingen in Warth-Weiningen TG wieder zurück in die Zentralschweiz. Dort angekommen, sind sich alle Teilnehmer einig: Die Reise war ein voller Erfolg, «Numi’s Hunde-Reisen» hat die Feuerprobe überstanden. Brigitte Heggli will das Projekt deshalb fortführen und künftig einmal im Monat eine Hundereise organisieren.

Neben Tagesausflügen zu schönen Wandergebieten mit Hunden kann sie sich vorstellen, nachdem die Corona-Pandemie überstanden ist, auch mal eine mehrtägige Reise in ein gros­ses Hundehotel im Ausland anzubieten. «Oder ein Kurztrip ins Ausland für Angsthunde am 1. August.» Ideen hätte Heggli viele. Und nun den Beweis erbracht, dass das mit dem Reisecar voller Hunde, die sich nicht kennen, sehr wohl gut gehen kann.