Der Spitzschnabel-Grundfink ist ein kleiner Singvogel, der zu den Darwinfinken gehört. Davon gibt es auf den Galápagos-Inseln eine ganze Menge. Und weil sich jede Art auf irgendeine Weise an ihren jeweiligen Lebensraum angepasst hat und ihre Schnabelform auf die jeweilige Lebensweise spezialisiert ist, gilt die Unterfamilie der Darwinfinken als klassisches Beispiel für die Evolutionstheorie.

Der Spitzschnabel-Grundfink ist da keine Ausnahme. Und die Unterart Geospiza difficilis septentrionalis hat eine ganz besondere Nische für sich entdeckt. Dieser Vogel lebt ausschliesslich auf den unbelebten Galápagos-Inseln Wolf und Darwin, auf denen es kaum Süsswasser gibt. Dafür umso mehr Tölpel, diese tropischen Meeresvögel, die ihren Namen der etwas tollpatschigen Art verdanken, mit der sie über den Boden watscheln. 

Ein Vampir mit Federn
Die Tölpel sind das bevorzugte Opfer von Geospiza difficilis septentrionalis. Der kleine Vogel pickt mit Vorliebe im Federkleid der Tölpel herum. So, wie es andere Vögel tun, um Parasiten aus Fell oder Federn anderer Tiere zu picken. Doch der Fink hat anderes im Sinn: Er pickt mit seinem spitzen Schnabel so lange auf den Tölpel ein, bis eine klaffende Wunde entsteht und Blut fliesst.

Blut hat einen hohen Nährstoffgehalt und enthält vor allem viel Wasser – Wasser, das der kleine Vogel zum Überleben braucht. Tatsächlich ernährt sich der Vampirfink, wie Geospiza difficilis septentrionalis aus offensichtlichen Gründen genannt wird, fast ausschliesslich vom Blut der Tölpel, was ihn zur einzigen Vogelart macht, die dem legendären Fürsten Dracula so nahe kommt.

Das Federgepicke ist für erwachsene Tölpel zwar unangenehm und nervig, aber nicht weiter gefährlich. Anders sieht das bei Jungtieren aus. Diese können durch den Blutdurst der Finken durchaus sterben. Und die kleinen Vampire machen nicht einmal vor den Ungeborenen Halt: Sie rollen die Tölpeleier so lange gegen Steine, bis sie zerbrechen und die Finken ein – ausnahmsweise nicht nur aus Blut bestehendes – Festmahl geniessen können.

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