Die Covid-19-Pandemie sorgte diesen Frühling für einen Stillstand oder mindestens für eine drastische Reduktion der menschlichen Aktivität auf fast der ganzen Welt. Während dieser Zeit häuften sich Berichte von Wildtiersichtungen in den Städten und in den sie umgebenden Gewässern. Einige davon waren Falschmeldungen, viele aber waren echt. In manchen Fällen schien es wirklich so, als seien die Tiere zurückgekehrt, anderswo wiederum waren sie schon immer da und fielen durch die ungewöhnliche Stille einfach plötzlich mehr auf (lesen Sie hier mehr dazu).

Ein Forscherteam um Christian Rutz von der schottischen Universität St. Andrews und Matthias-Claudio Loretto von der Universität Konstanz möchte nun in einem Kommentar in der Fachzeitschrift «Nature Ecology & Evolution» einen Namen für diese ungewöhnliche Ruheperiode bekannt machen. «Anthropause» wollen sie die Zeit nennen, was sich aus dem griechischen anthropos für Mensch und Pause zusammensetzt.

Und damit nicht genug. Die Forschenden rufen dringend dazu auf, diese historische Gelegenheit zu nutzen. Es biete sich eine noch nie dagewesene Möglichkeit, die Auswirkungen der menschlichen Aktivität auf die Tierwelt zu erforschen. Denn gerade in Bezug auf die eingangs erwähnten Beobachtungen sei es momentan noch schwierig zu sagen, welche davon einem Social-Media-Hype entspringen und welche eine tatsächliche Veränderungen in den Bewegungen der Tiere darstellen.

Globale Forschung nötig
Das Team ruft deshalb Forschende auf der ganzen Welt dazu auf, ihre Daten zusammenzulegen und zu kooperieren. Einige solcher globalen Projekte seien auch bereits ins Leben gerufen worden, darunter die «Bio-Logging Initiative», die Daten von besenderten Tieren sammelt. Es sei zudem wichtig, dass die Regierungen Forschende auch während der Corona-Zeit und trotz allfälliger Massnahmen weiterarbeiten liessen, damit diese weiterhin Daten sammeln können.

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Von der Erforschung der Anthropause erhoffen sich die Autoren ein «detailliertes mechanistisches Verständnis von Mensch-Tier-Interaktionen.» So sollen beispielweise Arten bestimmt werden, die bedroht sind und unter den Menschen leiden, aber immer noch in der Lage sind, auf Veränderungen zu reagieren. «Niemand erwartet von den Menschen, in einem permanenten Lockdown zu bleiben», betonen die Forscher. Aber gewissen Arten könnten eventuell schon kleine Veränderungen etwa in menschlichen Transportnetzwerken helfen.

Dies gilt es, herauszufinden. «Es wäre wundervoll, wenn die Forschung in dieser Zeit der Krise dazu beitragen könnte, innovative Wege zu finden, unsere zunehmend expansive Lebensweise etwas zu zügeln. Wenn sie uns helfen könnte, wieder zu entdecken, wie wichtig eine gesunde Umwelt für unser eigenes Wohlbefinden ist und das Gefühl des Besitzanspruchs mit einem Gefühl der Zugehörigkeit zu ersetzen.»