Grüne Pflanzen, also Blätter und Gräser, dienen vielen Huftieren als Ernährungsgrundlage. Weil verschiedene Tiere ihre Nahrung unterschiedlich verarbeiten, können auch so viele Arten in einem gemeinsamen Lebensraum – zum Beispiel der Savanne in Afrika – überleben. Nun wird aber oft davon ausgegangen, dass bei grossen Pflanzenfressern mit einem voluminöseren Verdauungstrakt das Futter dort länger verbleibt und dementsprechend besser verdaut wird. Ein Forscherteam der Universität Göttingen (D) hat diese Theorie überprüft und seine Ergebnisse im Fachjournal «Functional Ecology» veröffentlicht.

Die Wissenschaftler untersuchten zahlreiche Herbivoren (Pflanzenfresser), sowohl in Gehegen als auch freilebend in Kenia, unter anderem Ziegen, Zebras, Rinder und Elefanten. Die Tiere in den Gehegen hatten als Nahrungsgrundlage Grasheu zur Verfügung, wie die Forscher am Dienstag mitteilen. Die freilebenden Tiere dagegen ihre natürliche Nahrung.

Schlechteres Futter für Grosse
Bei den Pflanzenfressern in Gefangenschaft haben die Forscher kaum Unterschiede in der Verdauungsbilanz feststellen. Der Stickstoffgehalt im Kot der Tiere galt als Indikator für die Verdauung. Dieser erhöht sich nämlich, wenn viele Mikroben im Verdauungstrakt sind – ein Zeichen für eine gute Verdauung. Und dieser Stickstoffgehalt sei bei den grösseren Tieren nicht höher als bei den kleineren.

Eine noch deutlichere Widerlegung der Theorie «grösser ist besser» zeigten die Forscher bei den freilebenden Tieren auf: Mit zunehmender Körpergrösse hätte sich ein klarer Abfall des Kotstickstoffgehalts gezeigt. «Dies kann als deutliches Indiz dafür gewertet werden, dass bei den freilebenden Herbivoren die Futterqualität mit zunehmender Körpergrösse abgenommen hat», sagt Jürgen Hummel vom Göttinger Departement für Nutztierwissenschaften.

Grössere Tiere fressen also minderwertigeres Futter, das weniger gut verdaut werden kann. Die Wissenschaftler erklären, es sei auch nicht sinnvoll, das Futter so lange wie möglich im Verdauungstrakt zu behalten, weil der Anteil an verwertbaren Futterbestandteilen immer weiter abnehme. 

Kompensation durch Trägheit
Trotzdem bleibt das Naturgesetz bestehen, dass grössere Tiere mehr Energie brauchen als kleinere. Die Resultate der Studie scheinen aber gegen dieses Gesetz zu verstossen. Dies erklärt Hummel folgendermassen: Vermutlich kompensieren grosse Tiere den Nachteil der schlechteren Nahrungsqualität neben einem niedrigeren Energiestoffwechsel pro Kilogramm Körpergewicht eher durch Faktoren wie eine höhere Füllung des Verdauungstrakts.»

Elefanten wirken also relativ träge, um wertvolle Energie zu sparen und stopfen sich Unmengen von – qualitativ schlechterem – Futter ins Maul, während kleine Ziegen nur Qualitätsfutter fressen und sich deutlich mehr und schneller bewegen.

Originalpublikation:
Patrick Steuer et al.: «Does body mass convey a digestive advantage for large herbivores?», Functional Ecology (2014).
DOI: 10.1111/1365-2435.12275