Mit einem Badge öffnet Karl Fässler die Tür hinten in der Ankunftshalle des Flughafens Zürich. Es geht durch finstere, verwinkelte Gänge, an verschlossenen Türen vorbei, eine Treppe hinunter. Fässler, Leiter Passagierdienst bei der Eidgenössischen Zollverwaltung, öffnet einen Raum und macht Licht. 

Was hier, in der sogenannten Asservatenkammer des Flughafenzolls, zusammengetragen wurde, dürfte Tierschützern die Haare zu Berge stehen lassen: Da hängen Schildkrötenpanzer und ein Paar geschnitzte Elefantenzähne. Darunter eine Vitrine mit ausgestopften Schlangen, Affen, Reptilien und getrockneten Korallen. An den Wänden sind Leoparden- und Luchsfelle aufgespannt.

Weitere Vitrinen enthalten Taschen, Gürtel und Portemonnaies aus Krokodil-, Elefanten- und Schlangenleder, Schlüsselanhänger mit eingeschlossenen Seepferdchen, Schnapsflaschen mit allerlei Getier sowie Dosen voller Kaviar. In einer Ecke steht gar ein vollständiges Kostüm aus Schlangenleder. Dieses habe einst ein Stammesangehöriger aus Afrika bei der Einreise getragen, erzählt Fässler. Man habe ihm wohl Ersatzkleider geben müssen, lächelt er.

All diese Gegenstände haben die Flughafen-Zöllner im Laufe der Jahre Reisenden abgenommen. Oder sie gelangten mit der Fracht ins Land – zum Beispiel versteckt unter einer Gemüse-Lieferung. «Es ist kaum zu glauben, was die Leute alles mitbringen», sagt Fässler.

Antilopen sterben für Halstücher
Die Aus- und Einfuhr von Tieren, Pflanzen und daraus gefertigten Produkten ist eine heikle Angelegenheit. Viele Arten unterstehen dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES (Convention on International Trade in Endangered Species), dem sich 178 Staaten angeschlossen haben. Ziel ist es, gefährdete Arten vor dem Aussterben zu bewahren. Von den rund 30 000 Arten, die von CITES erfasst werden, sind einige ganz verboten.

Für andere werden Ausfuhrpapiere des Herkunftslandes sowie eine Einfuhrbewilligung des Importlandes verlangt. Diese werden nur erteilt, wenn die Art im jeweiligen Land nicht gefährdet ist, die festgelegte Quote noch nicht ausgeschöpft wurde oder wenn das entsprechende Produkt aus einer unbedenklichen Zucht stammt. Bis eine Genehmigung vom Herkunftsland und vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) eintrifft, kann es einige Wochen dauern. Wenn man also spontan auf einem pittoresken orientalischen Markt eine schöne Tasche erstehen möchte, ist es in der Regel zu spät.

Nicht immer ist es so offensichtlich wie beim Elfenbein oder dem ausgestopften Leguan, dass es sich um ein problematisches Souvenir handelt. In den Vitrinen der Flughafen-Sammlung liegen zum Beispiel auch Armbändel aus Leder; sie lassen sich von Auge nicht von solchen aus Rindsleder unterscheiden, die auch bei uns verkauft werden. Oder ein unscheinbarer Schal aus Shatoosh-Wolle: Einfuhr strengstens verboten. Denn für die Herstellung des kuscheligen Stoffes mussten bereits 90 Prozent aller Tibet-Antilopen ihr Leben lassen. Auch bei Perlen können nur Experten feststellen, ob sie aus einer Zucht stammen oder wild gewachsen sind.  «Wenn wir unsicher sind, ziehen wir Spezialisten bei», erklärt Fässler.

Auf Händler ist kein Verlass
Was viele Reisende nicht wissen: Geschützt sind auch diverse Holzarten. Etwa Palisander oder Rosenholz, aus dem zum Beispiel Räucherstäbchen gefertigt werden. Oder chilenisches Kakteenholz, das für Perkussionsinstrumente verwendet wird. Unter Schutz stehen zudem viele Orchideen und Kakteen, Muscheln und Schneckenhäuser sowie Zähne, Federn und Wolle bedrohter Tiere. Für die Einfuhr von Decken und Pullovern aus Vikunja- und Guanakowolle bedarf es einer Bewilligung. Denn die Kleinkameliden im südamerikanischen Hochland wurden wegen ihrer Wolle stark dezimiert. Parfüms enthalten häufig Moschusöl. Um an das wohlduftende Sekret ihrer Drüsen zu gelangen, werden Moschusochsen meist getötet. Wenig hilfreich ist es, sich bei den Händlern nach der Rechtmässigkeit zu erkundigen. Sie werden mit grosser Wahrscheinlichkeit versichern: kein Problem.

Der Handel mit geschützten Organismen und daraus hergestellten Produkten blüht. Der Artenschutz verlangt den Zollbeamten vielseitige Kenntnisse ab. Darüber hinaus müssen sie sich mit Fälschungen, Betäubungsmitteln, erlaubten Einfuhrmengen und vielen anderen Gesetzen auskennen. Verbotene Ware wird beschlagnahmt. Es wird ein Strafverfahren eingeleitet, was zu einschneidenden finanziellen Konsequenzen führen kann. Und dies nicht nur bei bewusstem Schmuggel. Im Prinzip könne dies auch unwissenden Touristen passieren, sagt Fässler. Doch in der Realität habe man natürlich nicht die Zeit, jeden einzelnen Koffer genau zu durchsuchen.

Bei Flügen aus bestimmten Destinationen schauen die Zollbeamten aber genauer hin. Während bei Ankömmlingen aus Asien eher gefälschte Markenartikel gefunden werden, seien bei solchen aus Afrika tierische und pflanzliche Mitbringsel an der Tagesordnung, sagt Fässler. Im Gepäck treffen die Zollbeamten mitunter auch auf «Bushmeat» – oft in wenig appetitlichem Zustand. Das Fleisch von wilden Tierarten liege auch hierzulande in bestimmten Kreisen im Trend, sagt Fässler. Doch jegliche Einfuhr von Fleisch aus nicht europäischen Ländern ist verboten – zum Teil aus Gründen des Artenschutzes, zum Teil, um Seuchen vorzubeugen.

Immer wieder versuchen Touristen auch, lebendige Tiere am Zoll vorbeizuschmuggeln: Schlangen, Spinnen, Skorpione oder kleine Vögel. Beliebte Verstecke sind Kartonrollen. Die armen Geschöpfe landen natürlich nicht in der Asservatenkammer, wenn die Zoll-Mitarbeitenden solche blinden Passagiere entdecken. Sie werden beschlagnahmt und nach einer Gesundheitsprüfung dem Zoo übergeben.