Die Gefahr lauert im Dschungel. Wildtiere können mit dem Ebola-Virus infiziert sein und Menschen anstecken. Experten fordern daher jetzt Massnahmen gegen den Verzehr von Wildtierfleisch. Das Epizentrum eines Seuchenausbruchs bezeichnen Experten mit zwei Worten: «Hot Zone» (heisse Zone). Diese Zone der bisher folgenschwersten Ebola-Epidemie liegt im waldreichen Grenzdreieck zwischen Guinea, Liberia und Sierra Leone.

In der guineischen Ortschaft Meliandou gab es den ersten nachgewiesenen Ebola- Fall Westafrikas, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) inzwischen ermittelte. Ein zweijähriger Junge litt Weihnachten 2013 plötzlich an Fieber, Durchfall und Erbrechen. Er starb nach zwei Tagen. Was die Ursache war, wurde allerdings erst nach drei Monaten und viel mehr Todesfällen erkannt, als endlich Blutproben an das Pasteur-Institut in Paris gesandt worden waren.

Wie das Virus in das Kind eindrang, ist bis heute unklar. Doch Forscher sind überzeugt, dass es einmal mehr direkt aus dem Tierreich kam. Affen, Stachelschweine, Rohrratten, Waldantilopen – auf Märkten in West- und Zentralafrika wird überall «Bushmeat» (Wildtierfleisch) angeboten. Solch völlig unkontrolliertes Fleisch von Wildtieren aus dem Dschungel kann mit dem Virus infiziert sein, warnt die WHO.

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 Die «Hot Zone» zwischen Guinea, Sierra Leone und Liberia.
 Bild: cdc.gov/CC-BY-SA

Infizierte Flughunde erkranken nicht
Die grösste Gefahr geht von Flughunden aus, den Fledermäusen ähnliche Fledertiere. In Teilen Westafrikas sind sie als Delikatesse begehrt, getrocknet oder auch gekocht in scharfen Suppen. Vor allem aber: Flughunde sind nach Ansicht von Forschern das «natürliche Reservoir» des Ebola-Erregers. Sie können die Viren beherbergen, ohne selbst zu erkranken. Und sie können den Erreger leicht auf Affen oder andere Säugetiere übertragen, für die er nicht weniger lebensbedrohlich ist als für Menschen. Flughunde können bei der Suche nach Nahrung – vor allem Früchte, Blüten, Pollen und Nektar – grosse Entfernungen überwinden.

Die Forscher Daniel Bausch von der Tulane University in New Orleans und Lara Schwarz von der McGill University in Montreal meinen, dass Flughunde das Ebola-Virus aus den Dschungel im Kongo, wo es zuerst 1976 ausgebrochen war, nach Westafrika gebracht haben. Im Grenzgebiet der drei am stärksten betroffenen Länder sollen sie den Todbringer auf Artgenossen und andere Tiere übertragen haben. In dieser Hot Zone, den weitläufigen Waldregionen der Präfektur Guéckédou, könnten die «Eindringlinge» aus Zentralafrika für eine ganze infizierte Flughunde-Population gesorgt haben.

Dabei ist der Verzehr des gekochten oder geräucherten Fleisches selbst von infizierten Tieren nicht an sich gefährlich. «Ein Risiko geht ein, wer mit frischem Blut oder Körperflüssigkeit der Tiere in Berührung kommt», erklärte Virusexperte Bausch in der «Washington Post». Dies betrifft Jäger und Fleischverarbeiter.

Ansteckung bei Flughunden ist nach Ansicht von Forschern aber auch möglich, wenn Früchte verzehrt werden, an denen sich noch relativ frischer Speichel oder Kot der Ebola-Wirtstiere befinden.

Information und Verbote
Umfassende Aufklärung vor diesen Gefahren wäre nötig, meinen WHO-Experten. In Guinea wurden der Verkauf und der Verzehr im März verboten. Das mag in Orten mit halbwegs funktionierenden staatlichen Strukturen durchsetzbar sein. Doch niemand weiss, wie solche Massnahmen in abgelegenen ländlichen Gebieten bewerkstelligt werden könnten. Längst herrschen dort so viel Angst und Misstrauen, dass Behördenvertreter und humanitäre Helfer immer wieder brutal angegriffen werden.

Derweil wächst nach Ansicht von Epidemiologen die Gefahr, dass das Ebola-Virus mutiert und ansteckender oder gar noch lebensbedrohlicher wird, je länger er sich in der Menschheit befindet. Auch deshalb genüge es nicht, Ebola einzudämmen, bilanziert die WHO jetzt – sechs Monate nachdem sie Ende März den Ebola-Ausbruch in Westafrika offiziell bestätigt hatte. Unbedingt müsse die Übertragung zwischen Menschen sowie von Tieren auf Menschen unterbunden werden.