Forschung
Fremdartiges Insekt in Bernstein entdeckt
Biologen haben ein Bindeglied zwischen Gottesanbeterinnen und Schaben entdeckt. Es steckte in einem 100 Millionen Jahre alten Stück Bernstein.
Ein bisschen Heuschrecke, ein bisschen Käfer, etwas Ohrwurm und einiges von der Gottesanbeterin: Das kleine Fossil gab Biologen Rätsel auf. Nach genauerer Untersuchung steht jedoch nun fest, das es zu einer bisher unbekannten Insektenordnung gehört. Es handelt sich um das lang gesuchte Verbindungsstück zwischen Schaben und Gottesanbeterinnen, wie die Friedrich-Schiller-Universität Jena mitteilt. Die neue Ordnung erhielt aufgrund der augenscheinlichen Andersartigkeit den Namen Alienoptera, abgeleitet vom lateinischen Wort «alienus» (fremd).
«Wir wissen schon lange, dass beide Ordnungen miteinander verwandt sind, aber bisher hat das sogenannte Connecting Link, also das verbindende Element, gefehlt», erklärt Benjamin Wipfler, Evolutionsbiologe an der Universität Jena. Aufgetaucht ist es nun in einem Bernstein aus Burma. Ein chinesischer Sammler hatte das 100 Millionen Jahre alte Kleinod – eingearbeitet in einem Ring – auf einem Bernsteinmarkt in China erworben und sich an die Akademie der Wissenschaften des Landes gewandt.
Das Insekt war ein Jäger
Mit dem Institut für Zoologie der Akademie pflegen die Jenaer Biologen seit Jahren eine rege Zusammenarbeit. Diese führte auch hier zum Erfolg: Das chinesische Team fotografierte das Fossil und untersuchte es mittels Mikrocomputertomografie, die deutschen Forscher erstellten daraus 3-D-Modelle und werteten die Daten aus. Hilfreich sei der besonders gute Erhaltungszustand des 1,4-Zentimeter-langen Tieres gewesen.
So konnten die Forscher etwa den Flügel am Computer visuell entfernen und den vollständigen Geschlechtsapparat des Männchens genauer untersuchen. Für die Einordnung des Tieres ist aber eines fast noch wichtiger: die Beine. «An den Extremitäten und am sehr beweglichen Kopf erkennen wir, dass die Vertreter der neuen Spezies – genauso wie die Gottesanbeterin – auf die Jagd gingen», sagt Benjamin Wipfler.
Nur unterschied sich die Vorgehensweise aufgrund eines anatomischen Merkmals dabei erheblich. «Die Gottesanbeterinnen sind mit dornenbesetzten Fangbeinen ausgestattet, die ähnlich einem Taschenmesser zusammenklappen und dabei die Beute, vor allem grössere Insekten, fixieren», erklärt der Jenaer Biologe. «Die Alienoptera setzen beim Nahrungserwerb zwar auch die Vorderbeine ein, allerdings befinden sich darauf dichte Reihen von feinen Borsten, was sich eher dazu eignete, kleine Beuteobjekte wie Blattläuse oder Milben aufzusammeln.»
Den Gottesanbeterinnen unterlegen
Aufgrund dieses Beuteerwerbsmechanismus gehen die Jenaer Wissenschaftler davon aus, dass die Tiere auf Bäumen und Sträuchern gelebt haben. Dafür sprechen auch die spezialisierten Haftstrukturen an den Füssen. Diese kennt man bisher nur von den Gladiatoren, einer auf Sträuchern lebenden Insektengruppe, die erst vor 13 Jahren in Südafrika entdeckt wurde.
Die Alienoptera waren gute Flieger, wie die Biologen der Uni Jena am Computer feststellten. Dank der 3-D-Technik konnten sie den Flügel am Bildschirm aufklappen und genauer unter die Lupe nehmen. Dabei fielen auch die schalenartigen Vorderflügel auf, die weder bei Schaben noch bei Gottesanbeterinnen vorkommen, sondern eher bei Käfern und Ohrwürmern. Das sattelförmige Rückenteil der Vorderbrust erinnert dagegen an Heuschrecken. Mit dieser ungewöhnlichen Merkmalskombination und den nur geringfügig spezialisierten Vorderbeinen waren die Alienoptera offensichtlich der Konkurrenz der hocheffizienten Räuber aus der Gruppe der Gottesanbeterinnen nicht gewachsen. Sie sind nach geologisch betrachtet kurzer Zeit wieder von der Bühne der Evolution verschwunden.
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