Gift an jeder Ecke
Giftpflanzen und Gifttiere bevölkern unseren Lebensraum. In Haus, Garten und auf Spaziergängen sind sie allgegenwärtig, doch die wenigsten sind lebensbedrohlich. Einblick in die Welt von Tollkirsche, Hornissen und anderen giftigen Zeitgenossen.
Wir sind umgeben von unzähligen giftigen Pflanzen und Tieren: Im Garten wachsen Fingerhut, Eisenhut, Zierlorbeer, Thuja und Eibe, beim Spaziergang in die Natur begegnen wir Schöllkraut, Tollkirsche und Pfaffenhütchen. Selbst viele Zimmerpflanzen wie etwa Weihnachtsstern oder Dieffenbachia sind giftig. Beim Picknick tummeln sich die Wespen auf unseren Leckerbissen, gehen wir barfuss durch die Wiese, stechen uns Bienen in den Fuss oder unter Steinen lauert gar eine Kreuzotter.
Aus purer Angst bekämpfen viele Menschen Giftpflanzen und Gifttiere: Sie werden aus Gärten, von Kinderspielplätzen und Schulhöfen verbannt, giftige Zimmerpflanzen beseitigt man radikal. Wespen- oder Hornissennester werden ausgebrannt und die Kreuzotter, die sich auf den Steinen sonnte und fliehen wollte, wird schonungslos erschlagen. Das ist fragwürdig, nicht nur weil sämtliche Schlangenarten in der Schweiz geschützt sind. Viele dieser Tiere sind vom Aussterben bedroht, weil ihre Lebensräume gefährdet sind und sie auch bewusst ausgerottet wurden. Die beiden einheimischen Giftschlangen Kreuzotter und Aspisviper etwa fehlen im Mittelland fast gänzlich. Selbst in ihrem Lebensraum, den sonnigen Hanglagen des Jura und der Alpen, werden sie zunehmend seltener.
Kennenlernen ist der beste Schutz
Dabei ist die Gefahr, die von Gifttieren ausgeht, überschaubar. Bisse von Giftschlangen sind in der Schweiz äusserst selten: Seit 1960 ist nur ein einziger (!) Todesfall bekannt geworden. Lebensbedrohlich sind Schlangenbisse – wie auch Insektenstiche – nur bei vorliegenden Allergien.
Allerdings gibt es auch eine andere Seite: Neben der oft etwas übertriebenen Besorgnis einerseits, ist es andererseits im Trend, Wildpflanzen und Pilze zu sammeln «ganz wie die Vorfahren» in der Überzeugung, dass alles, was aus der Natur stammt, per se gesund ist. Unzählige Bücher über das Sammeln und Kochen von Wildpflanzen purzeln auf den Markt und propagieren, sich der heilenden Kraft der Natur zu bedienen.
Manche essbaren Pflanzen und Pilze haben aber auch giftige Doppelgänger, die man kennen sollte, wenn man auf Sammeltour geht – ohne sich von masslos übertriebenen Berichten ins Bockshorn jagen zu lassen. So soll etwa eine einzige der lackschwarzen Tollkirschenbeeren bereits einen Menschen töten. Was für eine Mörderbeere! In Tat und Wahrheit braucht es mehr als zehn (!) Beeren dazu. Bei Kindern allerdings können weniger Früchte gefährlich werden.
Kleine Kinder lassen sich gerne dazu verleiten, bunte Beeren zu naschen. Es mag sinnvoll sein, in der Umgebung von Kinderspielplätzen und Kindergärten keine Giftpflanzen anzupflanzen. Doch so oder so werden sie in der Natur giftige Gewächse antreffen. Darum ist der beste Schutz, dass sie frühzeitig einen achtsamen Umgang mit der Pflanzen- und Tierwelt zu lernen. Man sollte Kindern beibringen, welche Beeren und Pflanzen man keineswegs isst. Sie sollen möglichst früh um die Gefahren der Giftpflanzen wissen und sich nicht jede rote Beere in den Mund stecken – sondern die roten Früchte des Aronstabes ebenso meiden wie jene der rotbeerigen Zaunrübe, des bittersüssen Nachtschattens, der gemeinen Heckenkirsche, verschiedener Schneebälle, des Seidelbastes und der Stechpalme.
Unzählige Giftpflanzen finden sich in Gärten. Allen voran der Blaue Eisenhut, eine der giftigsten Pflanzen Europas, die heute unter strengem Naturschutz steht. Er ist in vielen Gärten zu finden – wie auch seine ebenfalls giftigen Verwandten Rittersporn, Christrose und Clematis. Nicht viele der einheimischen Pflanzenarten sind ansonsten extrem giftig.
Die Samenstände der Lupine sind ebenso giftig wie die Samen, Blüten und Früchte des Goldregens. Umfriedet von Eiben-, Thuja-, Buchs- oder Ligusterhecken, Zierlorbeer, Pfaffenhütchen und Chinesischem Wacholder – allesamt giftig – gedeihen in vielen Beeten, getarnt von Salat und Radieschen, giftige Pflanzen: Wolfsmilch oder Schöllkraut kennt man vielleicht, doch wie ist es mit dem Greiskraut mitten im Rucola, der Hundspetersilie neben der glatten Petersilie? Ein versehentlicher Genuss kann Erbrechen, Brennen im Mund, Sehstörungen und Magenkrämpfe nach sich ziehen.
Im Zweifelsfall lieber nicht essen
Starke Gifte finden sich auch bei Kübelpflanzen, etwa Oleander, Engelstrompete, Rizinusstrauch und der voller Blausäure steckenden Hortensie. Auf der Fensterbank blühen Dieffenbachien, Madagaskar-Immergrün und Alpenveilchen – auch sie enthalten allesamt Gift und die Liste liesse sich beliebig weiterführen.
Die beste Strategie gegen jegliche Gifttiere und Giftpflanzen heisst: «Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.» Wer Bärlauch nicht von Maiglöckchen oder Herbstzeitlose unterscheiden kann, halte sich an das Sprichwort: «Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht», lerne Essbares genau kennen und lasse alles andere stehen. Unerfahrene Pilzsammler können bei der Pilzkontrolle abklären, ob der vermeintliche Frauentäubling nicht doch ein hochgiftiger Grüner Knollenblätterpilz ist, der besser nicht im Pilzrisotto gekocht wird.
Beruhigenderweise sind aber Vergiftungsursachen durch Giftpflanzen und Gifttiere gemäss Statistik des Toxikologischen Institutes in Zürich sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen auf den hintersten Rängen zu finden. Weit gefährlicher sind Haushaltsprodukte, Chemikalien und Arzneimittel. 2013 zum Beispiel waren nur 8 Prozent aller Giftkontakte von Menschen in der Schweiz solche mit Giftpflanzen – und nur 1,2 Prozent hatten mit Tieren zu tun.
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