Tierwelt 16/2013
Grosse, bequeme und schöne Wohnungen im Tierreich
Trutzige Wasserburgen, Papierstädte oder Nester aus Speichel – Tiere sind ausgesprochen kreativ beim Bauen. Ihre Wohnungen schützen vor Feinden, sind ideale Kinderstuben und beherbergen manchmal gar fremde Untermieter.
Mit dem Einzug des Frühlings geht wieder das emsige Treiben auf den Baustellen los – beim Menschen genauso wie in der Welt der Tiere. Da werden Gänge gegraben, Schlafplätze gepolstert, Lehm verstrichen und Dächer gewebt. Viele Konstruktionen werden extra für den Nachwuchs gebaut, einige dienen als Liebeslauben, andere sind riesige Wohngemeinschaften, die von Generation an Generation weitergereicht werden.
Einer der emsigsten Bauingenieure im gesamten Tierreich ist der Biber. Das Nagetier kann mit seinen Schneidezähnen einen 40 Zentimeter dicken Baum in einer Nacht fällen. Ist das Ufer zu flach, um einen Erdbau anzulegen, errichten Biber aus Stämmen eine Wasserburg, die über drei Meter hoch und über zehn Meter breit sein kann. Der Wohnkessel liegt im Trockenen, der Eingang unter Wasser – zum Schutz vor Feinden. Ist der Wasserstand für ihre Bedürfnisse zu niedrig, bauen Biber einen Damm aus Holz, Steinen und Schlamm. So kann aus einem kleinen Bach eine Kette von mehreren Biberseen entstehen, die neuen Lebensraum für zahlreiche Amphibien, Insekten, Fische und Pflanzen schafft. Lässt man Biber frei schalten und walten, können sie wahre Monumentalbauten schaffen. Im kanadischen Wood Buffalo Nationalpark entdeckte man mithilfe von Satellitenbildern den mit 850 Metern grössten Biberdamm der Welt.
Während eine Biberfamilie ihr Revier vehement gegen Artgenossen verteidigt, schätzen Siedelweber enge Nachbarschaft. Bis zu 100 Paare leben in bis zu sieben Meter langen und vier Meter breiten Wohnanlagen zusammen. Unter dem bis zu einer Tonne schweren Nest bricht gelegentlich sogar der Wirtsbaum zusammen. Dann wird an anderer Stelle zunächst ein neues Dach aus Gras und Zweigen gebaut, darunter wird eine dicke Grasmatte mit getrennten Nestkammern gewebt. Anbau- und Reparaturarbeiten beschäftigen die südafrikanischen Vögel, deren Baukunst man auch im Etoschahaus im Zoo Basel bewundern kann, das ganze Jahr.
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Eine echte Last für den Baum: Das Nest der Siedelweber. Bild: Bird Brian/Flickr/CC-BY
Amerikanische Präriehunde bauen unterirdische Millionenstädte
Riesige Ausmasse können die Höhlenstädte der nordamerikanischen Schwarzschwanz-Präriehunde annehmen. 1900 fand man in Texas eine 65 000 Quadratkilometer grosse, unterirdische Wohnsiedlung mit etwa vier Millionen Einwohnern dieser Erdhörnchen. Die Tiere bauen Schlafzimmer, Kinderstuben und Toiletten ein. Erdwälle an Ein- und Ausgängen schützen vor Regen und dienen als Aussichtstürme. Gelegentlich machen es sich im Bau gefährliche Untermieter wie Schlangen oder Schwarzfussiltisse bequem, die sich zu 90 Prozent von Präriehunden ernähren.
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Ein Schwarzschwanz-Präriehund schaut aus seinem Bau heraus. Bild: dr. friendly/Flickr/CC-BY-SA
Nicht nur die Grösse, auch die Materialwahl vieler tierischer Bauherren ist beeindruckend. Wespen zerkauen für ihre mehrstöckigen Nester, in denen der ganze Staat Platz findet, Fasern von totem Holz zu einer papierartigen Masse. Wie Mike Hansell von der schottischen Universität Glasgow herausfand, sammeln Schwanzmeisen für ein Nest etwa 3000 Flechtenflocken, rund 1500 Federn, bis zu 300 Moosteilchen und 600 Eikokons von Spinnen, aus denen sie Seidenfäden ziehen. «Das Nest der Schwanzmeise gehört zu den am raffiniertesten konstruierten Nestern überhaupt. Moos und Seide funktionieren wie ein Klettverschluss. Das Moos (Häkchen) wird mit Seidenfäden (Ösen) an der Baumrinde befestigt. Die Seidenfäden können abgelöst und neu fixiert werden, so hat das Nest immer festen Halt, auch wenn es von den Küken ausgedehnt wird», beschreibt der Ornithologe Peter Goodfellow, der die Baukunst verschiedener Vögel in seinem Buch «Gefiederte Architekten» dokumentierte.
Weissnest-Salanganen bauen mit in Hufeisenform übereinandergelegten Speichelfäden, die beim Bauen verhärten. Die Schwarznest-Salanganen mischen die Spucke mit Federn und Gras. Die ungewöhnliche Bauart könnte den Seglern zum Verhängnis werden: In China sind die Nester eine beliebte Suppeneinlage (Schwalbennestersuppe), der eine potenzsteigernde Wirkung nachgesagt wird. Da sie zu horrenden Preisen gehandelt werden, ist das Einsammeln der Nester ein lukratives Geschäft, das zum starken Rückgang der Bestände geführt hat.
Es gibt aber auch tierische Bauwerke, an denen sich der Mensch ein Beispiel nehmen kann. Dank eines ausgeklügelten Belüftungssystems herrscht in den in der Wüste gebauten Termiten-Hügelhäusern, die bis zu mehrere Meter hoch sind und oft ebenso tief in die Erde reichen, trotz stark schwankender Aussentemperaturen ein angenehmes konstantes Klima bei 30 Grad. Der Architekt Mick Pearce konnte im 1996 eröffneten «Eastgate Centre» in Simbabwes Hauptstadt Harare auf kostspielige Klimaanlagen verzichten, indem er die raffinierte Technik der Insekten kopierte.
Der «Hüttengärtner» absolviert eine vierjährige Lehre im Liebeslaubenbauen
Guten Schutz vor Hitze und Nesträubern bieten bis zu fünf Kilogramm schwere Tonbauten, welche südamerikanische Rosttöpfer aus über 2000 Lehmklümpchen fertigen. Die Nester der 60 Gramm schweren Vögel, die laut einer Legende den Menschen beibrachten, Häuser zu bauen, haben allerdings einen Nachteil: Sie sind beliebte Brutstätten für blutsaugende Insekten, die die Küken peinigen. Das Kinderzimmer des Dreistachligen Stichlings, eine Fischart, bei der sich das Männchen um das Gelege kümmert, schützt dagegen auch vor kleinsten Feinden. Beim Nestbau verkleben die Fische Pflanzenteile mit einem Nierensekret. Der körpereigene Klebstoff wirkt wie ein Antibiotikum, das die Anzahl der Bakterien und Krankheitserreger im Nest reduziert.
Weniger den Nachwuchs als das Wohlwollen der Damenwelt im Kopf haben Vogelmännchen, die Laubennester anlegen. Es gibt mehrere Arten, die Lauben ausschliesslich zu Verführungszwecken bauen. Die aufwendigsten gestaltet der Hüttengärtner aus Neuguinea. Zunächst flicht der etwa 25 Zentimeter kleine Vogel aus Zweigen und Orchideenstängeln einen bis zu zwei Meter hohen Baldachin, dann widmet er sich der farbenprächtigen Dekoration, die aus Früchten, Blüten, Deckflügeln von Käfern und Baumpilzen besteht.
«Allein die Gestaltung des Gartens kann bis zu neun Monate in Anspruch nehmen», schreibt Peter Goodfellow in «Gefiederte Architekten». Das Beispiel zeige deutlich, dass angeborene Fähigkeiten und Talent auch im Tierreich nicht genug seien, um ein Stararchitekt zu werden. «Ornithologen stellten fest, dass ein Männchen den Laubenbau vier bis sieben Jahre übt und ältere Artgenossen beobachtet, ehe sein Bau attraktiv genug ist, um ein Weibchen anzulocken.»
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