Fast die Hälfte aller Säugetiere sind nachtaktiv. Die Dunkelheit ist für sie auch ein Schutz vor Räubern. Doch nicht jede Nacht ist gleich dunkel: Der Mondzyklus von Neumond zu Vollmond sorgt dafür, dass die Lichtstärke der Nächte sich jeden Monat um drei Grössenordnungen verändert.

Bislang nahmen Forscher deshalb an, dass Beutetiere in Vollmondnächten gefährlicher lebten als in Neumondnächten. «Doch diese Logik übersieht den Fakt, dass nicht nur Raubtiere sondern auch Beutetiere Augen haben», sagt die Biologin Laura Prugh von der Universität von Alaska in Fairbanks. Wenn das Mondlicht dem Räuber hilft, seine Beute zu finden, dann könnte es der Beute auch helfen, den Räuber früher zu entdecken.

Nager bleiben in ihren Höhlen
Um herauszufinden, ob mondhelle Nächte gefährlich sind, ackerte Prugh gemeinsam mit einem Kollegen 58 bestehende Studien über nachtaktive Säugetiere durch. Die beiden untersuchten, wie aktiv die Tiere in welchen Nächten waren. Denn wenn Mondlicht gefährlich ist für Beutetiere, dann sollten Raubtiere in Vollmondnächten vermehrt unterwegs sein, Beutetiere sich dagegen möglichst still verhalten.

Die Forscher fanden aber völlig unterschiedliche Aktivitätsmuster von Beutetieren - von den mondliebenden Lemuren auf Madagaskar bis zur mondscheuen Riesenkängururatte im Südwesten der USA. Tiere, die sich vor allem auf ihre Augen verlassen, waren in hellen Nächten vermehrt aktiv. Jene die sich auf andere Sinnesorgane abstützen, etwa Fledermäuse oder viele Nagetiere, waren weniger aktiv.

Löwen gehen im Dunkeln jagen
Für Tiere, die nicht gut sehen, scheinen mondhelle Nächte also tatsächlich riskant zu sein. Beutetiere, die gut sehen, scheinen sich dagegen im Vollmond pudelwohl zu fühlen. Für Raubtiere könnten gute Lichtverhältnisse in der Nacht also sogar ein Nachteil sein. Afrikanische Löwen zum Beispiel sind in Vollmondnächten, anders als oft behauptet, weniger aktiv als in dunkleren Nächten.

Die Forschungsresultate zeigen, dass die Lichtverhältnisse in der Nacht eine wichtige Rolle spielen für viele Tierarten. Laut den beiden Wissenschaftlern drängt sich deshalb auch die Frage auf, wie die künstlichen Lichtquellen des Menschen die Räuber-Beute-Verhältnisse von nachtaktiven Tierarten beeinflussen. «Auf diese wichtige Frage haben wir noch keine Antworten», sagt Laura Prugh.