Ein Hund, der bellend in einen Fuchsbau eindringt. Der Fuchs, der aus einem anderen Ausgang flieht – genau vor die Flinte eines Jägers. So funktioniert die sogenannte Baujagd. Tierschutzorganisationen ist diese Jagdmethode ein Dorn im Auge, weil es unterirdisch zu Kämpfen kommen könne. Vor allem wenn die Hunde – meist handelt es sich um kleine Terrier-Arten oder Dackel – auf Dachse angesetzt werden, können sich eigentliche Tierdramen abspielen. Dachse sind nämlich einiges kampfbereiter als Füchse und fliehen nur selten aus dem Bau. Rückt ihnen ein Hund auf den Pelz, graben sie sich meistens noch tiefer in die Erde ein. Mit Pickel und Schaufel versucht der Jäger dann, den Dachs auszugraben, um ihn zu erlegen. Laut Tierschützern bleiben die Hunde nicht selten bei ihrem unterirdischen Job in den weit verzweigten Gängen stecken und gehen elendiglich an Sauerstoffmangel zugrunde.

Die Baujagd auf Dachse ist denn auch in der Schweiz faktisch verboten. Der Bundesrat hat 2012 in die Jagdverordnung einen «Baujagdartikel» eingeführt, der das Ausräuchern und Begasen von Tierbauten verbietet. Zudem dürfen Dachse von den Jägern nicht mehr ausgegraben werden. Auch Zangen und Bohrer sowie die Abgabe von Treibschüssen und der Einsatz mehrerer Hunde pro Bau sind untersagt. Diese Verschärfungen führten dazu, dass die Baujagd nur noch bei der Fuchsjagd angewendet werde, heisst es in den Erläuterungen zur Jagdverordnung.

Für den Bund eine vertretbare Jagdart
Die Hunde, die bei der Baujagd zum Einsatz kommen, müssen dafür speziell ausgebildet sein. Das geschieht auf sogenannten «Schlief­anlagen». In einen nachgestalteten Bau wird ein Fuchs gesperrt. Durch ein Gitter oder eine Glasscheibe ist er vom Hund getrennt. Fluchtmöglichkeiten gibt es für ihn keine. Aus Sicht des Tierschutzes erleidet der Fuchs Todesangst. Die Jäger hingegen sind der Meinung, dass Reineke schon nach wenigen Trainingseinheiten merkt, dass der Hund ihm nichts antun kann und daher nicht gestresst ist. 

In der Schweiz ist zurzeit keine «Schlief­anlage» in Betrieb. Für Aufregung sorgte kürzlich eine geplante Schliefanlage bei Wettingen AG; der Bau wurde jedoch abgelehnt, weil er nicht zonenkonform war. Schweizer Jäger müssen ihre Hunde deshalb weiterhin im nahen Ausland ausbilden. 

Die Ausbildungspflicht für die Baujagdhunde reduziere die Verletzungsgefahr für die beteiligten Tiere wesentlich, schreibt der Bundesrat. Deshalb sei die Baujagd in der heutigen Form vertretbar.

Martin Baumann, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesamt für Umwelt (BAFU), sieht in der Baujagd auf den Fuchs eine der effizientesten Jagdmethoden, obwohl sich dieser im Vergleich zum Dachs nur selten im Bau aufhalte. Generell werde der Fuchs heute in der Schweiz weniger intensiv bejagt als früher, weil es sich wegen der tiefen Fellpreise kaum lohne. Mit dem Baujagd­artikel habe der Bundesrat die Baujagd strenger geregelt und insbesondere bezüglich des Tierschutzes stark verbessert. Eine weitergehende Einschränkung oder gar Abschaffung der Baujagd erachtete der Bundesrat nicht als nötig. «Der Bund hätte auch gar kein Recht, ein solches Verbot zu erlassen. Das wäre wenn schon Sache der Kantone», sagt Baumann. 

Tierschutzorganisationen haben denn auch schon in verschiedenen Kantonen Petitionen lanciert, um die Baujagd ganz zu verbieten. Der Thurgauische Tierschutzverband etwa fordert schon seit 2010 ein totales Verbot und hat letztes Jahr mit einer Volksinitiative gedroht. Der Regierungsrat erklärte sich daraufhin bereit, die Forderung bei der Anpassung des kantonalen Jagdrechts auf Verordnungsstufe umzusetzen. Im März dieses Jahres ist ein kantonales Verbot für die Baujagd in die Vernehmlassung geschickt worden. Sie ist inzwischen beendet, aber noch nicht ausgewertet. 

Für Jäger unbegründet
«Die Baujagd wird nur von einer kleinen Jäger-Gruppe betrieben», sagt Roman Kistler, Amtsleiter der Thurgauer Fischerei- und Jagdverwaltung. «Trotzdem wird über diese Jagdmethode mit sehr viel Emotionen diskutiert.» Laut ihm würde ein Verbot nicht bedeuten, dass kein Hund mehr in einen Fuchsbau schlüpft. «Bei Treibjagden werden immer wieder Hunde in einen Bau hineingehen. Das kann nicht verhindert werden und würde auch nicht unter das Verbot fallen», sagt Kistler. «Untersagt wäre aber den Jägern, bewusst ihre Hunde in einen Bau hineinzuschicken.»

«Jagd Thurgau», die kantonale Jägervereinigung, hat sich in der Vernehmlassung, wie auch die Parteien SVP, FDP und CVP, ge­gen den Vorschlag der Regierung ausgesprochen. «Das Verbot einer Jagdmethode, die nach Bundesrecht zulässig ist, bedürfte einer stichhaltigen Begründung. Eine solche fehlt; sie findet sich insbesondere auch nicht im erläuternden Bericht zum Revisions-Entwurf», schrieben die Jäger an den Regierungsrat. 

Walter Schmid, Sprecher von «Jagd Thurgau», sagt: «In unserem Kanton gibt es drei Hunde, die für die Baujagd ausgebildet sind. Angewandt wird diese Methode beispielsweise, wenn sich ein Fuchs in einen Siloballen verkrochen hat oder sich in der Nähe von Gebäuden versteckt.» Dann werde der Jäger mit seinem speziell ausgebildeten Hund aufgeboten. Auf Dachse würden im Thurgau keine Baujagden veranstaltet.

Verharmlost oder Randerscheinung?
Mit Grausamkeit habe die Baujagd nichts zu tun, sagt Schmid. Es würden heute keine «scharfen» Hunde mehr eingesetzt. Die Baujagdhunde seien Familienhunde. Sie treiben in der Regel den Fuchs durch lautes Bellen aus dem Bau. Zu Verletzungen durch Kämpfe im Bau komme es nur ganz selten, erklärt Schmid. Denn der ausgebildete Hund vermeide solche Konfrontationen.

Keine Kämpfe also zwischen Hund und Fuchs? Heinz Lienhard, Präsident des Schweizer Tierschutzes (STS), bezweifelt das. Er sagt: «Das Schweizer Tierschutzgesetz verbietet Kämpfe zwischen Tieren, die von Menschen organisiert werden, weil sie durch die Verursachung von Panik und Schmerzen tierquälerisch sind. Die Baujagd, wo genau das passiert, wird aber vom Gesetz ausgeklammert. Das ist ein Widerspruch.»

Auch das Argument, dass von den rund 30 000 Füchsen, die in der Schweiz jährlich erlegt werden, nur ganz wenige auf das Konto der Baujagd gehen, ist für Lienhard nicht stichhaltig. «Die Baujagd wird heruntergespielt», sagt er. Aus Jägerkreisen heisse es, dass sie nur durchgeführt werde, wenn keine anderen Methoden eingesetzt werden könnten. Zahlen dazu gebe es aber nicht und man wisse offiziell auch nicht, wie viele Füchse dabei erlegt würden. «Eine Meldepflicht besteht nicht und die Jägerschaft schweigt», sagt Lienhard. «Wahrscheinlich ist die Baujagd wirklich eine Randerscheinung. Umso widersprüchlicher ist es, dass sie beibehalten werden soll.»