Künstliches Licht
Stadt-Amseln essen später «Znacht»
Gerade im Winter, wenn es früh dunkelt, zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen Vögeln in der Stadt und auf dem Land. Die Tiere passen sich an die Lichtverhältnisse an und eignen sich andere Essgewohnheiten an.
Der Vergleich zwischen Vögeln aus der Stadt und Vögeln aus dem Wald ist ein beliebtes Forschungsgebiet. Gerade Amseln geben einen guten Einblick in die eindrückliche Anpassungsfähigkeit der Tiere. So haben wir bereits darüber berichtet, dass die «Stadtkinder» unter den Amseln früher flügge werden als diejenigen aus ländlichen Gebieten. Ausserdem haben Stadtvögel gelernt, vorsichtiger zu sein als Waldvögel, weil in urbanen Gegenden ständig neue Gefahren drohen. Französische Forscher haben in einem Experiment sogar festgestellt, dass Nebelkrähen, Spatzen und Amseln die Tempolimiten auf einzelnen Strassen kennen.
Neue Forschungen aus dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und der Universität Leipzig haben nun weitere Vogel-Fakten ans Tageslicht gebracht. Oder eben ans künstliche Strassenlaternenlicht, denn darum ging es in der Studie. Diese deutet nämlich darauf hin, dass künstliches Licht einen bedeutenden Einfluss auf die Aktivitätszeiten von städtischen Amseln habe und damit die natürlichen Zyklen beeinflusse.
Früher wach, später satt
Im Rahmen des Forschungsverbundes «Verlust der Nacht» wollen die Wissenschaftler aufzeigen, welchen Einfluss die nächtliche Beleuchtung in Städten auf die Natur hat. Bereits im Vorjahr haben sie herausgefunden, dass Vögel im Stadtzentrum von Leipzig am Morgen bis zu fünf Stunden früher aktiv werden als ihre Verwandten in ruhigeren und unbeleuchteten Bereichen der Stadt.
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Bild: André Künzelmann, UFZ
Nun haben die Forscher auch den «Feierabend» der Tiere untersucht. Dafür wurden Amseln gefangen, vermessen, markiert und wieder freigelassen. Einige von ihnen wurden an 35 Tagen zwischen März und Juli bei der Nahrungssuche beobachtet. «An den kurzen Tagen im März beendeten die Amseln im Wald ihre Nahrungssuche fast eine Stunde eher als ihre Artgenossen in der beleuchteten Innenstadt», berichtet Anja Russ vom UFZ. «Je länger die Tage wurden, umso geringer wurde der Unterschied. Im Sommer waren es am Ende nur noch wenige Minuten Unterschied zwischen Stadt und Wald.»
Keine körperlichen Vorteile
Die Studie unterstreiche, dass künstliches Licht in der Nacht eine wichtige Rolle für den Biorhythmus der Amseln in der Stadt spiele, teilt das Institut mit. Es ermögliche den Vögeln, ihre täglichen Aktivitäten auszudehnen. Im Gegensatz zu früheren Vermutungen würden die Stadtamseln vom künstlichen Licht und der zusätzlichen Zeit allerdings nicht körperlich zu profitieren. Zumindest, so die Wissenschaftler, konnte kein signifikanter Unterschied in der Körperkondition zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden.
Licht beeinflusst nicht nur den Biorhythmus von Lebewesen in der Stadt. Auch der Himmel in vielen Naturschutzgebieten ist durch die benachbarten Städte nachts inzwischen deutlich heller als ursprünglich. «Bevölkerungswachstum und steigende Urbanisierung werden dieses Problem in vielen Regionen der Welt verschärfen», schreibt das Institut am Montag. Dazu kämen technische Trends wie der zunehmende Einsatz von LED-Leuchten mit Lichtspektren, die sich vom natürlichen Licht zum Teil stark unterscheiden oder auch der zunehmende Einsatz von Licht als Gestaltungselement im Stadtbild. «Umso wichtiger wird es, die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf Mensch und Tier zu untersuchen.»
Originalpublikation:
Anja Russ, Annika Rüger, Reinhard Klenke (2014): «Seize the night: European Blackbirds (Turdus merula) extend their foraging activity under artificial illumination», Journal of Ornithology.
DOI:10.1007/s10336-014-1105-1
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