Der Waldrapp war vor rund 400 Jahren an den Felswänden in Überlingen verbreitet – nun soll der glatzköpfige Vogel mithilfe eines EU-Projekts erneut dort angesiedelt werden. Bereits ab dem Jahr 2020 könnten die ersten Tiere wieder über dem Bodensee brüten.

Um die Waldrappe darauf vorzubereiten, waren im Frühsommer zahlreiche Jungvögel zunächst in eine Art Trainingscamp in Überlingen gebracht worden , sagt der Ornithologe und Projektmitarbeiter Peter Berthold von der Heinz-Sielmann-Stiftung, die sich für Natur- und Artenschutz in Deutschland einsetzt. 

Mitte August ging es dann weiter in ein Überwinterungsquartier in der Toskana. Von den 31 Tieren, die Mitte August am Bodensee gestartet waren, leben nach Angaben des Projektteams nun 24 Vögel im italienischen Orbetello. «Das ist eine hervorragende Ausbeute, da können wir mehr als zufrieden sein», betont Berthold.

Sieben Tiere seien allerdings auf der Strecke geblieben, sagt der Projektleiter Johannes Fritz. «Einer starb auf dem Weg an Metallteilen, zehn flogen zunächst weiter Richtung Rom und Libarische Inseln. Vier dieser Vögel konnten wir wieder einfangen und in das Überwinterungsgebiet zurück bringen.» Die restlichen seien nicht mehr aufgetaucht und möglicherweise Vogeljägern in Italien oder Stromschlägen auf den Hochspannungsleitungen zum Opfer gefallen.

40 Prozent überleben erste drei Jahre
Im Überwinterungsquartier werden die zu den Ibissen gehörenden Vögel nun eng von Mitarbeitern des Projektes überwacht. Nach der Geschlechtsreife in zwei bis drei Jahren sollen sie nach Überlingen zurückkehren. Parallel dazu will das Team in Zusammenarbeit mit dem Radolfzeller Max-Planck-Institut für Ornithologie und der Heinz-Sielmann-Stiftung 2018 und 2020 wieder jeweils rund 30 Jungvögel der Art Geronticus eremita in Überlingen aufziehen und anschliessend in die Toskana führen. Etwa 40 Prozent überleben nach Angaben von Fritz die ersten drei Jahre.

Die gänsegrossen, glatzköpfigen Waldrappe lebten bis ins 17. Jahrhundert im Alpen- und Mittelmeerraum, doch dann wurden ihnen Vogeljäger zum Verhängnis. Heute sind die Zugvögel in freier Wildbahn praktisch ausgestorben. Im Rahmen des EU-Projektes LIFE+Biodiversity soll die schwarz-grün-violett schillernde Ibis-Art im Bodenseekreis wieder angesiedelt werden – seit 2011 laufen bereits Projekte im bayrischen Burghausen und bei Salzburg in Österreich.