Einen schöneren Platz hätte es sich kaum aussuchen können, das Storchenpaar von Lachen, als es sich vor drei Jahren in der Schwyzer Gemeinde niederliess. Auf einem Baum direkt am Obersee, dem oberen Ende des Zürichsees, thront sein Horst mit bester Aussicht auf selbigen. Diese dürfte die Störche jedoch weniger beeindrucken, zumal sie seit Wochen alle Hände – oder besser gesagt – Schnäbel voll zu tun haben mit der Jungenaufzucht.    

So schaut einer der Altvögel denn auch skeptisch über den Nestrand, als die 22 Meter hohe Hebebühne unten parkiert wird – bis er schliesslich davonfliegt. Ein normales Verhalten, wie Peter Wachter vom Storchenverein Uznach erklärt: «Bei der Beringung fliegen die Altvögel weg und kommen wieder, wenn es vorbei ist. Die Jungen liegen ruhig im Nest und stellen sich tot.» Wachter, der seit 27 Jahren im Stochenverein aktiv ist, nimmt die Beringung vor. Er freut sich über das gute Storchenjahr. Im Linthgebiet seien insgesamt 70 Jungstörche beringt worden. Nach 2011 mit 50 Tieren sei dies der neue Rekord. Als Grund für den Bruterfolg nennt Wachter den warmen Frühling.    

Anfahrt zum Nest (Video: Heini Rogenmoser / Lachner Störche):

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Die Beringung selbst geht schnell über die Bühne, obwohl sich die Jungstörche wehrhafter zeigen, als dies normalerweise der Fall ist. Wohl, weil sie dank dem schönen Wetter und den guten Bedingungen schon etwas grösser seien, vermutet Wachter. Angebracht wird der Ring in geraden Jahren am rechten Oberschenkel, in ungeraden am linken. Damit er auch hält, muss ein junger Storch schon eine gewisse Grösse haben – ein Alter von etwa sechs Wochen. Deshalb findet die Beringung bis Mitte Juni statt, bevor die Stöche anfangen zu fliegen. Wie das Ganze abläuft, sehen Sie in unserer Bildergalerie und den Videos.

Vor der Beringung müssen die Jungen, die nicht überlebt haben, aus dem Nest geholt werden. Einem der lebenden Störche scheint dies nicht ganz zu passen (Video: Heini Rogenmoser / Lachner Störche):

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Bei der eigentlichen Beringung (Video: Heini Rogenmoser / Lachner Störche):

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Drama auf dem Storchenhorst
Das Geschehen auf dem Lachner Storchenhorst live mitverfolgen kann man via Webcam. Installiert wurde diese von IT-Spezialist Heini Rogenmoser. «Während der Beringung waren alle 120 Kanäle besetzt», freut er sich. Auf seiner Facebookseite «Lachner-Störche» postet Rogenmoser ausserdem täglich Updates und Videos.

Dort kam es letzte Woche zu einigen grösseren Diskussionen. Denn trotz dem guten Jahr für die Störche der Regionen, schafften es in Lachen nur zwei der ehemals fünf Jungen bis zur Beringung. Eines starb schon recht früh nach dem Schlüpfen Ende April – es konnte sich wohl gegen seine stärkeren Geschwister nicht durchsetzen und verhungerte. Zwei weitere jedoch verendeten erst letzte Woche wegen dem schlechten Wetter – vor laufender Kamera. «Die Leute glaubten, wir würden jetzt sofort hinfahren und die geschwächten Tiere aus dem Nest holen» erzählt Rogenmoser, für den das Projekt eine Herzensangelegenehit ist, das grösstenteils aus der eigenen Tasche finanziert.

Doch eine Hebebühne herbeizuschaffen sei ein beträchtlicher Aufwand, auch finanziell. Rufe nach dem Abschalten der Kamera wurden ebenfalls laut. «So etwas ist natürlich nicht schön mitanzusehen. Wir hatten auch gehofft, dass mehr Jungstörche durchkommen. Aber so ist die Natur. Wer das nicht sehen will, kann ja wegschauen. Ich stelle die Kamera sicher nicht ab.»   

In der Tat ist die Sterblichkeit bei jungen Störchen hoch. Das liegt zum einen am Nahrungsangebot. Die Eltern schaffen so viel heran, wie sie finden können – laut Rogenmoser bis zu acht Kilogramm Futter pro Tag. Wenn es nicht genug hat, um auch die Kleinsten und Schwächsten des Geleges zu versorgen, sterben diese. Zum andern liegt es natürlich an der exponierten Lage der Storchenhorste. Während die Vögel in luftiger Höhe der Witterung ausgesetzt sind, sind sie dafür vor anderen Tieren geschützt – ausser, bis zu einer gewissen Grösse, vor Greifvögeln. «Der Weissstroch hat diese Mentalität: Er will zuoberst sein», sagt Peter Wachter.  

Am Abend nach der Beringung ist die Welt wieder in Ordnung (Video: Heini Rogenmoser / Lachner Störche):

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Für die beiden frisch beringten Jungstörche stünden die Chancen gut, flügge zu werden, glaubt er. Allerdings drohen ihnen noch viele Gefahren, wenn sie im August ausfliegen. Nur 10 bis 15 Prozent werden in zwei bis drei Jahren ins Brutgebiet zurückkehren. Bis zum Abflug verfolgen Heini Rogenmosers Kameras weiterhin ihr Schicksal – eine ebenfalls am Dienstag installierte, weitere Cam liefert jetzt sogar noch schärfere Bilder.

Da waren sie noch ganz klein (Video: Heini Rogenmoser / Lachner Störche):

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