Der Aufgabe des Eierlegens widmen die Hühner einen beachtlichen Teil ihres Tages. Denn die Arbeit ist nicht mit dem eigentlichen Ablegen des Eies getan. Bereits die Vorbereitung nimmt viel Zeit in Anspruch und ist anstrengend. Schon zwei bis drei Tage vor der Legeperiode beginnen Legehennen mit ihrem unverkennbaren Ruf. Dieses sogenannte «Grakeln» vollführen sie mit geöffnetem Schnabel. Es hört sich in etwa so an wie «Gra-graa-graak» und dauert zwischen drei und zehn Sekunden, acht bis vierzehn Mal pro Minute. Auch während der Legephase ist dieser Ruf immer wieder zu hören. Meist starten die Hennen ein bis zwei Stunden vor dem Aufsuchen des Nestes damit. In dieser Zeit verhalten sich die Tiere zudem auffallend nervös, laufen scheinbar ziellos umher und gehen ihren Artgenossen so gut wie möglich aus dem Weg. 

Man vermutet, dass dieses Verhalten angeboren ist und anzeigt, dass die Henne auf der Suche nach einem geeigneten Nistplatz ist. Bei den wilden Kammhühnern, welche als Urahnen unserer Rassehühner gelten und in den dicht bewachsenen Regenwäldern Südostasiens beheimatet sind, konnte man schon häufig beobachten, dass das Grakeln dazu dient, den Hahn anzulocken. Dieser reagierte auf die Aufforderung und führte die Henne postwendend zu einem sicheren Nistplatz. 

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 Die Maranshenne zählt zu den guten Legerinnen.

Lieber gebraucht als neu
Auch Haushähne begleiten zuweilen Junghennen zu einem geeigneten Legenest, indem sie sich im ausgewählten Nest niederlassen und die Junghennen anlocken. Bei älteren Hennen ist dies nicht nötig, sie suchen selbstständig nach einem Legenest, in dem sie sich wohl- und ungestört fühlen. Meist testen Hennen mehrere Nester bevor sie sich für eins entscheiden. 

Doch was macht ein Nest für das Huhn attraktiv? Hennen bevorzugen ein bereits benutztes Nest. Am besten eins, in dem sich schon ein oder mehrere Eier befinden. Ein Züchter berichtete vom wählerischen Verhalten seiner Hennen: Das Türchen eines leer stehenden Hühnerhauses war nicht geschlossen und deshalb zogen sich die Hennen täglich an diesen geheimen Ort zurück. Nicht nur ein sondern mehrere Hühner legen ihre Eier in besagtes Nest. Vermutlich,weil die Eier dort liegen bleiben und nicht wie in anderen Nestern herunterfallen. 

Sind Nistplätze übereinander angeordnet, ziehen Hennen die oberen Etagen vor. Wahrscheinlich fühlen sie sich dort ungestörter. Sie bevorzugen dunklere Nester gegenüber den hellen. Werden die Hennen von Artgenossen oder Menschen oft gestört, wechseln sie das Legenest und schauen sich nach einem ruhigeren Plätzchen um. Vor allem rangniedere Hennen werden oftmals von ranghöheren Tieren verdrängt und müssen ihnen den Platz überlassen. Bei der Einstreu der Legenester bevorzugen Hennen Häcksel, gefolgt von Hobelspänen, Erdnussschalen und Linoleum. Und sie mögen Farben, welche sie aus den ersten Lebenstagen kennen, zum Beispiel diejenige der Tränke. 

Die lange und wählerische Suche nach einem geeigneten Legenest ergibt durchaus Sinn, denn einerseits soll es ein sicherer Platz für die Brut sein, andererseits verbringen Hennen jeweils zwischen 30 Minuten und drei Stunden täglich im Legenest. Beobachtungen zeigen, dass Hennen von schweren Rassen, wie es beispielsweise die Marans sind, mehr Zeit im Legenest verbringen, als Hennen leichter Rassen. Warum dies so ist, konnte bisher noch nicht herausgefunden werden. Ist das Ei gelegt, beginnt die Henne wieder zu grakeln. Diesmal, um sich zurückzumelden und sich wieder der Hühnerschar anzuschliessen. Nun dauert es mindestens 24 Stunden bevor das nächste Ei gelegt wird. 

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 Marans legen pro Jahr rund 170 Eier à 65 Gramm.

Hormonelle Impulse
Um auch rechtzeitig zum Eierlegen im Nest zu sein, muss ein Huhn genau wissen, wann es sich auf den Weg machen muss. Was also löst bei einem Huhn den Impuls aus, sich zum Nest zu begeben? Die naheliegende Antwort: Wenn es den Druck des fertigen Eis spürt. 

Doch wie Carl Engelmann vom Institut für landwirtschaftliches Versuchs- und Untersuchungswesen in Rostock (D) herausgefunden hat, ist dies nicht der einzige Grund, um das Nest aufzusuchen. Selbst Hennen, denen der Eierstock entfernt worden ist und die mit den Hormonen Östrogen und Progesteron behandelt wurden, zeigten «Nestdrang». Dasselbe gilt für Hühner, bei denen die Dotterkugel nicht in den Eileiter, sondern in die freie Bauchhöhle fiel. 

So geht man davon aus, dass auch hormonelle Einflüsse eine Rolle spielen. Das Eierstockhormon Östrogen, zusammen mit dem Progesteron, das am frisch geplatzten Eifollikel unmittelbar nach dem Eisprung entsteht, ruft demzufolge das Nestverhalten 24 Stunden nach dem Eisprung hervor. Und zwar unabhängig davon, wie weit das Ei bereits im Körper gewandert ist. Das Östrogen scheint das Aufsuchen des Nestes hervorzurufen, das Progesteron hat  zur Folge, dass die Henne sich dann ins Nest setzt.