Brieftauben sind bekannt dafür, dass sie auch über sehr weite Strecken ihren Heimweg finden. Zwar ist nach wie vor nicht genau bekannt, wie sie das tun. Bisher weiss man immerhin, dass für ihre Orientierung der Erdmagnetismus, die Sterne und der Sonnenstand ein Rolle spielen. Jetzt wurde klar: Auch feine Unterschiede in der Erdanziehung helfen den Vögeln als Wegweiser.

Die Erdanziehung ist nicht überall gleich. Sie ändert je nach Höhe über Meer, aber auch je nach Beschaffenheit der Bodens. Der emeritierte UZH-Professor Hans-Peter Lipp und seine Doktorandin Nicole Blaser erkannten, dass Tauben einen Sinn für diese Nuancen haben, eine Art Messinstrument, wie das in der Navigation verwendete Gyroskop, wie es in der Mitteilung heisst.

Orientierungslos am Kraterrand
Die Forschenden machten ein Experiment in der Ukraine mit Tauben eines Halters in der Umgebung. Sie versahen 26 Tauben mit einem GPS und liessen von der Mitte eines riesigen Meteoritenkraters aus fliegen. Das besondere: Im Krater mit einem Durchmesser von 25 Kilometern ist die Erdanziehung aussergewöhnlich gering.

Prompt verflogen sich die Tauben. Am Kraterrand schienen sie die Orientierung zu verlieren, wie es im Wissenschafts-Journal heisst. Überdurchschnittlich viele hätten Mühe gehabt, ihren Heimweg zu finden. Ganz anders eine Vergleichsgruppe, die weiter entfernt vom Krater startete: Diese Tiere flogen zielsicher nach Hause.

Originalpublikation:
Nicole Blaser et al.: «Gravity anomalies without geomagnetic disturbances interfere with pigeon homing – a GPS tracking study», Journal of Experimental Biology (2014).
doi: 10.1242/?jeb.108670