Hühner sind in ihrer natürlichen Umgebung durch ihre Gefiederfarben geschützt. Auch schillernde Schwingfedern sind vor kräftig grünen Blättern und im Dickicht des subtropischen Waldbodens kaum auszumachen. Sollte dieser Schutz jedoch einmal nicht ausreichen, nutzen die Kammhühner ihre schnellen Beine, um den Feinden zu entwischen. Hühner sind nämlich in der Lage, bis zu 14,5 Kilometer pro Stunde schnell zu laufen. Erst wenn selbst das Fliehen zu Fuss keinen Erfolg zeigt, fliegen Hühner mit kräftigem Flügelschlag in die Höhe. Ebenso tun sie dies, um in der Nacht auf einer erhöhten Position zu schlafen. Selbst die heute domestizierten Hühner suchen in der Nacht noch nach einer erhöhten Sitzstange. Daher sind bei den meisten Hühnervögeln die Schwungfedern bereits beim Schlupf voll entwickelt oder wachsen in den ersten Lebenstagen am schnellsten. Pfauenküken beispielsweise fliegen schon 72 Stunden nach dem Schlupf auf einen sicheren Schlafast. 

Grundsätzlich ist aber festzustellen, dass die heute domestizierten Hühner ihre Flugfähigkeit nur noch selten einsetzen. Das Fliegen gleicht eher einem flatternden Springen oder einem Gleitflug. Der längste dokumentierte Flug eines Huhnes soll dreizehn Sekunden gedauert haben, wie im Buch «Hühner halten im Garten» nachzulesen ist. Deshalb verwundert es auch nicht, dass Hühner nebst dem Aufsuchen eines erhöhten Schlafplatzes oder des Legenests nur noch Flugversuche unternehmen, wenn sie einer Gefahr ausgesetzt sind oder wenn sie durch ein plötzliches Geräusch erschrecken. 

Hühner verschaffen sich mit ihren Flügeln gerne eine Abkühlung an heissen Tagen

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Zu den guten Fliegern zählen die Holländischen Zwerghühner.
© Fabienne Schenkel 

Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen, so unternimmt ein Huhn einer neugierigen, leichten Rassen schon mal einen kurzen Flug. Da kann auch ein Zaun von zwei Metern locker überflogen werden. Wer jetzt aber denkt, dass ein Huhn, das es über den Zaun geschafft hat, schnell das Weite sucht, hat sich getäuscht. Da Hühner Herdentiere sind, versuchen sie schon nach kurzer Zeit verzweifelt, einen Weg zurück ins Gehege zu finden. Sollte dies nicht möglich sein, weil sie beispielsweise ausserhalb des Geheges keinen Anlauf mehr nehmen können, um abzuheben, bleiben sie in der Nähe des Zaunes und ihrer Artgenossen. Hier warten sie auf die erstbeste Möglichkeit, um wieder zurück zur Herde zu gelangen.

Auch wenn die Flügel nur selten für das Fliegen eingesetzt werden, erfüllen sie wichtige Funktionen für die Hühner. So sind Verhaltensweisen wie Putzen und Flügelschlagen wichtig für die Gesundheit der Hühner. Gerade an sehr heissen Tagen verschaffen sich die Tiere durch das Flügelschlagen die nötige Abkühlung. Da Hühnern die Schweissdrüsen fehlen und sie somit nicht schwitzen können, ist diese Art der Abkühlung von grosser Wichtigkeit. Zeigt ein Hahn kraftvolle Flügelschläge mit anschliessenden lauten Krährufen, ist dies ein eindeutiges Zeichen seines Wohlbefindens. Auch bei der Henne ist das Flügelschlagen als positives Zeichen ihres Gemütszustandes zu werten. 

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Die Orpington gehören zu den trägeren Hühnern.
© Fabienne Schenkel 

Unsere heutigen Haushühner haben im Laufe der Domestikation teilweise enorm an Gewicht und Körpergrösse zugenommen. So wiegt das Bankivahuhn, das als Ursprungshuhn gilt, gerade mal ein knappes Kilogramm. Demgegenüber steht ein Brahmahahn mit stolzen fünf Kilogramm und einer Grösse von über fünfzig Zentimetern. 

Ob ein Huhn ein guter Flieger ist, hängt stark von seinem Körpergewicht ab
Trotz der teilweise gewaltigen Zunahme an Lebendmasse und Körpergrösse hat sich das Verhältnis von Flügelgrösse und Körperlänge kaum verändert. Die riesigen Brahma haben im Verhältnis ebenso grosse Flügel wie das Bankivahuhn. Verändert hat sich die Druckbelastung, die auf jedem Zentimeter Flugfläche ruht. Dadurch wird mit jeder Zunahme von Körpermasse die Tragfläche relativ kleiner. Dies führt zur weitgehenden Flug­unfähigkeit aller mittelschweren und schweren Rassen. Der Aufbau des Hühnerflügels ist aber bei allen Rassen – ob gross oder klein, schwer oder leicht – derselbe. Dabei hat sich das Vorderbein des Huhnes zu einem Flügel entwickelt. Viele Bezeichnungen für die Knochen klingen daher für uns vertraut. So besteht das Flügel­skelett aus einem Oberarmknochen und zwei Unterarmknochen, der Elle und der Speiche. Die Elle ist kräftiger. Daher setzen an ihr auch die Armschwingen an, die aus zwei Handwurzelknochen, einem Mittelhandknochen sowie drei Fingern bestehen. 

Die Mittelhand besteht aus drei Knochen, von denen zwei miteinander verwachsen sind. Das Huhn hat nur drei Fingerknochen. Zwei davon sind zu einem rudimentären Finger verschmolzen, während der dritte eine daumenartige Struktur bildet. Als Anpassung an das Fliegen ist das Schulterblatt mit dem Rabenbein und den Schlüsselbeinen zum sogenannten Gabelbein verwachsen. 

Ausgestattet mit vielen «Flugutensilien»
Aber auch der Rest des Hühnerskelettes ist immer noch auf das Fliegen ausgerichtet. So hat das Huhn fünf Schwanzwirbel, wie andere Vögel auch. Die hintersten sind miteinander verwachsen, sodass der Schwanz im Flug als «Steuerruder» eingesetzt werden kann. Brust-, Lenden- und Kreuzwirbel sind steif und beinahe unbeweglich. Sie dienen als Stütze für die Flugmuskulatur und als Tragegerüst für die beiden Beine. 

Der grösste Knochen des Vogelskelettes ist das Brustbein mit grossen Ansatzflächen für die Flugmuskulatur. Die Natur hat Hühner, wie auch andere Vogelarten, mit pneumatischen Knochen ausgerüstet. Diese sogenannten Röhrenknochen sind mit Luft gefüllt und unterstützen dank ihres niedrigen Gewichtes die Flugfähigkeit der Hühner. Schliesslich sorgen auch die neun Luftsäcke des Atmungssystems für die nötige Leichtigkeit, die das Huhn zum Fliegen braucht – oder brauchen würde.

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Quelle: YouTube/Jim Wetzel

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