Zehn Millionen Hühner leben in der Schweiz. Mehr als unser Land Einwohner hat. Hauptsächlich gackern die Vögel noch immer in vorwiegend ländlichen Gebieten. Im Kanton Thurgau zum Beispiel sind gemäss Aviforum, dem Kompetenzzentrum der schweizerischen Geflügelproduktion, über 1,1 Millionen Tiere zu Hause. Im Kanton Zürich hingegen sind es weniger als 500 000 Legehennen und Mastpoulets, verteilt auf etwas über tausend Landwirtschaftsbetriebe. Noch. Denn seit geraumer Zeit ist ein Trend zu beobachten, der nicht nur für New York (siehe Seite 42), Hamburg oder London gilt, sondern auch für Städte in der Schweiz: die urbane Geflügelhaltung. 

Laut Jahresbericht des kantonalen Veterinäramts ist die Anzahl Hühnerhalter im Kanton Zürich von 2014 auf 2015 um über 9 Prozent angestiegen. Dies ist keine Hochrechnung. Da sich jeder Geflügelhalter seit dem ersten Ausbruch der Vogelgrippe in der Schweiz vor zehn Jahren registrieren muss, wissen die Behörden ziemlich genau, wie viele Hühner in ihrem Kanton hausen. Im Falle von Zürich geht der satte Anstieg an Geflügel kaum auf das Konto der Bauern, sondern eher auf das von Hobbyhaltern in den Städten und der Agglomeration.

2014 vermeldete der «Tagesanzeiger», dass sich die Anzahl Hühner von Hobbyhaltern in der Bundesstadt zwischen 2011 und 2014 mehr als verdoppelt hat, von 82 auf 195 Tiere. Im Vergleich zur Stadt Zürich, in der 2014 rund 3200 Hühner gemeldet waren, ist das natürlich nichts, aber der Trend ist derselbe. In Genf werden Projekte zur gemeinsamen Hühnerzucht vom Kanton sogar mit 1000 Franken unterstützt. Dies ist nicht verwunderlich, denn Genf liegt punkto Hühnerpopulation im Kantonsranking an drittletzter Stelle.

Bruteier und Küken im Frühling
Die meisten Hobbyhalter freuen sich über die frischen Eier, die sie in ihrem Garten oder Hinterhof finden. Sie halten ihre Hühner weniger der Fleischproduktion wegen. Auch die Schönheit der Tiere spielt bei manchen eine Rolle. Oder die Erhaltung der Biodiversität. Dies gilt insbesondere für die über 3000 Züchter und Liebhaber, die im Dachverband Rassegeflügel Schweiz organisiert sind. 

In ihrem Geflügelstandard sind über 150 Rassen detailliert beschrieben. Aktuell läuft die Erfassung aller Geflügelarten, die von den Rassegeflügelzüchtern hierzulande gehalten werden. Diese Erhebung findet alle zwei Jahre statt. Gemäss letzter Statistik sind die New-Hampshire bei den Grossrassen die beliebtesten Hühner. Bei den Zwergrassen haben die Zwerg-Wyandotten und Zwerg- Welsumer den grössten Verbreitungsgrad. 

Hobbyhalter sind keine Massenproduzenten. Ihre Tiere können in der Regel so leben beziehungsweise sich so verhalten, wie es ihrem natürlichen Wesen entspricht. Das bedeutet unter anderem, dass, wenn man zum Beispiel Bruteier oder herzige Küken einer bestimmten Rasse für seinen Garten sucht, man nur im Frühling fündig wird. Vor allem bei den Jungtieren muss man aber wissen, dass diese meist nicht «gesext» sind (Geschlechtsbestimmung), weshalb sich erst später zeigen wird, ob sich daraus ein Hahn oder eine Henne entwickelt. Wer also von einer bestimmten Rasse nur Hennen kaufen will, muss oft bis im Frühsommer warten. Je nach Rasse ist das Geschlecht ab der achten Lebenswoche erkennbar. 

Klar ist, wer selber Küken von den eigenen Hühnern grossziehen möchte, der braucht einen Güggel. Für eine Herde von bis zu zehn Hennen empfiehlt es sich, nicht mehr als einen Hahn zu halten. Ist ein Halter auf eine maximale Eierproduktion aus und weniger daran interessiert, echte, ursprüngliche Rassen zu (er)halten, sollte er sich Hybridhühner kaufen, wie sie auch die Eierindustrie einsetzt. Dazu muss man wissen, dass der Zeitraum ihrer höchsten Legeleistung beschränkt ist und nur ungefähr ein Jahr dauert. Dafür sind Hybriden zu jeder Jahreszeit und nach Geschlechtern sortiert erhältlich und versorgen ihre Halter auch gleich mit frischen Eiern.

Ein Stall muss her
Die Mindestanforderungen an einen Hüh­nerhof, einen Hühnerstall und die Hühnerhaltung sind gesetzlich geregelt. Man findet sie in der Tierschutzverordnung (Artikel 66 und Tabelle 9 «Hausgeflügel»). Grundsätzlich gilt, wer Hühner bei sich im Garten halten möchte, sollte im Voraus mit der Nachbarschaft das Gespräch suchen und diese ab und an auch mal mit frischen Eiern belohnen. So stösst man auf mehr Verständnis, denn nicht jeder hat gleich viel Freude daran, wenn zum Beispiel der Hahn dauernd kräht. Wer hier auf kein Verständnis stösst oder auch nicht genügend Platz für die Tiere hat, kann sich an einen Kleintierzüchterverein in der Umgebung wenden. Oftmals unterhalten diese Vereine Kleintierhäuser respektive Stallungen, die gemietet oder gar gekauft werden können.

Aus welchen Materialien oder in welcher Anordnung ein Hühnerstall gebaut sein soll, ist jedem Hobbyhalter selbst überlassen. Jedoch muss er die geltenden Bauvorschriften einhalten (Informationen dazu sind bei Kanton oder Gemeinde einzuholen) und kann diesen deshalb nicht ohne Weiteres an jedem beliebigen Standort aufstellen. Ebenfalls in der Entscheidungsgewalt des Halters ist, wo er das Türchen, die Fenster oder die Lüftung einbaut. Hingegen sind die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Inneneinrichtung eines Hühnerstalls sehr spezifisch (siehe Checkliste). Die Investition in eine Unterkunft für vier Hühner kann je nach Architektur, Materialwahl und Ausführung von einigen Hundert bis einigen Tausend Franken reichen. Steht der Stall einmal, bleibt der weitere Aufwand jedoch vergleichsweise gering.

Damit die Hühner nicht vom Fuchs gefressen werden, gehören sie in der Nacht in den Stall. Einmal eingewöhnt, suchen sie diesen bei Dämmerung in der Regel selbstständig auf. So sind auch lichtgesteuerte Hühnerhaustürchen, die sich bei Dunkelheit automatisch schliessen, kein Problem. 

Hühner brauchen stets frisches Wasser und Futter. Deshalb ist eine tägliche Kontrolle wichtig. Wie gross die Fläche des Auslaufs sein muss, ist gesetzlich übrigens nicht geregelt. Dies hat damit zu tun, dass die geltenden Bestimmungen ursprünglich und primär für die Wirtschaftsgeflügelzucht erlassen wurden und der Gesetzgeber den Betrieben die Möglichkeit einräumt, die Tiere nicht nach draussen zu lassen. Ein Hobbyhalter sollte davon aber keinen Gebrauch machen und die Tiere nach Möglichkeit täglich an die frische Luft lassen. 

Als Faustregel punkto Auslauffläche gilt: Ist die Wiese / der Rasen im Hühnerhof grün, haben die Hühner genügend Platz. Ist der Boden jedoch mehrheitlich braun, ist das ein Zeichen von zu dichter Belegung oder zu kleiner Fläche. Braun sein dürfen eigentlich nur jene Orte im Hühnerhof, wo die Tiere ein Staub- oder Sandbad für die Gefiederpflege nehmen.

Bäume, Büsche und Sträucher bieten insbesondere rangniederen Hühnern in der Herde Rückzugs- und Versteckmöglichkeiten. Auch eine Umzäunung des Auslaufs ist nötig. Die Zaunhöhe hängt von der Rasse und deren Flugverhalten ab – nicht allein vom Fuchs– und reicht von 80 bis 200 Zentimeter.