Ein dumpfes Donnern hallt durch die Luft, wenig später schnellt ein Polizeiauto mit Sirenenalarm um die Ecke. Ein deutlich hörbarer Funkspruch bringt Gewissheit: Nach einer Explosion auf einer Deponie werden zwei Personen vermisst, wahrscheinlich liegen sie unter den Trümmern begraben. Die Polizei bietet Rettungskräfte auf, darunter auch Redog, den Schweizerischen Verein für Such- und Rettungshunde. Die Spürnasen sollen die Verschütteten finden und so deren Leben retten.

Die Katastrophe ist zum Glück fiktiv, der Vorfall auf dem Gelände der Firma Belag und Beton AG in Rothenburg LU nur inszeniert. Die Redog-Regionalgruppe Innerschweiz will – nach einer kurzen Demonstration des Trainings der Hunde – mit diesem Beispiel anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums von Redog den geladenen Gästen aufzeigen, wozu ihre Verschüttetensuchhunde-Teams fähig sind.

Caya ist es egal, ob es sich hier um eine Übung oder einen Ernstfall handelt. Die Flatcoated-Retriever-Hündin von Christine Hunziker aus Nottwil LU ist voll fokussiert und weiss, was zu tun ist: Menschliche Witterung aufnehmen und anzeigen. Nach dem Kommando ihrer Hundeführerin läuft Caya los, überquert die Betonhaufen, die Nase stets am Boden.

 

Redog-Regionalgruppe Innerschweiz übt einen Ernsteinsatz

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Bei Katastrophen im In- und Ausland
Auf einem kleinen Hügel schnüffelt die Hündin intensiver und fängt schliesslich an zu bellen und zu scharren. Für Hunziker ist klar: Caya zeigt hier einen Fund an. Zusammen mit der Einsatzleiterin geht sie zu der Stelle, die ihr die Hündin anzeigt. «Hallo, hallo!», ruft sie in die darunterliegenden Trümmer. «Hier ist die Rettung, können Sie mich hören?» Christine Hunziker und ihre treue Hündin Caya sind eines von vier einsatzfähigen Verschüttetensuchhunde-Teams der Redog-Regionalgruppe Innerschweiz. Die Teams werden in der Schweiz nach Naturkatastrophen oder Explosionen von den Einsatzverantwortlichen, der Polizei oder kantonalen Krisenstäben, aber auch von Privatpersonen über eine eigene Notfallnummer angefordert. So unterstützten Redog-Teams im August und September 2019 nach einer verheerenden Schlammlawine in Chamoson VS die Suche nach Verschütteten. Nach dem Bergsturz in Bondo GR 2017 standen Verschüttetensuchhunde-Teams von Redog ebenso im Einsatz wie beim Bergsturz in Gondo VS vom Oktober 2000, um nur einige zu nennen.

Im Notfall auch für PrivatpersonenRedog ist nicht nur im Auftrag von Organisationen und Institutionen, sondern auch für Privatpersonen im Einsatz. Jeder sollte die Möglichkeit haben, seine Liebsten nach deren Verschwinden mithilfe von Spezialisten suchen zu können, unabhängig der finanziellen Lage – so das Credo des Vereins. Über die Alarmnummer 0844 441 144 kann Redog jederzeit aufgeboten werden. Die Suche ist für die Angehörigen vermisster Person in der Schweiz kostenlos. 

Zu Auslandeinsätzen geht Redog primär mit der Rettungskette Schweiz oder der türkischen Rettungsorganisation GEA. Zuletzt war ein Redog-Leichensuchhunde-Team Ende Juli dieses Jahres nach der schweren Hochwasserkatastrophe in Deutschland im Einsatz. Nach dem schweren Erdbeben an der Westküste von Albanien im November 2019 suchten vier Redog-Hundeteams nach verschütteten Menschen. 2015 wurde Redog nach einem Erdbeben in Nepal zur Ortung aufgeboten, und 2011 standen gar 15 Redog-Mitglieder und elf Verschüttetensuchhunde nach dem Tsunami in Japan im Einsatz.

Der lange Weg zur Einsatzfähigkeit
In Rothenburg wird nun ein zweites Verschüttetensuchhunde-Team gerufen: Malinois-Hündin Baccarà von Alina Wyss aus Schenkon LU soll den Trümmerhaufen absuchen, um den von Caya angezeigten Fundort zu bestätigen. Auch bei Ernsteinsätzen werden Anzeigen stets von einem zweiten Hund bestätigt, wie Redog-Mitglied Bruno Maurer aus Reussbühl LU kommentiert. «Bei schwer zugänglichen Schadenplätzen kann es sein, dass die Witterung teilweise gestört wird. Und bevor man da beginnt, die Trümmer freizulegen, lohnt sich die Absicherung mit einem zweiten Hund.» Tatsächlich beginnt Baccarà an derselben Stelle zu bellen – und bestätigt die menschliche Witterung.

Redog-Regionalgruppe Innerschweiz demonstriert ein Training

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Ernsteinsätze im In- und Ausland sind für Wyss und Hündin noch Zukunftsmusik. Die beiden befinden sich erst in der Ausbildung zum Verschüttetensuchhunde-Team. «Diese dauert bis zur Einsatzfähigkeit drei bis vier Jahre», erklärt Stefan Buholzer, Präsident der Redog-Regionalgruppe Innerschweiz. Pro Jahr finden bis zu 50 Trainings sowie Einsatzübungen, Aus- und Weiterbildungen in technischen Fächern statt. «Einsatzfähige Hundeteams müssen ausserdem jederzeit für Einsätze abkömmlich sein», fügt Buholzer an.

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Die Hundeführerinnen und -führer brauchen deshalb das schriftliche Einverständnis des Arbeitgebers, wenn sie den Weg bis zur Einsatzfähigkeit gehen wollen. Sind die Hunde einmal ausgebildet, können sie bis zum zehnten Geburtstag international und bis zum zwölften Geburtstag national in den Einsatz gehen. Für die Hunde ist die Ausbildung nicht ohne – und längst nicht jeder Vierbeiner eignet sich dafür. Auf die Rasse komme es nicht so sehr an, wie Buholzer sagt und am Jubiläumsanlass deutlich wird: Neben Belgischen Schäfern und Border Collies sind auch einige Golden, Labrador sowie Nova Scotia Duck Tolling Retriever sowie ein Weimaraner, zwei Australian Kelpies und sogar ein Appenzeller Sennenhund im Team. Und Präsident Buholzer absolviert mit Border Terrier Tayo mit einem Vertreter einer kleinen Rasse die Ausbildung zum Verschüttetensuchhunde-Team. Da die Hunde bei Einsätzen notfalls auch getragen werden müssen, gibt’s eine gewisse Gewichtslimite.

«Der Hund muss arbeitsfreudig, körperlich beweglich und mental belastbar sein und einen unermüdlichen Arbeitswillen mitbringen», sagt Buholzer. Wie dieser Arbeitswille ausschaut, haben die Mensch-Hunde-Teams am Jubiläumsanlass im Vorfeld der Einsatzübung eindrücklich gezeigt: Bereits beim Aufwärmen zeigte sich, wie stark die Hunde auf ihre Halterinnen oder Halter fokussiert sind. Sodass sowohl die Unterordnungsübungen als auch die verschiedenen, auf dem Gelände aufgestellten Hindernisse problemlos absolviert wurden.

Patin oder Pate werdenWer die Rettungshunde von Redog unterstützen möchte, kann eine Patenschaft für einen der Hunde abschliessen. Mit 400 Franken im Jahr leistet man einen Beitrag an die Aus- und Weiterbildung der Rettungshundeteams.

Die Patenhunde sind einsatzfähige Hunde oder Hunde, die sich noch in Ausbildung befinden. Die eine Hälfte der Spende fliesst in diese Ausbildung, mit den zweiten 200 Franken unterstützen die Patinnen und Paten die Suche nach vermissten Menschen.

Informationen zu «Patenschaft für Rettungshunde»: www.redog.ch