Hier haben Bananen Tradition. «Bananenreiferei» steht in grossen Lettern am Hochhaus im Industriegebiet im Westen von Zürich. Im heutigen Eventlokal   verarbeitete die Migros früher Bananen. Ein paar Strassen weiter stehen die krummen Früchte auch heute noch im Mittelpunkt.

13 Uhr. Der Parkplatz vor dem Zürcher Grossmarkt ist wie leer gefegt. In den frühen Morgenstunden herrscht hier von ein bis sieben Uhr Grossbetrieb: Händler aus der ganzen Schweiz decken sich mit Waren ein. Auch mit Bananen, die in der Migros die meistverkaufte Frucht ist und auch bei Coop zu den Verkaufsschlagern zählt. Jährlich werden weltweit etwa 100 Millionen Tonnen geerntet. Gemäss Welternährungsorganisation FAO sind 400 Millionen Menschen von der Banane als Einkommensquelle oder als Grundnahrungsmittel abhängig.

In diesem Geschäft mischt auch die Bananen + Frucht AG mit, die ihre Büros auf dem Gelände des Zürcher Engrosmarkts hat. «Wir verkaufen pro Jahr rund 3500 Tonnen Bananen», sagt Thomas Hug. Er ist Besitzer und Geschäftsführer des Unternehmens, das seit 1939 mit Bananen handelt. Die Firma, die auf dem Grossmarkt und in Dietikon ZH eine Bananenreiferei betreibt, hat sich spezialisiert, um in der Branche zu bestehen. Schweizweit bietet nur sie verschiedene Bananenlabels in mehreren Reifegraden an. Die Bananen verkauft die Firma an die Supermärkte Volg, Manor, lokale Märkte und an die Gastronomie.

Das Reifen von Bananen ist eine Wissenschaft. In der Schweiz gibt es gemäss Hug nur zehn solcher Fachleute. Er selber hat in seiner Firma zwei Bananenreifer angestellt. «Sie halten an sieben Tagen in der Woche ein Auge auf die Früchte», erzählt Hug, der als Absolvent der Hotelfachschule und Koch über Umwege im Fruchtbusiness gelandet ist.
95 Prozent der weltweit vermarkteten Bananen gehören zur gezüchteten Sorte Cavendish. Ein Kunstprodukt, das für den Markt in Europa optimiert wurde. «Diese Banane reift nie an der Staude in der Natur», sagt Hug, «sie wird grün geerntet und für den Transport nach Europa vorbereitet.»

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Bananen im Tiefschlaf
Die Früchte stammen aus Monokulturen in Panama, Ecuador, Costa Rica und Kolumbien. Die Bananen hängen bis zu zwölf Monaten an den Stauden, bis sie grün gepflückt werden. Auf der Plantage werden sie in Schachteln verpackt und lagern in einem Kühlcontainer. Nach zwei Wochen auf hoher See landen die Bananen in den Häfen von Antwerpen oder Hamburg.

Auf dem Schiff liegen sie in Containern mit geringem Sauerstoffgehalt, sodass die Früchte nicht verderben. Im Container herrscht eine Temperatur von rund 13,5 Grad – die Banane befindet sich im Tiefschlaf. Per Bahn oder LKW gelangt sie gekühlt in die Schweiz. Dann beginnt die Arbeit der Bananenreifer.

Thomas Hug führt durch seine Firma und bleibt vor grossen Rolltoren stehen. Die Früchte kommen in diese hermetisch abgeschlossenen Reifekammern, wo sie mit Ethylan begast werden. Das Gas, das Früchte beim Reifen natürlich selber herstellen, sorgt dafür, dass der Reifeprozess in Gang kommt. Es strömt gezielt durch die mit Löchern versehenen Bananenschachteln. Beim Reifen verwandelt sich Stärke in Zucker, wobei Wärme entsteht.

Die Reifekammer muss die Frucht nun ständig bei Temperaturen von 14,5 bis 18 Grad kühlen. Ziel ist es, die Banane in einem gewissen Reifegrad – sieben Farbstufen existieren – für den Handel vorzubereiten. Ist die Banane mehr gelb als grün, lagerte sie rund vier Tage in der Reifekammer und ist ideal für Kunden, welche die Frucht erst in ein paar Tagen brauchen. Ist die Banane vollgelb, kann man sie sofort essen.

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Niedriglöhne für die Erntehelfer
Bananen sind ein heikles Geschäft. Es geht um Pestizide, tiefe Löhne und ungerechte Gewinnverteilung. Früher hätten internationale Bananenmultis die Produktion und Vermarktung kontrolliert. Heute liege die Kontrolle bei den grossen Supermärkten, welche die Preise diktierten, schreibt die Max Havelaar-Stiftung, die fairen Handel unterstützt. Der Einzelhandel verdient rund 35 Prozent an einem Kilo Bananen, die Arbeiter auf der Plantage nur knapp sechs Prozent oder zehn Cent. 

Die Bananen + Frucht AG bezieht ihre Ware ab dem Hafen Antwerpen von den Grosskonzernen Chiquita, Dole und Fyffes. Der Multi Chiquita beispielsweise besitzt selber keine Plantagen, sondern kauft die Früchte über Zwischenhändler, wie die Organisation «Public eye» schreibt. Sie fordert auch für Zulieferbetriebe ökologische und soziale Standards. Die Erntehelfer bekommen einen Niedriglohn: maximal 25 Dollar am Tag, bei Vollzeitarbeit verdienen sie damit knapp den Mindestlohn von 400 Dollar.

Konsumenten können mit dem Kauf von Bananen aus fairem Handel dafür sorgen, dass Kleinbauern, die sich zu Korporation zusammengeschlossen haben, für ihre Bananen eine festen Mindestpreis und eine Prämie erhalten. Die Schweiz importiert jährlich rund 75000 Tonnen Bananen: Jede zweite stammt aus fairem Handel. Eine Fairtrade-Frucht beispielsweise von Max Havelaar ist rund fünf  Rappen teurer als eine von herkömmlichen Plantagen. Bei Coop kostet ein Kilo Fairtrade- Bananen von Max Havelaar knapp drei Franken, bei Denner ein Kilo herkömmliche Chiquita-Bananen rund 2.50 Franken.

Die Nachteile der Monokulturen
Die auf Monokulturen angebauten Bananen sind anfällig auf Pilze und werden deshalb mit Pestiziden behandelt. Noch immer überfliegen Flugzeuge die Felder mit Spritzmitteln. Der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter kam 2015 in einer Untersuchung zum Schluss: «Probanden, die auf einer konventionellen Plantage arbeiten, haben ein signifikant höhere Belastung mit Pestiziden als von zertifizierten Plantagen.»

«Mein Traum ist es, mich von den Multis unabhängig zu machen, aber das ist fast unmöglich», sagt Thomas Hug. Er habe auch schon Bananen aus Aethiopien direkt vermarktet. Die einwandfreien Früchte wiesen aber braune Flecken auf der Schale auf, was die Kunden nicht wollen. «Selber Bananen zu importieren ist ein Risiko, das sich nicht rechnet. Ist die Ware beim Transport verdorben, sitze ich auf einem grossen finanziellen Schaden», erzählt Hug. Die Grosskonzerne arbeiten deshalb über die Menge. «So könne sie auch Verluste ausgleichen, wenn Bananen nach dem Schiffstransport verdorben sind.»

Fairer Handel von Früchten ist Hug ein wichtiges Anliegen. So hat er neben den konventionellen Bananen auch Fairtrade-Bio-Bananen im Sortiment. Zudem handelt er mit verschiedenen anderen Südfrüchten: Mit Mangos und Ananas, die aus Sizilien und der Dominikanischen Republik stammen. «Ich kenne beide Produzenten persönlich und war auch schon vor Ort, um die Arbeitsbedingungen zu sehen», sagt Hug.

Die Ananas verkauft er in der Schweiz als Premiumprodukt. «Wir haben uns auf hohe Qualität spezialisiert. Nur so haben wir als kleiner Händler überhaupt die Chance, uns gegen die grossen Ananasproduzenten, die den Markt überschwemmen, zu behaupten.»

 

Pilz bedroht Bananen Der Pilz TR4 vernichtet aktuell welt- weit ganze Bananenmonokulturen, indem er die Wurzeln der Bananenstaude befällt. Bauern versuchen es immer mit mehr Chemie, aber Pestizide nutzen nichts. Schon in den 1960er-Jahren vernichtete ein Pilz die vorherrschende Sorte Gros Michel fast komplett. Nachfolgezüchtung war die nun ebenfalls bedrohte Cavendish-Sorte. Forscher suchen nun nach neuen Sorten. Langfristig braucht es ein Umdenken auf den Plantagen: Sortenvielfalt statt Monokultur ist gefragt.