Es gebe vier Stufen des Verständnisses von null, schreibt ein Forscherteam aus Australien und Frankreich in seiner letzte Woche im Fachjournal «Science» veröffentlichten Studie. Stufe 1 ist die Fähigkeit, null als «nichts» oder «Abwesenheit von etwas» zu definieren – die Abwesenheit von Essen auf dem Teller beispielsweise. Stufe 2 ist das Kategorisieren von null als «nichts» gegenüber «etwas». Auf Stufe 3 versteht man, dass null einen numerischen Wert hat und sich am unteren Ende des positiven Zahlenspektrums befindet. Man versteht also, dass null weniger ist als eins, zwei, drei, vier und so weiter. Laut Forschern erreichen Menschenkinder Stufe drei im Alter von vier Jahren. Die vierte und letzte Stufe ist das Verständnis von null durch eine symbolische Repräsentation, beispielweise der Zahl 0, wie sie in der modernen Mathematik gebraucht wird.    

Auch Menschen brachten es eine lange Zeit nicht auf die vierte Stufe. So fehlt die Null zum Beispiel im Zahlensystem des Alten Roms. Lange dachte man, dass das Verständnis von null den Menschen vorbehalten sei. Doch das gilt wahrscheinlich nur für Stufe 4. Denn in Experimenten haben schon Rhesusaffen, Südliche Grünmeerkatzen, Schimpansen und Graupapageien bewiesen, dass sie das Konzept von null unterschiedlich ausgeprägt verstehen. Mit den Honigbienen treten nun zum ersten Mal Insekten diesem exklusiven Klub bei – und erreichen in ihrem Verständnis von null beeindruckend Stufe 3.    

Weniger gibt Belohnung
Wie die Autoren der Studie in einem Artikel im Online-Magazin «The Conversation» schreiben, brachten sie es fertig, den Bienen ein Verständnis von null innerhalb von einem Tag beizubringen. Dies taten sie mit weissen Kärtchen, auf denen ein bis vier schwarze Elemente abgebildet waren. Flogen die Bienen die niedrigere Nummer an, gab es eine zuckrige Belohnung. Nachdem sie das Konzept von mehr und weniger als begriffen hatten, wurden dem Experiment zusätzlich leere Kärtchen beigelegt, auf denen nichts abgebildet war. Korrekterweise erkannten die Bienen, dass das leere Kärtchen einen niedrigeren Wert repräsentierte als alle anderen Kärtchen und flogen dieses an, um sich ihre Belohnung zu holen. In weiteren Experimenten zeigten die Bienen auch, dass sie verstanden haben, dass null und sechs weiter auseinanderliegen als null und eins.    

Diese Fähigkeiten sind doch ziemlich erstaunlich für ein Insekt mit einem kleinen und scheinbar einfachen Gehirn. «Unsere Forschung zeigt klar, dass Gehirngrösse und -komplexität nicht vollends entscheidend sind für Intelligenz und speziell numerische Fähigkeiten», schreiben die Autoren. In weiteren Experimenten wollen sie nun herausfinden, wie ein Bienengehirn es schafft, null zu verstehen.