Wenn es um Sex und Fortpflanzung geht, haben Männchen und Weibchen im Tierreich oft völlig konträre Vorstellungen. Die Männchen bevorzugen in der Regel reichlich Sex mit möglichst vielen verschiedenen Weibchen; am liebsten als einziger mit jeder Partnerin. So können sie ihre Gene weit streuen und alleiniger Vater des Nachwuchses sein. Die Weibchen sehen das meist völlig anders. Sie bevorzugen das Männchen, von dem sie glauben, dass es die besten Gene hat, denn die soll es an den gemeinsamen Nachwuchs weitergeben. Für sie ist es sinnvoll, mit mehreren Männchen Sex zu haben – das erhöht die Chance, dass ein Liebhaber mit Top-Genen dabei ist. Bei diesen Zielsetzungen sind Konflikte programmiert. Bettwanzen-Damen und -Herren haben ganz unterschiedliche Strategien entwickelt, um ihre Interessen durchzusetzen.

Zunächst einmal ist die Fortpflanzung der blutdurstigen Insekten eine überaus gewalttätige Angelegenheit: Das Männchen verzichtet nämlich auf jegliche Art der Brautwerbung und begattet das Weibchen auch nicht durch dessen Genitaltrakt. Stattdessen stösst es mit äusserster Brutalität seinen stilettartigen Penis, wie eine Lanze, an irgendeiner Stelle durch die Körperwand des Weibchens und ejakuliert sein Sperma direkt in die Leibeshöhle. Von dort gelangen die Spermien via Blut zu den Eierstöcken. 

Der Bettwanzen-Sex im Video erklärt (auf Englisch):

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Zwischenlager unter der Haut
Mit dieser ebenso brutalen wie aussergewöhnlichen Form der Begattung wollen die Wanzenmännchen im Geschlechterkampf die Kontrolle über die Fortpflanzung erobern. Durch Umgehung des normalen Fortpflanzungswegs rauben sie dem Weibchen die Chance, die Spermien in speziellen Samentaschen zwischenzulagern und erst nach der Begattung durch mehrere Männchen zu entscheiden, welches Erbgut zum Zuge kommen soll.

Allerdings haben die Herren der Schöpfung ihre Rechnung ohne Frau Bettwanze gemacht. Diese kontert die Strategie nämlich, indem sie die Spermien vorerst nicht zu den Ovarien gelangen lässt und sie stattdessen direkt unter der Haut zwischenlagert. So kann sie in aller Ruhe auf weitere Sexualpartner warten, die das genetische Angebot für ihren potenziellen Nachwuchs erweitern. Währenddessen greift ihr Immunsystem die eingelagerten Spermien an und bringt einen Grossteil davon zur Strecke. Das schafft Platz für die Spermien weiterer Bettwanzenherren. 

Die Art der Fortpflanzung, wie sie Bettwanzen praktizieren, nennt man «traumatische Besamung»:

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Wissenschaftler haben nun Folgendes herausgefunden: Für ein Männchen ist es bei einer noch nicht begatteten Dame sinnvoll, möglichst viel Sperma einzusetzen. So überleben wenigstens ein paar Spermien die Immunattacke und können später bei der eigentlichen Befruchtung mitmischen. Wurde das Weibchen allerdings bereits befruchtet, braucht das Männchen ihr nur halb so viele Spermien zu injizieren. Da das weibliche Immunsystem bereits mit dem Sperma des Vorgängers ausgelastet ist, genügt dies, um Vater zu werden – und das Männchen spart Sperma für Kopulationen mit anderen Damen. 

Da trifft es sich gut, dass der Bettwanzenpenis mit einem «Fremd-Sperma-Sensor» ausgestattet ist. Winzige Sensorhärchen am besten Stück von Männchen erschnüffeln das Sperma ihres Vorgängers, sodass der rücksichtslose Liebhaber jederzeit die – für ihn – richtige Entscheidung treffen kann.