2011 fanden das Weibchen F7 und der Rüde M30 am Calanda zusammen. Sie waren von Italien her eingewandert. 2012 gab es zum ersten Mal Nachwuchs. Das Calanda-Rudel war damit das erste Wolfsrudel der Schweiz seit 150 Jahren. Eine Sensation, über die viele sich freuten – und einige auch nicht. Ungeachtet der Schlagzeilen und der Polemik pflanzten sich die Wölfe am Calanda weiter fort. Sieben Jahre lang, bis 2018, gab es jedes Jahr Welpen. Rund 40 Jungtiere haben die beiden Wölfe grossgezogen und damit die Schweizer Wolfspopulation massgeblich mitgeprägt. 

Dieses Jahr jedoch gab es keinen Hinweis auf Nachwuchs. Auch fehlt vom Weibchen F7 jeder Nachweis. Sie hat seit 2018 keine DNA-Spuren mehr hinterlassen und ist wahrscheinlich gestorben. Dies berichtet die «Südostschweiz». Wie die Gruppe Wolf Schweiz auf Facebook schreibt, seien die beiden Leitwölfe rund zehn Jahre alt, was für wilde Wölfe sehr alt sei. Es darf angenommen werden, dass F7 aufgrund ihres hohen Alters gestorben ist.  

Mit ihrem Tod geht wohl auch eine Ära zu Ende. Denn ob und wie es mit dem Calanda-Rudel nun weitergehen wird, ist ungewiss. «Im Prinzip kann jedes Szenario eintreten», sagt David Gerke, Präsident der Gruppe Wolf Schweiz, gegenüber «Tierwelt Online». Wenn man in Gebiete schaue, in denen es schon länger Rudel gebe und somit längere Erfahrungen vorliegen, sehe man alle Möglichkeiten, wenn eines der Leittiere stirbt. «Das überlebende Leittier sucht sich einen neuen Partner oder es sucht sich keinen neuen und bleibt alleine oder das Rudel strukturiert sich um und zum Beispiel Jungtiere übernehmen es – oder es löst sich auf.»

Der Calanda-Rüde M30 sei wahrscheinlich noch am Leben, sagt Gerke. Es habe dieses Jahr mehrere genetische Nachweise von ihm gegeben. «Aufgrund seines hohen Alters gehe ich aber nicht davon aus, dass er noch lange leben und sich nochmals paaren wird», meint Gerke. «Ausgeschlossen ist zwar nichts, aber es würde mich wirklich sehr überraschen.»

Auch Tessiner Leitwöflin tot
Wie Gerke berichtet, hat sich am Nordrand des bisherigen Rudelgebiets das Weibchen F35 niedergelassen, ein Jungtier von 2017. Es könnte einen Partner finden und das Gebiet ganz oder teilweise übernehmen. Im letzten Jahr gründete ein anderes Calanda-Jungtier zudem ein neues Rudel in der unteren Surselva, das dieses Jahr zum zweiten Mal Nachwuchs hatte («Tierwelt Online» berichtete). Auch dieses Rudel oder weitere Jungtiere der letzten Jahre könnten das Calanda-Gebiet übernehmen. «Dass das Gebiet frei von Wölfen sein wird, dürfte kaum eintreten», sagt Gerke. 

Nach dem Calanda-Rudel formierte sich 2015 im Tessiner Valle Morobbia das zweite Schweizer Wolfsrudel. Auch dort starb letztes Jahr die Leitwölfin. Sie hatte einen Tumor und die Staupe («Tierwelt Online» berichtete). Der bisherige Leitrüde M47 sei aber noch im Gebiet, zusammen mit mindestens einer Tochter aus dem Jahr 2016, sagt Gerke. Jungtiere habe es aber dort dieses Jahr wahrscheinlich keine gegeben.