Sie ist mikroskopisch klein, hat ganz kurze Beine und lebt in der obersten Hautschicht. Dort gräbt sie sich Tunnels, in denen sie Eier und Kot ablegt. Die Rede ist von der Sarkoptes-Milbe, auch Grabmilbe genannt. Sie macht es sich gerne auf Tieren gemütlich und ernährt sich von Zell- und Gewebeflüssigkeit. Der Parasit ist verantwortlich für die Verbreitung einer ansteckenden Krankheit, der Fuchsräude. Seit mindestens 35 Jahren ist die Milbe in der Schweiz bekannt und seit über zehn Jahren breitet sie sich vermehrt unter den Schweizer Fuchspopulationen aus und überträgt sich von Tier zu Tier. 

«Da sich die Räude über Körperkontakt überträgt, ist wahrscheinlich eine hohe Fuchsdichte für den Anstieg dieser Krankheit verantwortlich», sagt Erwin Osterwalder, Jagd- inspektor im Kanton Aargau. Die Füchse leiden an Juckreiz und Haarausfall und sterben in den meisten Fällen an der Krankheit. Von der Fuchsräude befallene und kranke Füchse werden erlegt. Wie viele es im letzten halben Jahr waren, kann der Jagdinspektor jedoch nicht sagen: «Es gab aber Meldungen zur Fuchsräude aus allen Regionen des Kantons.» Gemäss Medienberichten ist der Aargau in den letzten Jahren stärker von der Fuchsräude betroffen. 

Räudige Wildschweine
Die ersten Fuchsräudefälle in unserem Land wurden im Kanton Thurgau beobachtet. In der Zwischenzeit hat die Fuchsräude in verschiedenen Regionen der Schweiz an Boden gewonnen. «Das Auftreten erfolgt regional oft wellenartig. In einem Jahr wütet die Krankheit an einem bestimmten Ort, dann beruhigt es sich wieder», erklärt Marie-Pierre Ryser vom Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin an der Universität Bern. Sie schätzt, dass es auch so weitergehen wird. Es gebe Regionen, die lange verschont bleiben und dann plötzlich nicht mehr. Auch Ryser nimmt an, dass die grösseren Fuchspopulationen in den letzten Jahren ein Grund für die Ausbreitung der Krankheit sein könnten. «Wenn Fuchspopulationen nicht komplett voneinander getrennt sind, breitet sich die Krankheit irgendwann weiter aus.» 

Um die Ansteckung von Fuchs zu Fuchs zu stoppen, wäre eine Behandlung der einzelnen Tiere nötig, aber bei Wildtieren ist dies kaum möglich. Laut Ryser gab es allerdings Versuche im Ausland, bei denen in Ausnahmefällen kleine Populationen geschützter Wildtiere tiermedizinisch behandelt wurden. «Auch Luchse und Marder können von der Räude befallen sein. Kürzlich haben wir in der Schweiz auch bei Dachsen Milben nachgewiesen», sagt Ryser. Auch unter den Wildschweinen gibt es neu Meldungen von räudigen Tieren. Ob es dabei einen Zusammenhang mit der Fuchsräude gibt, ist unklar. Das Thema ist gemäss Ryser noch sehr wenig erforscht, möglicherweise werden die Wildschweine von anderen Sarkoptes-Milben befallen. 

Gut therapierbar
Immer bekannter wird jedoch das Wissen über Zusammenhang zwischen Füchsen, der Fuchsräude und Hunden. Auch Hunde können nämlich die Fuchsräude bekommen. Eine Übertragung auf Haustiere ist zwar nicht alltäglich, aber kommt immer häufiger vor. Ein Hund muss dazu nicht einmal direkten Körperkontakt mit einem Fuchs haben; es reicht, wenn sich ein Hund am gleichen Ort aufhält wie kurz zuvor ein kranker Fuchs. 

In der Abteilung Dermatologie des  Departements für klinische Veterinärmedizin an der Universität Bern arbeitet die Tierärztin Petra Roosje. Zwar suchen regionale Tierärzte hier nicht mehr so häufig Rat wegen der Krankheit. Das ist aber mehr darauf zurückzuführen, dass sie inzwischen besser Bescheid wissen, als auf eine Abnahme der Räudefälle bei Hunden. Im Gegenteil. Roosje stellt fest, dass die Fälle von Fuchsräude bei Hunden seit zehn Jahren stark zugenommen haben. Wahrscheinlich ist die Zunahme eine direkte Folge der Ausbreitung der Räude in der Fuchspopulation. «Wir haben mehr Fälle von Sarkoptesinfektionen bei Hunden gesehen, nachdem öfters Fuchsräude bei den Füchsen festgestellt wurde», sagt die Tierärztin.

Die besorgten Hundehalter kann Roosje jeweils beruhigen: Richtig diagnostiziert ist die Fuchsräude bei Hunden sehr gut therapierbar. Die ersten Symptome drei bis acht Wochen nach der Infektion sind jedoch lästig: Die Hunde leiden unter einem hochgradigen Juckreiz, der stetig zunimmt. Die Hundehalter leiden auch: wenn der Vierbeiner nachts beim Kratzen so unruhig ist und viel Lärm macht, dass man davon aufwacht. Auch sonst verhalten sich die Tiere anders: Sie sind müde, fressen weniger und lecken und kratzen sich oft so stark, bis sie bluten. Bei einem chronischen Verlauf reissen sich die Hunde Haare aus, und es entsteht eine dicke borkige Kruste. Befallen sind vor allem die Ohrränder, der Bauch, die Aussenseiten der Ellenbogen, die Brust, der Kopf und die Hinterbeine. Durch Irritationen der Haut und das Kratzen können sekundäre bakterielle Infektionen auftreten, welche die Symptome zusätzlich verschlimmern.

Waldspaziergang mit Leine
Sofern das erkrankte Haustier behandelt wird, ist die Krankheit grundsätzlich heilbar. Je länger das Tier schon krank ist, desto länger dauert eine Behandlung. Nach einer Woche Behandlung sollte es dem Tier jedoch schon deutlich besser gehen. Die Milben werden mit einem Arzneimittel gegen Parasiten abgetötet. Entzündungshemmende Medikamente helfen gegen den Juckreiz und die Entzündung. Falls eine begleitende bakterielle Infektion besteht, kann man den Hund mit einem antibakteriellen Shampoo oder eventuell mit Antibiotika behandeln. 

Ganz wichtig ist ausserdem, dass weitere im Haushalt lebende Hunde mitbehandelt werden, da die Räude sehr ansteckend ist.  «Empfehlenswert ist zudem, die Umgebung und den Platz des Hundes im Auto gut zu reinigen und mit einem Pestizid zu behandeln», sagt Roosje. Wegen der Ansteckungsgefahr sollte der erkrankte Hund für mindestens drei Wochen den Kontakt mit anderen Hunden strikt meiden und auch Aktivitäten wie etwa Hundetrainings nicht mehr besuchen. 

Wie gross ist die Gefahr für den Menschen? In Einzelfällen kann sich die Milbe tatsächlich auch menschliche Haut als «Wohnung» aussuchen. In der Kleintierklinik der Universität Bern gab es einige Fälle von Hundebesitzern, die mehrere Wochen lang unter Juckreiz an den Armen litten. In der Regel klingen die Symptome beim Menschen nach der Behandlung des Hundes langsam ab und verschwinden dann. 

Gemäss Fachleuten ist das generelle Risiko, dass sich ein Hund infiziert, nicht sehr gross – was heisst, dass auch die allermeisten Hundehalter keine Gefahr laufen, sich anzustecken. Wenn die Fuchsräude vermehrt in der Umgebung auftritt, ist es aber möglich, den Hund zu schützen. Empfehlenswert sind regelmässige präventive Anwendungen bestimmter Floh- und Zeckenmittel vom Tierarzt. Und wenn der Vierbeiner bei jedem Waldspaziergang angeleint bleibt, verhindert der Halter sicher, dass der Hund in Fuchshöhlen kriecht und mit der gefährlichen Milbe in Kontakt kommt.