Die Roten Listen der bedrohten Arten sind lang. Von über zehntausend in der Schweiz untersuchten Arten ist rund ein Drittel bedroht, wie das Bundesamt für Umwelt (Bafu) vor vier Jahren mitteilte. Aber in Sachen Naturschutz gibt es auch Erfolge zu vermelden. Die Jagd ist längst streng reguliert und zahlreiche Tier- und Pflanzenarten stehen unter Schutz. Auch die Lebensräume vieler Tiere haben sich erholt. Die Landschaften sind vielfältiger geworden, die Gewässer sauberer, die Rodung der Wälder wurde eingeschränkt. Wir präsentieren zehn Arten, die davon profitiert haben und nun häufiger sind als einst.

Der Fischotter
Einst wurde er massiv bejagt, da er für die Fischer ein Konkurrent war. Als der Fischotter 1952 in der Schweiz unter Schutz gestellt wurde, war es bereits zu spät. Ein paar Jahrzehnte konnte er sich noch halten, doch die Verschmutzung der Gewässer durch PCB und die Flussbegradigungen, die seinen Lebensraum und die Fischbestände beeinträchtigten, gaben ihm den Rest. Nach einer letzten Sichtung im Jahr 1989 am Neuenburgersee galt er als ausgestorben. Dann im Jahr 2009 die Sensation: Auf der Videoaufzeichnung vom Fischaufstieg des Kraftwerks Reichenau im Graubünden war ein Fischotter zu sehen! Seither gab es jedes Jahr gesicherte Nachweise von Fischottern in der Schweiz, was mit den Renaurierungen von Fliessgewässern und der verbesserten Wasserqualität zusammenhängen dürfte.  Das Otterpaar, das kürzlich an der Aare Nachwuchs hatte («Tierwelt online» hat berichtet) ist allerdings ein Spezialfall: Möglicherweise handelt es sich um Tiere, die 2005 bei einem Hochwasser aus dem Tierpark Dählhölzli ausgebrochen sind.

Der Lachs
Die Rückkehr des Fischotters dürfte auch mit der Erholung der Fischbestände in Schweizer Gewässern zusammenhängen. Diese wiederum litten einst unter dem Bau von Kraftwerken und profitieren nun von den Sanierungen der Fischaufstiege. Längst nicht allen Fischarten geht es gut, aber einen symbolischen Erfolg gab es vor fünf Jahren: In einem Fischzählbecken des Kraftwerks Rheinfelden wurde ein Atlantischer Lachs gefangen. Umweltverbände in der Schweiz, Deutschland und Frankreich setzten sich dafür ein, dass die Fischgängigkeit der Kraftwerke am Rhein weiter verbessert wird und künftig mehr Lachse Basel erreichen. Auch die Schweizer Kraftwerkbetreiber sind gefragt: Das Gewässerschutzgesetz fordert, dass sie bis 2030 ökologische Beeinträchtigungen durch Nutzung der Wasserkraft beseitigen. So könnte der Lachs in der Schweiz wieder heimisch werden, wie er es bis in den 1950er gewesen war.

Der Steinadler
Auch der König der Lüfte stand einst kurz vor dem Aussterben. Wie alle grossen Raubtiere wurde er intensiv bejagt – nicht nur, weil er ab und zu ein Nutztier holte und den Jägern Beute wie junge Steinböcke und Gämsen streitig machte, sondern auch weil er sich als Trophäe gut machte. Stolz pflegten Jäger mit erlegten Adlern für Fotos zu posieren. 1953, kurz vor der Ausrottung, wurde der Vogel unter Schutz gestellt, und in diesem Fall hat es geklappt: Die Bestände erholten sich. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Anzahl Brutpaare vervielfacht. Nun leben hierzulande in den Alpen und im Jura wieder über 300 Brutpaare. Der Bestand in den Alpen ist damit laut der Vogelwarte Sempach beinahe gesättigt.

Der Bartgeier
Im Gegensatz zum Steinadler, der nie ganz ausgestorben war, verschwand der Bartgeier einst ganz aus der Schweiz. Und dies aufgrund eines Irrtrums. Der als Lämmergeier verschriene Greifvogel klaut niemandem Lämmer, er ernährt sich ausschliesslich von Aas. Trotzdem wurde die Jagd auf ihn gar mit Prämien gefördert und das letzte Exemplar vermutlich 1887 vergiftet. Die Wiederansiedlung in den Alpen begann ziemlich genau hundert Jahre später. Auch die Schweiz machte mit, 1991 wurden im Nationalpark drei Bartgeier ausgesetzt. Dank weiteren Aussiedlungen und inzwischen auch Bruten in der freien Wildbahn wuchs der Bestand an, im Jahr 2015 gab es laut Vogelwarte immerhin ein Dutzend Brutpaare. Zwar ist der grösste Vogel der Alpen noch immer vom Aussterben bedroht, aber zumindest bejagt wird er nicht mehr.

Der Wanderfalke
Ein anderer Greifvogel, der Wanderfalke, näherte sich erst viel später als der Bartgeier dem Aussterben. Es war nicht die Jagd, die ihn bedrängte, sondern der Einsatz von Pestiziden, die er über seine Beute aufnahm. In den 1950ern gab es in der Schweiz nur noch wenige Brutpaare. Als erkannt wurde, dass den Insektiziden eben nicht nur Insekten zum Opfer fielen, wurde deren Einsatz eingeschränkt. Insbesondere wurde Anfang der 1970er der Einsatz von DDT in der Landwirtschaft verboten. In der Folge konnte sich der Wanderfalke erholen. Heute zählt die Schweiz mehrere Hundert Brutpaare, die Art gilt als nur noch potenziell gefährdet.

Der Luchs
Nur knapp ins 20. Jahrhundert geschafft hat es der Luchs. Die letzte Beobachtung vor der Ausrottung stammte aus dem Jahr 1904. Es war nicht nur die Jagd auf ihn, die ihm zu schaffen gemacht hatte, sondern auch der Mangel an Beute und die Zerstörung seines Lebensraums, der Wälder. Die Wiederansiedlung des Luchses ab 1971 ist eine Erfolgsgeschichte. Die Bestände sind inzwischen stabil, Nutztierrisse relativ selten. Die Luchsdichte im Jura ist so hoch, dass nun gar Tiere gefangen und im Ausland ausgesetzt werden, um dort Populationen aufzubauen («Tierwelt online» hat berichtet).

Das Reh
Sie haben es oben gelesen: Dem Luchs mangelte es an Beute. Und die Beute des Luchses besteht heute in der Schweiz laut der Koordinationsstelle für Raubtiermanagement (Kora) zu 88 Prozent aus Rehen und Gämsen. Ja, tatsächlich waren Rehe einst in der Schweiz beinahe ausgestorben. «In der Schweiz ist es bis auf einzelne Trupps ausgerottet», stand 1877 in «Brehms Tierleben» zu lesen. Die Jagd hatte im 19. Jahrhundert durch die Entwicklung der Waffentechnik ein nie zuvor dagewesenes Ausmass erreicht. Wendepunkt war das Jahr 1875, als in der Schweiz das Bundesgesetz über die Jagd und den Vogelschutz in Kraft trat. Es beschränkte die Jagdzeiten und stellte die Rehgeissen unter Schutz. Selbstverständlich ging es damals nicht darum, die armen Tiere vor dem Tod zu bewahren, sondern vielmehr einen Bestand zu erhalten, der den Fortbestand der Jagd sicherte. Nichtsdestotrotz profitierte das Reh davon. Für das Jahr 2015 gibt die Jagdstatistik einen Bestand von 120'000 Tieren an. Verbreitet ist es inzwischen wieder in der ganzen Schweiz.

Der Wolf
Wie kein anderer Rückkehrer macht der Wolf von sich reden. Die geschichtliche Situation ist ähnlich wie beim Luchs – er galt als böse und wurde bis zur Ausrottung gejagt. Bei der Wiederbesiedlung der Schweiz gibt es aber zwei grosse Unterschiede. Erstens werden keine Wölfe ausgesetzt – die heute in der Schweiz lebenden Tiere sind selbständig aus Italien eingewandert oder in der Natur geboren. Zweitens richten Wölfe mehr Schäden an Nutztieren an als Luchse. Die Diskussion, ob in der Schweiz Platz für Wölfe ist, wird intensiv geführt, das letzte Wort zum Umgang mit Wölfen in Bundesbern ist noch lange nicht gesprochen.

Der Biber
Er ist ein harmloser Pflanzenfresser und gibt unter Politikern trotzdem fast so viel zu reden wie der Wolf: der Biber. Die knapp 3000 Tiere, die heute in der Schweiz leben, graben gerne, was in der Landwirtschaft zu teueren Schäden führt. Theoretisch ist es sogar möglich, schadenstiftende Tiere in Einzelfällen abzuschiessen. Dass der Biber Anfang des 19. Jahrhunderts in der Schweiz ausgerottet wurde, hatte aber damals andere Gründe. Die Jäger waren einerseits auf sein Fell aus, anderseits auf das Castoreum, ein Sekret, welches als Arznei, als Aphrodisiakum und in Parfümen eingesetzt wurde. Die Wiederansiedlung des Bibers in der Schweiz begann 1956, sechs Jahre bevor der Biber überhaupt unter Schutz gestellt wurde.

Der Steinbock
Zum Schluss noch ein Tier, das schon recht lange wieder in der Schweiz lebt und nicht umstritten ist: der Steinbock. Auch er wurde bereits Anfang des 19. Jahrhunderts ausgerottet. Um sie in Tierparks zu züchten, mussten erst einige Exemplare aus Italien eingeschmuggelt werden. Über hundert Jahre ist es her, dass erste Tiere aus den Parks in den Alpen ausgesetzt wurden. Inzwischen fühlt er sich offenbar wieder heimisch. Wer in den Bergen wandert, hat gute Chancen, Steinböcken zu begegnen, die oft nicht mal so scheu sind, sondern sich gut beobachten lassen.