Die Tierwanderungen in den Savannen Ostafrikas zählen zu den eindrücklichsten Naturschauspielen der Welt. Über eine Million Gnus ziehen jeweils ab Juli oder August durch die Serengeti und die Masai Mara im Grenzgebiet zwischen Tansania und Kenia – stets auf der Suche nach frischem Gras. Die Wanderungen sind gefährlich für die Tiere: Immer wieder müssen die Gnus dabei den Mara-Fluss überqueren. Dort lauern Krokodile – oder ganz einfach die Strömung. 

Ein Team von US-Forschern um Amanda Subalusky hat festgestellt, dass es im Mara-Fluss regelmässig zu wahrem Massensterben kommt. Von 2011 bis 2015, schätzen sie in einer kürzlich im Fachblatt «Frontiers in Ecology and Evolution» erschienenen Studie, sind allein an einer neuralgischen Stelle in der Nähe der New Mara Bridge jährlich 6250 Gnus ertrunken. Der Fluss wird demnach jedes Jahr mit ungefähr 220 Tonnen Knochen gefüllt.

Beeindruckend: Tausende von Gnus überqueren den Mara-Fluss

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Subalusky und ihre Kollegen gehen in ihrer Forschungsarbeit der Frage nach, welchen langfristigen Einfluss die Knochen auf das Flussökosystem haben. Denn anders als die Weichteile eines Kadavers bleiben sie über Jahre, Jahrzehnte oder noch länger im Flussbett liegen. So geben sie über einen langen Zeitraum Mineralstoffe ab, vor allem Phosphor, von denen Einzeller oder Algen profitieren – und von diesen wiederum andere Wasserlebewesen wie Krebse oder Fische.

Fressen Krokodile Kadaver?
Allerdings ist vieles noch nicht geklärt in diesem etwas makaber anmutenden Wissenschaftszweig. So weiss man noch nicht einmal, ob es – ähnlich den Hyänen oder Geiern – im Wasser lebende Knochenfresser gibt. Krokodile, spekuliert Subalusky, wären in der Lage, die herumliegenden Knochen zu knacken. Ob sie es tun, ist aber fraglich. Laut den Forschern waren Wildtierkadaver in Flüssen wohl früher noch viel wichtiger und verbreiteter als heute: In vielen Erdteilen ist die Zeit der grossen Pflanzenfresser-Herden nämlich längst vorbei, man denke bloss an die Bisons in den Prärien Nordamerikas.

Die Krokodile liegen auf der Lauer

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