Die rote Feuerameise (Solenopsis invicta) ist gefürchtet, weil sie als Tier gilt, das durch nichts aufgehalten werden kann (siehe Kasten). Die Eigenschaften, denen sie diesen Erfolg verdankt, sind zum Teil faszinierend. Ihre Ameisenkolonien können bei Bedarf aus den einzelnen Körpern sogar Leitern und Brücken bilden, um Hindernisse zu überwinden oder Nahrung zu beschaffen. Da die Tiere fühlen, ob sich noch Kolleginnen über ihnen befinden, lösen sie die Brücke erst auf, wenn die komplette Kolonie sie überquert hat. 

Feuerameisen fürchten nicht einmal Flüsse oder Überschwemmungen, wie sie in ihrer südamerikanischen Heimat nicht selten sind. Denn sie ertrinken keineswegs kläglich, sondern bilden aus nichts als ihren eigenen Körpern in blitzartiger Geschwindigkeit ein unsinkbares Floss. Diese können aus wenigen tausend Insekten oder mehr als einer Million Individuen bestehen, wie es sich gerade ergibt. Lange hat man gerätselt, wie die winzigen Tierchen das wohl machen. Einzelne der weniger als einen halben Zentimeter langen Ameisen können sich zwar dank der Oberflächenspannung ähnlich wie Wasserläufer eine Zeit lang über Wasser halten. Nach den schlichten Gesetzen der Physik sollte die Ballung enorm vieler dieser winzigen Körper dennoch zu schwer sein, um im Wasser Auftrieb zu haben. Binnen kürzester Zeit sollte der Ameisenklumpen versinken. 

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 Die Feuerameise 
 Weltweit gibt es etwa 140 Arten von Feuerameisen 80 Prozent davon leben in
 Nord- und Südamerika, nur wenige auch in Europa. Feuer­ameisen fressen alle
 Arten von Insekten und verhalten sich anderen Ameisen gegenüber so aggressiv,
 dass deren Population stark dezimiert wird. Ihr Gift ist sehr schmerzhaft und kann
 Allergien auslösen. Stürzen sich mehrere Hundert Tiere einer vom Menschen
 gestörten Kolonie auf ihn, drohen lebensgefährliche Schockreaktionen und
 verbrennungsartige Verletzungen.
 Bild: Rick Hagerty/Flickr  

Ein nicht enden wollendes Gewusel
Doch weit gefehlt. Die Ameisen besiedeln mit dieser Methode sogar erfolgreich neue Gebiete. Solch ein Floss kann sogar Monate lang herumtreiben, bevor es wieder landet. Erst als Forscher auf die Idee kamen, Teile eines solchen Flosses schockgefrostet unters Elektronenmikroskop zu legen, fanden sie die Lösung: Die winzigen Krabbler klammern sich mit Mundwerkzeugen und Beinen so eng aneinander, dass kein Wasser zwischen ihre Körper eindringen kann und sie noch dazu eine wasserabweisende Oberfläche bilden. Dabei schaffen sie es, so viel Luft mit einzuschliessen, dass der Auftrieb gesichert ist. Sie bilden eine Art riesige Luftmatratze, die sich sogar eigenständig reparieren kann.

Als die Wissenschaftler bei ihren Versuchen einzelne Tiere entnahmen, wurden die entstehenden Löcher sofort von den Nachbarinnen wieder verschlossen. Mit der Stoppuhr massen die Forscher die Geschwindigkeit, mit der der Flossbau vor sich geht. Egal ob sie 1000 oder 7000 Ameisen ins Wasser warfen – in 100 Sekunden war die Luftmatratze fertig. Ist das geschafft, treiben die Ameisen keineswegs  bewegungslos dahin, bis sie wieder Land unter die Füsse bekommen. Im Gegenteil. Sie wechseln ständig die Position, sodass das Ganze ein einziges grosses Gewusel ist, bei dem sogar Larven fürsorglich mittransportiert werden. Die ständige Bewegung ist wichtig, da die unteren Ameisen ständig durch andere ersetzt werden müssen, um wieder Luft holen zu können.

Originalpublikation:
Nathan J. Mlot, Craig A. Tovey, and David L. Hu: «Fire ants self-assemble into waterproof rafts to survive floods», PNAS 2011 108 (19) 7669-7673
doi:10.1073/pnas.1016658108
 

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