Im Frühling erwacht die Liebe. Auch bei den Gelbbauchunken. Um diese Jahreszeit trifft man die Amphibien fast nur im Doppelpack an. Das Männchen umklammert das Weibchen eng mit den Vorderarmen. So liegt das Paar dicht unter der Wasseroberfläche des Tümpelchens. Sobald sich neugierige Beobachter nähern, verschwinden die beiden schnell in den modrigen Blättern und Algen am Grund.

Auf dem grosszügigen Grundstück der Familie Renggli bei Kollbrunn im zürcherischen Tösstal haben die bedrohten Amphibien ein wahres Paradies zur Verfügung. In wenigen Metern Entfernung fliesst die Töss vorbei, auf der anderen Seite führt eine steile Böschung mit ungemähtem Gras in den nahen Wald. Im Winter ziehen sich die Unken ins Gehölz zurück, um sich in Erdlöchern vor der ärgsten Kälte zu schützen. Sobald es wärmer wird, kehren sie zu seichten Gewässern zurück, wo sie sich paaren und laichen. 

«Dieses Jahr hat es so viele wie noch nie», freut sich Werner Renggli. Als er vor 20 Jahren mit der Familie in das alte Bauernhaus zog, stellte er bald fest, dass sich hier bereits andere Bewohner wohlfühlten. Er und seine Frau Sandra schlossen die Amphibien mit den gelb gefleckten Bäuchen gleich ins Herz. Seither sind sie mit grosser Leidenschaft daran, den Lebensraum für Gelbbauchunken und andere Wildtiere stetig zu verbessern.

Unken brauchen flache Tümpel
Der Bauunternehmer mit einer eigenen kleinen Firma hat vier Teiche angelegt, in denen Frösche, Feuersalamander, Fadenmolche und Geburtshelferkröten leben. Bereits zu Beginn waren auf dem Anwesen zwei verschiedene Libellenarten heimisch; unterdessen hat er deren acht gesichtet. In den zahlreichen Lücken zwischen den Steinen, Platten und Ästen finden Ringelnattern und Eidechsen Unterschlupf und auch für Igel bietet der Garten überall Nischen. Sandra Renggli hat selber ein grosses Insektenhotel mit verschiedenen Strukturen aus Pflanzenstängeln und Tannzapfen errichtet, um das es an diesem milden Frühlingstag emsig fliegt und summt. Und an der besonnten Hausfassade sind spezielle Konstruktionen für die seltenen schwarzen Mauerbienen angebracht. «Mittlerweile ist ja ein grosser Teil der Arten bedroht», sagt Sandra Renggli. «Uns kommt es nicht so darauf an, welche Tiere bei uns einziehen. Wir fördern jene, die bereits da sind und wollen so auf unserem Land einen Beitrag zum Artenschutz und zur Biodiversität leisten.»

Im Zentrum der Bemühungen stehen aber die Gelbbauchunken. Durch Beobachten und Experimentieren haben Rengglis über die Jahre vieles über die Vorlieben dieser Tiere herausgefunden. Zum Beispiel, dass sie am besten in kleinen Gewässern gedeihen, die hin und wieder ganz austrocknen. Denn damit werden auch die grossen, nicht allzu seltenen Libellenarten dezimiert. Ihre Larven fressen in einem Tag gut und gern zehn oder mehr Kaulquappen. 

Damit sich die Population mit jener vom nahen Eschenberg in Winterthur vermischen kann, haben Rengglis in regelmässigen Abständen kleine Tümpelchen angelegt. «Die meisten sind schon gut besiedelt», sagt Ursina Tobler von der Schweizerischen Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz (karch), welche das Projekt im Tösstal begleitet. Mit Unterstützung von ehrenamtlichen Naturliebhabern, welche die Region aufmerksam beobachten, überprüft die Fachstelle, wie erfolgreich die Bemühungen sind. 

Rengglis Anwesen beherberge eine der grössten Populationen im Kanton Zürich, sagt die Biologin. Es sei bedeutend für die Arterhaltung. Denn viele Auen wie etwa jene entlang der Töss seien durch Begradigungen verloren gegangen – und somit auch wichtige Lebensräume für Amphibien. Der Bestand der Gelbbauchunken sei in den letzten 30 Jahren um etwa drei Viertel zurückgegangen, sagt Tobler. «Sie gehören zu den stark gefährdeten Arten.» Beiträge erhält das Projekt auch vom Kanton Zürich sowie der Stadt Illnau-Effretikon, zu der das Grundstück gehört.

Ritzen und Hohlräume für Tiere 
Um die Verbreitung auch anderorts zu fördern, hat Werner Renggli ein modulares System entwickelt, das Naturliebhaber in ihrem Garten aufstellen können. Es handelt sich um rund einen Quadratmeter grosse sechseckige Betonbecken, die mit Wasser, Moos und Gräsern gefüllt werden können. Dazwischen kommen Steinplatten zu liegen, unter denen es zahlreiche Hohlräume gibt, in die natürliche Materialien wie Äste, Stroh und lockere Erde hineingesteckt werden können. Auch an diesem System hat Renggli jahrelang getüftelt und es immer wieder den Bedürfnissen der Tiere angepasst. 

Anfang Jahr hat er es beim Patentamt in Bern angemeldet. Das Mehrfamilienhaus für Amphibien, Reptilien, Insekten und kleine Säugetiere eignet sich für Gartenbesitzer, die Lebensraum für Tiere schaffen wollen. Wichtig sei aber, dass man gleichzeitig einheimische Sträucher und Blumen pflanze und diese im Herbst nicht radikal schneide, betont Sandra Renggli: «Wildtiere brauchen nicht nur eine Wohnung, sondern auch etwas zu essen.» In den zunehmend sterilen Gärten vieler Schweizer Siedlungen finden sie kaum mehr Nahrung.

Das modulare Wohnbausystem für Amphibien und Insekten kann auf der Website der Familie Renggli bestellt werden: www.ggnatur.ch

Eine Besichtigung des Gartens ist möglich am Samstag, 26. Mai, am Festival der Natur: www.festivaldernatur.ch.