Auf der Erde leben mehr als 10'000 Vogelarten – von winzigen Kolibris zu farbenprächtigen Fasanen bis hin zu sturztauchenden Möwen. Ihr erster gemeinsamer Vorfahre flog vor mehr als 150 Millionen Jahren durch die Lüfte.

Ein internationales Team mit über 150 Wissenschaftlern erstellte nun einen umfassenden genetischen Atlas dieser Vielfalt: Im Fachmagazin «Nature» stellen sie die Genome von 363 Vogelarten vor. Das von den Zürchern Forschenden beigesteuerte Genom einer nordamerikanischen Vogelart, der Singammer (Melospiza melodia), gehört zu einer der insgesamt 267 Arten, die bisher noch nie sequenziert wurden.

18 Billionen Basenpaare
Das Projekt verlangte neue statistische und bioinformatische Methoden, sagt der Evolutionsbiologe und Mitautor der Studie, Lukas Keller, gegenüber Keystone-SDA. So sequenzierten die Forschenden zuerst über 18 Billionen Basenpaare (die Grundbausteine der Erbinformation) und setzten diese danach im Computer zusammen. So stellten die Forschenden etwa bereits den Verlust von 498 Genen in Vögeln fest.

Die Herkulesaufgabe, die den Anschein von Briefmarkensammeln haben mag, lohnt sich laut Keller aber: «Ich rechne mit einer grossen Zahl von evolutionären Erkenntnissen».

Grundlage für Naturschutz
Die Genomdaten liefern ebenfalls wichtige Ressourcen für den Naturschutz. So lassen sich damit etwa Populationsrückgänge kartieren oder Verwandtschaftsbeziehungen identifizieren. Ebenfalls ermöglicht die Sammlung, jede Genmutation in Vogelarten in «Schädlichkeitskategorien» einzuteilen. Wenn eine Population viele schädliche Mutationen aufweise, könne man versuchen, ihre Häufigkeit durch Aussetzungen aus anderen Populationen zu reduzieren, sagt Keller.

Die aktuelle Studie ist Teil des internationalen B10K Genom-Projekt («Bird 10'000 Genomes Project»). Dieses hat zum Ziel, die Genome aller Vogelarten des Planeten zu sequenzieren, um einen umfassenden Stammbaum zu erstellen.