In Monty Pythons «die Ritter der Kokosnuss» ist es ein Killer-Kaninchen, das den tapferen Mannen an die Gurgel springt, so dass diese alsbald empfindlich dezimiert die Flucht ergreifen. Die Szene ist ein Klassiker – und gehört ins Reich der Fiktion. Hasen und Kaninchen sind herzige Pflanzenfresser, wusste man bis anhin. Der Forscher Michael Peers von der University of Alberta in der kanadischen Stadt Edmonton hat jetzt aber in einer im Dezember im Fachmagazin «BioOne Complete» veröffentlichten Studie gezeigt, dass dies nicht immer zutrifft.      

Peers untersucht im Rahmen seiner Doktorarbeit die Aasfresser in den Wäldern des kanadischen Yukon-Territoriums. Zu diesem Zweck stellte er Kamerfallen neben Kadavern von Schneeschuhhasen auf. Zu seiner grossen Überraschung waren es aber nicht etwa Fleischfresser, die sich daran zu schaffen machten, sondern Artgenossen – andere Schneeschuhhasen. Er und sein Team verteilten in der Folge weitere Kadaver verschiedener Arten. Und siehe da: 20 der 160 ausgelegten Kadaver wurden von Schneeschuhhasen angeknabbert.      

Kamera-Aufnahmen von aasfressenden Schneeschuhhasen:

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«Das war schon ein bisschen schockierend zu sehen», sagt Peers gegenüber dem «National Geographic». «Ich hatte keine Ahnung, dass Schneeschuhhasen auch Aas fressen.» Wie der Forscher weiter herausfand, tun sie das aber nur im Winter. Im Yukon, dem nordöstlichsten Teil Kanadas, können Winter besonders hart sein. Schneeschuhhasen ernähren sich dann vor allem von Pflanzen, die wenig Proteine enthalten, heisst es in der Studie. Die Kadaver dienten zur Ergänzung der Nahrung, vermutet Peers.      

Und dabei scheinen Schneeschuhhasen nicht wählerisch zu sein. Neben den eigenen Artgenossen verspeisten sie unter anderem tote Schneeammern, Eistaucher und – Plot-Twist – Kanadaluchse, ihren Hauptfeind, der normalerweise sie frisst. Am liebsten aber mochten sie Raufusshühner. Das Tannenhuhn schien der Favorit zu sein. Warum das so ist, weiss man nicht. Zwei Hasen assen sogar die Federn dieser Tiere – auch nachdem der Kadaver von einem anderen Aasfresser weggeputzt wurde. Die Federn könnten bei der Verdauung helfen, die Darmflora verändern oder auch einfach nur weitere Proteine liefern – viel über dieses Verhalten ist nicht bekannt.  

Hier frisst ein Schneeschuhhase einen toten Virginia-Uhu – auch er ein Fressfeind der Hasen: 

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Beobachtungen von Herbivoren, die Aas fressen, mehrten sich, schreiben die Autoren weiter. Viele Arten haben wohl einen flexibleren Speisezettel, als bislang angenommen.  

Da sehen wir das Killer-Kaninchen von Monty Python schon ein bisschen mit anderen Augen:

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