Dass Katzencafés ein absoluter Trend in Japan sind, hat sich längst auch in Europa herumgesprochen. Kaffee trinken und nebenbei einen schnurrenden Stubentiger streicheln, das kommt bei vielen Menschen gut an. Vor allem jene, die selbst keine Katze halten können, haben im Katzencafé die schöne Gelegenheit, Kontakt zu Tieren zu pflegen. 

Dem Trend der Katzencafés näherzukommen war für mich als Tierärztin Anlass zu einer Reise nach Japan. Ich wollte wissen: Was macht die Faszination der Cafés aus und wie geht es Mieze und Co. dort eigentlich? Aber diese Fragen rückten schon bald in den Hintergrund. Was ich ungeplant bei einem Bummel durch den Tokioter Stadtteil Asakusa erlebte, verschlug mir die Sprache. 

Vor mir in der Fussgängerzone hatte sich eine kleine Menschentraube gebildet. Etliche uniformierte Schülerinnen und einige Touristen standen im Kreis, lachten und kreischten teilweise vor Verzückung. In der Mitte des Geschehens: eine junge Frau mit einer Schleiereule auf der Schulter. Sie lächelte freundlich und animierte Passanten, den Vogel zu kraulen und zu fotografieren. Ein Angebot, das ausgiebig genutzt wurde. Danach spazierten die Schülerinnen gemeinsam und ganz euphorisch in das Haus hinter der netten Dame mit der Eule. Erst jetzt verstand ich die Situation: Vogel und Frau machten Werbung für ein – Sie lesen richtig – Eulencafé.

Den Besuch im Katzencafé verschob ich kurzerhand, denn von einem Eulencafé hatte ich noch nie gehört. Also hinein! Hinter der Eingangstüre gab es kein Tageslicht mehr, nur schummrige Beleuchtung. Die Wände waren mit Efeu bewachsen, im Hintergrund wurde Vogelgezwitscher eingespielt. Als hätte man versucht, eine künstliche Dschungelatmosphäre zu schaffen. An der Kasse empfing mich ein kleiner Waldkauz. Sein Füsschen war mit einer Schnur und einem Karabiner an der Tischplatte festgebunden. Er bewegte sich keinen Millimeter, sass mit gesenktem Blick da und erduldete es regungslos, wenn die Gäste ihm auf sein Köpfchen klopften.

Phlegmatisch bis apathisch
Dieser Empfang verhiess nichts Gutes. Um eine Sichtschutzwand herum führte der Weg in den Hauptraum des Cafés. Auf Holzbrettern in Brusthöhe sassen etwa 20 verschiedene Eulen, allesamt angebunden und phlegmatisch bis apathisch. Nur die tagaktiven Schneeeulen rissen gelegentlich ihre Schnäbel auf, alle anderen schienen mit ihrem Leben schon abgeschlossen zu haben. Woher die Eulen kommen? Ob sie 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr auf den Holzpflöcken in der Dunkelheit sitzen? Leider konnte ich diese Fragen nicht klären. Das Personal sprach nur japanisch, ich aber nicht.

Dem Verzücken etlicher Gäste tat die trostlose Stimmung keinen Abbruch. Sicher, Eulenvögel sind süss und die Versuchung ist gross, die Tiere zu tätscheln. Also boomen Eulencafés in Japan. Innerhalb von zwei Tagen kam ich an acht verschiedenen vorbei. Immer dasselbe Prinzip: Vor der Tür im Lärm der City eine junge Frau mit Waldohreule, Uhu, Kauz oder irgendeiner anderen Art, im Inneren des Cafés eine Stimmung, die für Europäer mehr als beklemmend ist. Dass diese Mode auch zu uns kommt, bleibt den Eulen und uns zum Glück erspart – unserem Tierschutzgesetz sei Dank!