In den nachtschwarzen, noch weitgehend unerforschten Tiefen der Weltmeere gibt es zahlreiche Tiere, die durch Leuchten auf sich aufmerksam machen. Eigentlich absurd, könnte man denken. Immerhin fällt dorthin nie ein Lichtstrahl, wozu also ausreichend entwickelte Augen und diese Vorliebe für Licht? Weil sich damit trefflich Beute oder potenzielle Sexualpartner anlocken lassen. 

Schon im Altertum kannte man das Wunder der selbstleuchtenden Tiere – und wusste es praktisch zu nutzen. Plinius der Ältere (23 bis 79 nach Christus) schwärmte über den nützlichen Schleim einer damals im Golf von Neapel häufig vorkommenden Qualle. «Man kann ihn von der Oberfläche des Schirmes abschaben und die unterschiedlichsten Objekte damit einreiben, die dann ihrerseits zu leuchten beginnen.» Plinius selbst pflegte offenbar seinen beschleimten Spazierstock des Abends wie eine Fackel vor sich herzutragen.

Die Forscher waren nicht zimperlich
Woher das Leuchten rührt, war lange umstritten. Dass es ohne Sauerstoffzufuhr auskommt, konnte man schon vor 200 Jahren nachweisen, als die Vakuumpumpen gut genug waren, um einigermassen die Luft aus einem Glas herauszupumpen. Die Quallen leuchteten trotzdem weiter. In den 1920er-Jahren kam dann ein Biologe auf die Idee, eine leuchtende Qualle durch ein Tuch zu pressen. Da die entstandene glibberige Masse über Stunden grünlich weiterleuchtete, war zumindest klar, dass die Biolumineszenz an mehreren Orten unabhängig voneinander stattfinden muss, sonst müsste die Eigenschaft nach solch roher Behandlung verloren gehen.

Mittlerweile weiss man, dass es verschiedene Arten des Leuchtens gibt. Manche Tiere gehen mit leuchtfähigen Bakterien, die in ihnen leben, eine Symbiose ein. Andere, wie etwa Quallen, erzeugen das Leuchten in speziellen Zellen, in denen Aminosäuren in bestimmter Weise angeordnet sind und fürs Leuchten sorgen. Kalziumionen dienen als «Lichtschalter» – ohne sie kein Leuchten. Der Effekt ist ähnlich wie bei den Knickleuchtstäben, die jetzt an Sommerfestabenden bei den Kindern wieder so beliebt sind. Sie haben alles, was es zum Leuchten braucht in sich, leuchten aber erst, wenn sie den entsprechenden Impuls bekommen, in diesem Fall den Knick.  

Verschiedene Systeme am gleichen Tier
Viele Fische, die in der dunklen Tiefe leben, leuchten wiederum durch chemische Reaktionen. Manche Quallen, etwa Atolla oder Periphylla, haben es bei der Biolumineszenz zu solcher Meisterschaft gebracht, dass sie  sogar ein leuchtendes Muster über ihren Körper laufen lassen können.n. 

Tiefseeanglerfische, leben auf 1000 bis 4000 Metern Tiefe. Bisher sind etwa 160 Arten bekannt. Sonnenlicht dringt nur bis in 300 Meter Tiefe vor. Dennoch lieben sie und vor allem ihre Beute offenbar Lichtspiele. Warum sonst wären sie mit einer Art Angel ausgestattet, an deren Ende ein «Köder» in Form eines Leuchtorgans angebracht ist? Es ist voller Bläschen, in denen leuchtende Bakterien leben. 

Manche Arten haben unabhängig davon noch Bartfäden, die ebenfalls leuchten, dafür jedoch keine Bakterien nutzen. Diese gleichzeitige Nutzung zweier völlig verschieden funktionierender Leuchtsysteme gibt es sonst nirgendwo in der Tierwelt. Es muss also von immenser Bedeutung für den Beutefang sein.

Tiefseeanglerfische geben demnach alles, um bemerkt zu werden. Sie wollen damit aber nicht nur Beute erhaschen, sondern auch die Aufmerksamkeit von Sexualpartnern, die in der vergleichsweise dünn besiedelten Tiefe schwierig zu finden sind. Stossen die winzigen Männchen mancher Arten dennoch auf ein Weibchen, lassen sie sich einfach daran festwachsen und bleiben so lebenslänglich mit ihm verbunden. Das ist möglich, da Männchen nur fünf bis zehn Prozent der Körpergrösse der Weibchen haben und so beim Schwimmen nicht heftig stören. 

Laternenfische dagegen haben ihre Leuchtorgane je nach Art in unterschiedlichen Mustern entlang ihres Körpers angeordnet. Manche haben besonders leuchtstarke Stellen nahe der Schwanzflosse. Man vermutet, dass sie sich damit zur Flucht vor Räubern verhelfen, indem sie ihn mit einer Art Blitz blenden und sich dann blitzschnell davonmachen.

Der Vampirtintenfisch wiederum leuchtet nicht nur selbst, er kann sogar leuchtende Tinte ausstossen und damit für heillose Verwirrung bei Fischen sorgen, die ihn für einen Leckerbissen halten. Die Wolke bleibt bis zu zehn Minuten bestehen, genug Zeit, um sich vom Acker zu machen, während der Feind noch verwirrt in der Tinte herumstochert.

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 Ausschnitt der ersten Filmaufnahme von «Taningia danae».
 Bild: © Royal Society

Gewiefte Jäger mit leuchtenden Armen
Erst vor wenigen Jahren gelang es erstmals, einen Tintenfisch der so gut wie unerforschten Art Taningia danae beim Jagen in den Tiefen des Pazifiks zu filmen. Forscher verwendeten dazu einen mit kleinen Lämpchen beleuchteten Haken mit einem Köder, der den Riesenkalmar anlocken sollte. Was die Forscher beobachteten, ist weit entfernt vom Bild des träge herumdümpelnden Riesen, das man lange gehegt hatte. Was sie verblüffte, weil sie es bis zu den Filmaufnahmen nicht gewusst hatten: Auch der Riesenkalmar jagt mit Licht. An allen Greifarmen sitzen Leuchtorgane. Bevor der Tintenfisch zuschlug, sendete er damit intensive Lichtblitze. 

Die Forscher vermuteten zuerst, er wolle damit die Beute verwirren und leuchte sie praktischerweise auch noch zur besseren Zielbestimmung kurz an. Als sie die Aufnahmen jedoch mehrmals betrachtet hatten, begannen sie an ihrer Annahme zu zweifeln. Bevor der Tintenfisch zuschlug, umschwamm er die «Beute» mehrfach und sendete fast morseartige Leuchtsignale aus, die von längeren Intervallen getrennt waren. Für die Jagd kann das kaum nützlich sein. Daher vermuten die Forscher nun, dass es sich um Balzverhalten gehandelt haben könnte und der Kalmar die Lämpchen am Köderhaken mit einem Artgenossen verwechselte. Da die Lämpchen wohl nicht adäquat antworteten, labte sich der Tintenfisch dann aber zum Trost wenigstens am Köderfisch.