Seine Geschichte ging um die Welt: Im Frühling suchten Wissenschaftler der Universität Nottingham über Twitter nach einem Partner für die Gefleckte Weinbergschnecke Jeremy («Tierwelt Online» berichtete). Denn Jeremy war eine ganz besondere und extrem seltene Schnecke. Sein Häuschen war linksgedreht, während das der grossen Mehrheit der Schnecken rechtsgedreht ist. Mit dem spiegelverkehrten Häuschen waren laut der Universität auch all seine Organe spiegelverkehrt angeordnet – inklusive der Geschlechtsorgane, was die Paarung mit einer anderen Schnecke für ihn praktisch unmöglich machte. Geschlechtsorgane besass Jeremy übrigens männliche und weibliche, denn wie alle anderen Landschnecken war auch er/sie ein Hermaphrodit.  

Gefunden wurde Jeremy auf einem Komposthaufen in London von einem pensionierten Forscher, der ihn zu Schnecken-Genetiker Angus Davison an die Universität Nottingham schickte. So war auch die Partnersuche für Jeremy nicht nur dazu da, der einsamen Weinbergschnecke zu etwas Liebe zu verhelfen. Davison wollte mit Hilfe von Jeremys Nachkommen dem Geheimnis seiner Linksgedrehtheit auf die Spur kommen.  

Jeremy findet spätes Glück im Leben
Anfangs sah es jedoch nicht gut aus für Jeremy. Der Aufruf, der sich rasend schnell im Internet und in den Medien verbreitete, führte zwar dazu, dass zwei weitere linksgedrehte Schnecken ihren Weg nach Nottingham fanden: Lefty aus dem englischen Ipswich und Tomeu, der aus einer Schneckenfarm auf Mallorca kam. Doch, oh Schreck! Die Beiden interessierten sich überhaupt nicht für Jeremy, sondern machten lieber Babys miteinander. Am letzten Mittwoch schliesslich starb Jeremy, wie die Universität Nottingham mitteilt. Kurz davor jedoch paarte er sich dann doch noch dreimal mit Tomeu, aus dessen Eier 56 kleine Gefleckte Weinbergschnecken krochen. Sie sind heute etwas mehr als eine Woche alt. Zwei Drittel davon dürften Jeremys Nachkommen sein, ein Drittel Leftys, schreibt die Universität.  

«Es ist das Ende von Jeremy, seine Nachkommen aber werden wegweisend sein in unserer Forschung», sagt Davison, der vor Jeremy in 20 Jahren Schneckenforschung noch nie eine linksgedrehte Schnecke gesehen hatte. «Wir möchten wissen, warum diese Schnecken so selten sind und die Genetik der Körperasymmetrie verstehen.» Ein für die Häuschendrehung verantwortliches Gen haben Davison und seine Kollegen schon letztes Jahr entdeckt. An Studienobjekten wird es ihnen nicht mangeln, denn neben Lefty und Tomeu wurden ihnen noch vier weitere linksgedrehte Schnecken aus Spanien geschickt. «Das wäre ohne die Hilfe aus der Bevölkerung niemals möglich gewesen», sagt Davison.  

Jeremys Kinder sind übrigens alle rechtsgedreht. Dies, so vermutet die Universität, weil der als Mutter agierende Tomeu auch die Gene für ein rechtsgedrehtes Häuschen in sich trägt – die Häuschendrehung wird über die Mutter vererbt. Die Universität erwartet aber, dass in der nächsten und übernächsten Generation wieder linksgedrehte Schnecklein auftauchen werden. 

 

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