In der Natur bedeuten knallige Farben hauptsächlich eines: «Friss mich nicht, ich bin giftig!» Der Wissenschaft ist aber bekannt, dass längst nicht alle Tiere, die ihre Hautfarben Warnsignale aussenden lassen, tatsächlich auch giftig sind. Forscher von der Michigan State University (MSU) haben nun diese Tiere genauer untersucht.

Die Wissenschaftler wollten herausfinden, was diese Nachahmer dazu veranlasst hat, sich äusserlich als giftige Tiere zu «verkleiden». Diese Tarnung war nämlich nicht von einem auf den anderen Tag plötzlich vorhanden. «In einigen Fällen haben ungiftige Beutetiere ihre Tarnung aufgegeben und sich bunte Farben angeeignet», sagt Zoologin Kenna Lehmann von der MSU. Die Frage die sich Lehmann und ihrem Team stellte war: «Wie haben diese Nachahmer die gefährliche Übergangsphase überlebt, in der sie nicht mehr getarnt sind, ihren giftigen Vorbildern aber auch noch nicht genügend ähneln?»

Nur Vorteile, keine Nachteile
Das Risiko, diese evolutionäre Übergangsphase nicht zu überstehen ist laut den Forschern tatsächlich gross. Zu gross für einige Arten, vermuten sie. Andere Arten haben sie erfolgreich überstanden. Und einmal «über den Berg» wird das Leben für die «Verkleideten» Gifttiere zum Kinderspiel: Sie haben denselben Vorteil wie ihre giftigen Vorbilder (Sie werden nicht gefressen), haben aber nicht den Nachteil, viel Energie für die Giftproduktion aufzuwenden.

Genau darin liegt für die Forscher auch das Erfolgsrezept dieser evolutionären Strategie der Mimikry. «Wenn die Tiere durch ihre Färbung genügend Schutz haben, ergibt es evolutionär keinen Sinn, auch noch Gift zu entwickeln», sagt Lehmann. 

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 Die Wespenschwebfliege. Bild: Alvesgaspar/wikimedia.org/CC-BY-SA

Fliege oder Wespe?
Ein bekanntes Beispiel für solche Mimikry ist die Königsnatter. Sie ist – wie alle Nattern – ungiftig. Einige Arten haben sich allerdings die Tarnung der Korallenotter zugelegt, einer Giftschlange, die von Raubtieren gemieden wird. Für sie hat sich die Evolution gelohnt.

Ein heimisches Beispiel – mit etwas weniger Giftgehalt – ist die Wespenschwebfliege, die mit ihrer fast perfekten Tarnung als Wespe schon manchen Menschen dazu gebracht hat, sie «besser nicht anzurühren». Erst bei genauerem Betrachten bemerkt man die Unterschiede, etwa, dass echte Wespen zwei Flügel mehr haben müssten oder nicht einfach schwebend in der Luft verharren können.

Die MSU hat zum Zwecke der Studie, die im Fachjournal «PLOS ONE» veröffentlicht ist, ein Computerprogramm entwickelt, das die Evolution von Arten und ihre Überlebenschancen simulieren soll. «Avida» stellt die Reproduktion und den Überlebenskampf von sich weiterentwickelnden Arten nach und gibt so Einblick in die Frage, was es braucht, um «über den Berg zu kommen». 

Originalpublikation:
Lehmann KDS, Goldman BW, Dworkin I, Bryson DM, Wagner AP (2014) From Cues to Signals: Evolution of Interspecific Communication via Aposematism and Mimicry in a Predator-Prey System. PLoS ONE 9(3): e91783.
doi:10.1371/journal.pone.0091783