Wie bei anderen Echsen auch schlüpfen die Jungen der Armenischen Felseidechse ganz normal aus einem Ei – mit zwei Besonderheiten: Es sind alles Weibchen. Und sie sind allesamt aus einer unbefruchteten Eizelle entstanden – ohne Paarung und ohne Männchen. Denn wer braucht die schon?

Die im Kaukasus heimischen Felseidechsen jedenfalls nicht. Und sie sind nicht die Einzigen: Die Jungfernzeugung, oder Parthenogenese, ist bei etlichen Arten von Echsen, Schlangen, Fischen und Vögeln wie dem Truthahn, aber auch bei wirbellosen Tieren bekannt. Bei Säugetieren wurde das Phänomen noch nie beobachtet.

Die Meisten von ihnen pflanzen sich allerdings nur fakultativ parthenogenetisch fort, das heisst, sie haben die Möglichkeit sowohl zur sexuellen als auch zur asexuellen Fortpflanzung. So stellten Forscher beispielsweise kürzlich fest, dass eine seltene Sägerochen-Art dazu übergegangen ist, sich auch per Jungfernzeugung fortzupflanzen, weil es um die Population schlecht bestellt ist. Auch andere grosse Wirbeltiere wie der Komodowaran oder der Truthahn betreiben fakultative Parthenogenese – bei beiden ist der daraus resultierende Nachwuchs immer männlich.

Genetische Vielfalt gewährleistet
Was aber ist mit den Arten, es sind dies vor allem Eidechsen und Schlangen, die gänzlich ohne Männchen auskommen, den Amazonen des Tierreichs quasi? Auf den ersten Blick widerspricht eine solche Strategie jeglicher Logik, denn sexuelle Fortpflanzung sorgt für die Aufrechterhaltung der genetischen Diversität. Geht diese verloren, wird eine Population anfällig für Krankheiten und Veränderungen in der Umwelt. Sie könnte gar auf einen Schlag ausgelöscht werden. Was also haben die Echsendamen sich dabei gedacht?

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, müssen wir uns in den Zellkern begeben. Bevor die Echsen ihr Erbgut weitergeben, müssen sie die Chromosomen erst verdoppeln. Dabei gibt es Mutationen. Die Chromosen werden dann auf die Eizellen verteilt, die sich zu teilen beginnen. Das Erbgut der Tochter ist somit nie ganz identisch mit demjenigen der Mutter.

Notlösung mit Vorteilen
All diejenigen Echsenarten, die sich ausschliesslich ohne Sex fortpflanzen – dazu gehört auch die Armenische Felseidechse –, sind als Hybriden aus zwei anderen Arten entstanden. Da Hybriden meist steril sind, bot ihnen die Jungfernzeugung den einzigen Ausweg aus dieser Sackgasse. Wohl als Notlösung entstanden, hat die Parthenogenese trotzdem auch gewisse Vorteile: Eine Population, in der alle Individuen sich fortpflanzen können und nicht nur die Hälfte, kann ein neues Gebiet viel schneller bevölkern. So könnte eine einzige Eidechse eine ganze Kolonie gründen und sich sogar noch die Partnersuche und die ganzen Paarungsrituale sparen.