«Schildkröten haben bereits zu Zeiten der Dinosaurier gelebt – aber in nur rund 500 Jahren haben wir Menschen sie an den Rand der Existenz getrieben», resümierte der Klimasprecher der NGO, Adam Pawloff, die Resultate.  An den Stränden Französisch-Guyanas gab es noch in den 1990er-Jahren mehr als 50'000 Lederschildkröten-Nistplätze pro Saison. Heute beläuft sich ihre Anzahl auf nicht einmal mehr 200, heisst es in dem am Mittwoch publizierten Report.

Greenpeace führt an, dass sich die weltweiten Meere seit den Siebzigerjahren konstant erwärmt haben – seit 1993 gehe die Erhitzung gar doppelt so schnell voran. Korallenriffe, die beispielsweise für die Echte Karettschildkröte wichtige Nahrungsquellen sind, bleichen infolge aus und sterben ab, wodurch die Reptilien nach und nach ihre Nahrungsgrundlage verlieren. Längere Wanderrouten Die Erwärmung verändert jedoch auch die Meeresströmungen in den Ozeanen, was wiederum Auswirkungen auf die Wanderrouten der Meeresschildkröten hat.

Greenpeace hat nun im Juni 2019 gemeinsam mit einem Team lokaler Wissenschaftler in Französisch-Guayana die Lederschildkröten-Population vor Ort untersucht. Zehn weibliche Lederschildkröten wurden mit Ortungssendern ausgestattet, um die Wanderrouten nach der Eiablage zu untersuchen. Das Resultat: Die untersuchte Population legte doppelt so weite Distanzen zurück wie noch vor zehn Jahren. Dieser Kraftakt könnte wiederum Auswirkungen auf die Fortpflanzung haben. So ist es laut dem Forschungsteam höchstwahrscheinlich, dass Lederschildkröten nach den gewaltigen Reisen weniger Energie in die Eiproduktion stecken können.

Und auch nach der Eiablage wirkt die Klimaerhitzung noch einmal auf die Schildkröten ein: Das Geschlecht eines geschlüpften Schildkröten-Babys wird nämlich unter anderem durch die Temperatur des Sandes bestimmt, in den das Ei abgelegt wurde, erläutert die NGO. Je wärmer der Sand, umso wahrscheinlicher sind Weibchen, was zu einer Schieflage im Geschlechter-Verhältnis führt – und den Bestand ganzer Populationen bedrohen kann. Es wurde bereits festgestellt, dass bei einer Population von Grünen Meeresschildkröten vor Australien lediglich ein Männchen.

NGO fordert mehr Schutzzonen
Neben der Klimakrise und ihren Folgen gibt es aber noch weitere Faktoren, die das Überleben der Reptilien gefährden: Sie landen weiterhin als Beifang in Fischernetzen oder ersticken an Plastik. Greenpeace forderte daher ein starkes Uno-Meeresabkommen – damit sich Bestände wie die der stark gefährdeten Meeresschildkröten wieder erholen können.

«Schildkröten sterben uns in rasantem Tempo vor den Augen weg. Um das Überleben dieser einzigartigen Tiere zu sichern, müssen alle Staaten dafür sorgen, dass bis spätestens 2030 mindestens 30 Prozent der Ozeane unter Schutz gestellt werden», forderte Pawloff von Greenpeace Österreich. Bereits sechs von sieben Meeresschildkrötenarten sind von der Weltnaturschutzunion IUCN als stark gefährdet eingestuft. Vor allem bedarf es im offenen Meer miteinander verbundener Schutzzonen, damit die Schildkröten ohne Risiko ihre langen Wanderrouten zurücklegen können, schrieb die NGO.