Unermüdlich zwitschern, trillern, pfeifen und schwätzen die Vögel jeden Morgen. Im Frühling, wenn die Paarungszeit in vollem Gange ist, ist das Konzert besonders laut und vielstimmig. Und im Frühling 2020, in dem die Covid-19-Pandemie weltweit grosse Teile des Verkehrs zum Erliegen bringt, hört man den Morgenchor so gut wie wahrscheinlich seit Jahrzehnten nicht mehr.

Dieser Umstand brachte das Biotopia-Naturkundemuseum Bayern in München auf eine Idee: Diese Chance muss jetzt genutzt werden, um «in dieser einzigartigen Stille» möglichst viele Aufnahmen von morgendlichen Vogelchören aus aller Welt zu sammeln. So kann man die Aufnahmen aus der Zeit der Lockdown-Ruhe später mit Aufnahmen aus den Folgejahren vergleichen, in denen der Normalzustand wahrscheinlich wieder einkehren wird. Normalzustand, das heisst: viel menschlicher Lärm.

Gemeinsam mit der Stiftung Nantesbuch für Kunst und Natur und dem Max-Planck-Institut lancierte das Museum deshalb das Citizen-Science-Projekt «Dawn Chorus» (Dämmerungschor). Auf der Website kann man bis zum 31. Mai Vogelkonzerte hochladen.

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Veränderungen untersuchen
So entsteht eine die ganze Welt umspannende Klanglandschaft, eine sogenannte «Soundscape», welche die Forscher auf verschiedene Aspekte untersuchen wollen, zum Beispiel welche Arten wo singen und wie häufig sie über die Jahre in einem bestimmten Lebensraum vorkommen. Die weltweite Biodiversitätskrise treffe auch die Vögel schmerzlich, die Bestände gehen in Europa massiv zurück. «Im Morgenkonzert, so schön es auch klingen mag, spiegelt sich dies wider», heisst es auf der Website. «Genau diese Entwicklungen will das Dawn-Chorus-Projekt untersuchen, dokumentieren und für den Artenschutz nutzbar machen.»

Doch auch der Kunst soll Dawn Chorus einst dienlich sein. Die weltweite Vogelsymphonie werde später in künstlerische Projekte einfliessen. Zudem steht jedem, der ein Stimmenkonzert hochladen möchte, bald die Möglichkeit zur Verfügung, neben den wissenschaftlichen Daten wie Ort und Zeit der Aufnahme, Gedichte, Gedanken oder andere kreative mitzuschicken. Wer mitmachen will, findet auf der Website des Projekts eine detaillierte Anleitung. Eine interaktive Vogelkarte zum Reinhören gibt es ebenfalls schon.

Beispiel eines Morgenkonzerts aus Rumänien

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