Pandas, genauer gesagt: Grosse Pandas, gehören wohl zu den bekanntesten und beliebtesten Tierarten der Welt. Sie sehen knuffig aus und fressen herzig Bambus – dass man sie schützen muss, daran, so die generelle Meinung, besteht kein Zweifel. Pandas sind eine sogenannte Flagschiffart, eine Tierart, die besonders gut dafür geeignet ist, Geld und Unterstützung für den Artenschutz zu generieren – mit Erfolg.

Seit der Ausweisung des ersten Pandareservats in den 1960er-Jahren hat China enorme Summen in den Schutz der schwarz-weissen Bären investiert. Die Population erholte sich und die Weltnaturschutzunion IUCN stufte die Tiere Ende 2016 auf der Roten Liste von «stark gefährdet» auf «gefährdet» herunter («Tierwelt online» berichtete).

Grosse Pandas gelten unter Ökologen zudem als «Schirmart» für weitere gefährdete Arten. Das heisst, dass ihr Schutz sich wie ein Schirm über diese Tiere (und Pflanzen) ausbreitet. 70 Prozent endemischen Waldsäugetiere und Waldvogelarten Chinas sowie 30 Prozent der Waldamphibien überlappen mit dem Verbreitungsgebiet der Pandas, das heute zum grössten Teil geschützt ist, fand eine Studie 2015 heraus (lesen Sie hier mehr dazu). Doch ob und wie diese Tiere tatsächlich vom Panda profitieren, darüber machten die Forscher damals keine Angaben. Und dass es nicht ganz so einfach ist, zeigt eine am Freitag letzter Woche veröffentlichte Studie in «Nature Ecology & Evolution».

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Rothund in Not
In dieser Studie zeigten der Forscher Li Sheng von der Universität Peking und sein Team, dass seit den 60er-Jahren andere Grossraubtiere fast vollständig aus dem Pandagebiet, dass sich in 73 geschützten Reservaten über fünf Bergketten verteilt, verschwunden sind. So war der Schneeleopard im Gegensatz zu den 1950ern bis 70ern in 81 Prozent der Reservate von 2008 bis 2018 nicht mehr präsent. Der Wolf verlor 77 Prozent seiner ursprünglichen Verbreitung. Noch am besten dran ist der Schneeleopard: Er verzeichnete einen Rückgang aus «nur» 38 Prozent der Gebiete. Weitaus am schlimmsten traf es den Rothund oder Asiatischen Wildhund. Er verschwand aus ganzen 95 Prozent der Reservate.

In absoluten Zahlen bedeutet dies: Bei der Durchsicht der Daten aus 7830 Kamerafallen, die zusammen an 1,7 Millionen Tagen aufgenommen haben, wurde der Schneeleopard 309 mal gesehen, der Leopard 45 mal, der Wolf 11 mal und der Rothund nur 4 mal. Der Tiger, so notieren die Forscher, wurde im Pandagebiet 1964 ausgerottet.

Reservate zu klein
Die Grossraubtiere konnten offensichtlich vom Pandaschutz nicht profitieren. Der Grund liege zum einen in der Grösse der geschützten Gebiete, schreiben Li und Kollegen. Die vegetarischen Pandas besetzen nämlich wesentlich kleinere Reviere als ihre jagenden Verwandten. So sind die geschützten Reservate denn auch kleiner, als dass sie den Ansprüchen der Grossraubtiere genügen können. Ausserdem ist nicht das ganze Pandagebiet zusammenhängend geschützt. Die 73 Reservate sind teilweise bruchstückhaft verteilt. Nur in einer der fünf Bergketten steht ein grösseres zusammenhängendes Gebiet unter Schutz. Das ist der einzige Ort, an dem alle vier untersuchten Raubtiere noch vorkommen.

Als weitere Gründe kommen Wilderei sowohl der Raubtiere selbst als auch der Beutetiere sowie Lebensraumverlust durch Abholzung in Frage. «Unsere Resultate warnen davor, sich beim Artenschutz zu sehr auf eine einzige Art als Hüter der Biodiversität zu verlassen», schreibt das Forscherteam in seiner Studie. Es sei nun wichtig, gegen die Wilderei vorzugehen und den Lebensraum wiederherzustellen, damit sich die Beutetiere wiederansiedeln können. Ausserdem müsse die Vernetzung der geschützten Gebiete sichergestellt werden. Der von der chinesischen Regierung propagierte «Giant Panda National Park» wäre ein grosser und wichtiger Schritt in diese Richtung. Das Projekt will vier der fünf Bergketten, in denen Pandas vorkommen, durchgehend schützen.

Auch wenn es Jahrzehnte dauern könnte, sind die Forscher zuversichtlich, dass auch die Grossraubtiere in das Gebiet zurückkehren werden. Schliesslich nehmen sie auch die wichtige Rolle ein, das Ökosystem gesund zu halten. Und das nicht nur für die Pandas, sondern für alle seine Bewohner.

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