Flauschig und kuschelig weich sieht der Mantel aus. Und die Mütze erst. Die würde bei Biswind bestimmt die Ohren warmhalten. Trotzdem: Den Mut, sich mit Kleidern aus echtem rotbraunem Fuchspelz auf der Stras­se zu zeigen, bringen heutzutage nicht viele auf. Dabei stammen diese Tierhäute allesamt aus einheimischer Jagd. «Es wäre eine Sünde, diese schönen Felle einfach fortzuwerfen», findet Judith Moser. Die Jägerin aus dem zürcherischen Oberstammheim hat mit ihrem Ehemann eben 25 Fuchshäute auf den Fellmarkt gebracht, den der Verein Jagd Zürich in Dinhard organisiert.

Vor dem Restaurant Riedmühle baumeln an einem Ständer zahlreiche an den Schnauzen aufgehängte Fuchsfelle. Auch Wildschwein-, Marder- und Schafshäute sind erhältlich sowie Wildfleisch und Jagdwaffen. Geländewagen um Geländewagen fährt auf dem Platz vor. Jäger in olivgrüner Kluft und mit üppig verzierten Hüten entladen stolz ihre Ware. Der Anlass hat Tradition. Man kennt sich, steht in Runden zusammen, lacht und fachsimpelt in Jägerlatein. Eine Gruppe Männer formiert sich zu einem Halbkreis und stösst in ihre Jagdhörner.

Peter Hofstetter greift mit der Hand in einen Pelz. «Hier fehlt die Unterwolle», stellt der Händler fest. Das Tier wurde bereits Ende Oktober geschossen, als es sich noch nicht vor extremer Kälte schützen musste. Erst mit dem Frost wird die Qualität richtig gut. Für dieses Fell erhält Judith Moser lediglich fünf Franken, für die dickeren gibt es 15 Franken. Für das Abbalgen benötigt sie eine gute halbe Stunde. Weil sie so geschickt ist, bringen etliche Jäger aus dem Zürcher Weinland ihre erlegten Tiere zu ihr. Das Fleisch dagegen gilt als ungeniessbar und wird entsorgt.

Das meiste geht ins Ausland
In den 1960er-Jahren war ein Fuchsfell noch über 100 Franken wert. Doch obschon Kapuzenbeschläge und Mützenpompons in Mode sind, sei die Ware heute kaum noch gefragt, sagt Hofstetter, der im sankt-gallischen Flawil ein Fachgeschäft mit Kürschneratelier betreibt. Etwa 80 Prozent verkauft er deshalb an Bekleidungshersteller im Ausland. Doch diese würden Felle aus Pelzfarmen meist bevorzugen, macht Hofstetter die Erfahrung. «Pelze von wild lebenden Tieren weisen eben manchmal kleine Unregelmässigkeiten auf.» Der Händler ist jedes Jahr an rund zwölf Märkten in der ganzen Schweiz präsent und kauft Tierhäute an. In Dinhard wurden neben insgesamt 261 Fuchsfellen auch neun Steinmarder-, drei Dachs- und vier Kaninchenfelle abgegeben.

«Die Fuchsjagd ist nötig, um den Bestand zu regulieren», sagt Ulrich Moser, der Ehemann von Judith Moser. Hierzulande hätten die Tiere kaum mehr natürliche Feinde, aus­ser in Gebieten wie dem Zürcher Oberland, wo einige Luchse unterwegs sind. Ansonsten würden Füchse höchstens durch Krankheiten umkommen, zum Beispiel durch die Fuchsräude, die vielerorts wieder ausgebrochen ist. «In letzter Zeit haben wir so viele tote Füchse zusammengelesen wie noch nie», bedauert Moser. Die von einer Milbe übertragene Hautkrankheit kann bei Füchsen zum Tod führen und überträgt sich zudem auf Hunde.

Auch verschiedene Bandwurmarten und die Staupe setzen den Tieren zu. Dennoch vermehren sie sich immer wieder rasant: Ein Weibchen bringt jährlich bis zu acht Junge zur Welt, die im darauffolgenden Jahr ebenfalls bereits wieder geschlechtsreif sind. Ein reichliches Nahrungsangebot durch herumliegende Essensreste zieht die Allesfresser auch immer mehr in Siedlungsgebiete. Manche Menschen füttern die putzigen Gesellen sogar absichtlich. Dadurch verlieren sie die Scheu und werden zum Problem, wenn sie in Gärten Löcher graben, Kehrichtsäcke aufbeis­sen und Gartenutensilien wegtragen.

Gleichzeitig sei der Fuchs aber auch ein Nützling, betont Moser. Im Sommer, wenn hungriger Nachwuchs zu versorgen ist, sei er ein grosser Mausjäger. Er selber hat schon beobachtet, wie ein Tier einen ganzen Fang voll toter Mäuse vor seinem Bau deponiert hat. Zudem würden Füchse die Umwelt von Tierkadavern reinigen, weiss Moser. Dies schütze vor ansteckenden Krankheiten.

Tierschützer kritisieren Fuchsjagd
Um die Füchse zu erwischen, passen ihnen die Jäger in der Abenddämmerung auf dem Hochsitz ab, stellen ihnen Fallen oder veranstalten sogenannte Drück- oder Treibjagden. Dabei durchkämmen einige Jäger mit ihren Hunden ein bestimmtes Waldstück systematisch, während es andere umstellen, um flüchtende Tiere abzuschiessen. «Die Jagdmethoden sind strengen Regeln unterworfen», betont der Rickenbacher Jäger Max Wiesen­danger, der den Fellmarkt organisiert hat. Damit die Tiere eine Chance haben zu entkommen, müsse zum Beispiel ein gewisses Mass an freiem Raum zwischen den Jägern bleiben. Bevor man jagen darf, gilt es zudem eine anspruchsvolle Prüfung abzulegen.

Trotzdem ist diese Methode umstritten. Der Schweizer Tierschutz (STS), der die schonende Jagd auf Rehe und Hirsche generell als vertretbar erachtet, möchte die Treibjagd auf ein Minimum beschränken. «Die Tiere werden so verängstigt, und es kommt beim Flüchten häufiger zu Fehlschüssen als vom Hochsitz aus», sagt Samuel Furrer, Fachstellenleiter Wildtiere beim STS. Angeschossene Tiere seien grossem Leid ausgesetzt. Zudem könne auch bei dieser Methode nicht verhindert werden, dass Hunde in Fuchs- oder Dachsbauten eindringen. «Dabei kann es zu blutigen Kämpfen kommen», sagt Furrer.

Ein Verbot fordert die Organisation zudem für die Baujagd, bei der Hunde gezielt in Fuchs- oder Dachsbauten gejagt werden. Bereits die Ausbildung der Hunde sei dabei mit grossem Leid für die dabei verwendeten Füchse verbunden. Der Kanton Thurgau ist bis anhin aber der einzige, der die Baujagd verboten hat.

In Luxemburg verboten
Samuel Furrer hält die Jagd auf Füchse generell für unnötig. «Es konnte nie nachgewiesen werden, dass der Bestand so reguliert werden kann oder Krankheiten unter Kontrolle gebracht werden.» In den 1970er-Jahren zum Beispiel, als die Tollwut grassierte, konnten auch rigorose Massnahmen wie das Begasen von Fuchsbauten nicht viel ausrichten. Zum Erfolg führte erst die Impfung mit ausgelegten präparierten Hühnerköpfen. Das kleine Land Luxemburg hat die Fuchsjagd 2015 generell verboten und will die entsprechende Verordnung nun verlängern.

Die Jäger sehen das anders. Nach dem Verkauf ihrer Felle sitzen sie in Dinhard gemütlich in der Beiz beieinander und stärken sich mit Rehwurst und Brot. «Wenn man die Tiere nicht schiesst, dezimieren sie sich selber mit Krankheiten», ist Max Wiesendanger überzeugt. Dies sei mit grösseren Qualen verbunden als der schnelle Tod durch das Gewehr.