Im Gehirn von Säugetieren wie Menschen und Ratten gibt es Platzzellen. Ihre Aktivität im Hippocampus verrät, wo sich ein Individuum gerade befindet. Mit diesem neuronalen Fundament zur Orientierung im Raum und der Erinnerung beschäftigen sich Forscher um Jozsef Csicsvari und Federico Stella am Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg, Österreich.

Beobachtung der «neuronalen Wiederholung»
In früheren Untersuchungen haben sie bereits gezeigt, wie in den Gehirnen von Ratten genau nachvollzogen werden kann, welche Platzzellen zu welchen Orten gehören. Die Muster, in dem viele Zellen hintereinander feuern, lassen auf die zurückgelegten Wege der Tiere durch ein Labyrinth rückschliessen, wo auf manchen Wegen Belohnungen warteten.

Als die Ratten schliefen, wiederholten sich die Erregungsmuster der Nervenzellen. Allerdings lief das deutlich schneller ab: In der sogenannten neuronalen Wiederholung läuft eine Sekunde in nur etwa zehn Millisekunden ab.

In ihrer aktuellen Studie liessen die Wissenschaftler nun ihre Versuchstiere nicht zwischen vorgegebenen Wegen wählen. Die Tiere konnten sich in einer offenen Umgebung bewegen, in der Belohnungen zufällig verteilt wurden. Dabei zeichnete das Forschungsteam die Aktivität von bis zu 400 Platzzellen auf. Danach beobachteten sie, was sich im Hippocampus während des Schlafs tat. Die Ergebnisse stellen sie im Fachblatt «Neuron» vor.

Tatsächlich feuerten die Nervenzellen «an Orten, die die Ratte besucht hat, aber die Reihenfolge der Plätze, die in der Wiederholung gezeigt wird, folgt zufälligen Routen», so Csicsvari in einer Aussendung des IST Austria: «Wir haben die Statistik ausgewertet und festgestellt, dass das Muster der Wiederholung der Brownschen Bewegung folgt. Nur stimmt dies nicht mit der tatsächlichen Bewegung des Tieres überein – das Tier ist nicht zufällig herumgelaufen. Stattdessen erzeugt die komplexe Schaltung des Hippocampus ein Muster, das einer einfachen physikalischen Situation ähnelt.»

Wie von Geisterhand bewegt
Diese zeigt sich bekanntlich, wenn kleinste Partikel in Flüssigkeiten oder Gasen unter einem Mikroskop beobachtet werden. Es sieht dann so aus, als ob sie sich wie von Geisterhand bewegen. Ausgelöst wird dieser nach dem schottischen Botaniker Robert Brown benannte Effekt von der ungeordneten Wärmebewegung umgebender Moleküle, welche die Teilchen sozusagen ständig anrempeln.

Dass ein solches Muster überraschenderweise auch im nunmehrigen Experiment beobachtet wurde, liefere Einblicke in die Verschaltung der Nervenzellen im Hippocampus. Da die Tiere hier keine Wege erlernten, «erzeugt der Hippocampus selbst Routen, die er feuert. Unsere Arbeit zeigt, dass dieser Schaltkreis im Gehirn eine komplexe Dynamik besitzt, die beeinflusst, wie Neuronen feuern. Erfahrung ist wahrscheinlich eine Begrenzung dessen, was wiederholt werden kann», sagt Csicsvari.