Singt da noch spät im August eine Amsel? Zwitschern und plötzliches Knirschen wie Metall, das aufeinanderreibt, dann wieder lautes Krakeelen, das man einem Papagei zuschreiben könnte, tönt aus dem wundersamen Garten von Mario Tornare in Sonviliers im bernischen Vallon de Saint-Imier.

Die Verursacher leben gut versteckt in einer Volierenanlage unter Büschen. Sie schauen vorsichtig, wenn ein Fremder in die Anlage linst. In drei Abteilen leben Dreifarben- und Purpurglanzstare sowie Hirtenstare. «Es sind gute Imitatoren», sagt Tornare.

Der 61-Jährige mit sanftem Blick und grauen Haaren schwärmt von dieser Vogelgruppe: «Das schillernde, farbige Gefieder und die Stimmen erfreuen mich immer wieder.» Die Männchen sängen wie unsere Singvögel, um ihre Territorien zu verteidigen. Darum hält Tornare die Vögel paarweise in Volieren mit den ungefähren Grössen von 3 x 1,50 x 2 Meter (L x B x H). Doppelstegplatten schützen sie von aussen in der Nacht gegen Marder, die sonst am Gitter entlangklettern und die Vögel aufscheuchen könnten.

Wichtig sind tiefe Nistkästen
Tornare verbrachte seine Kindheit in Freiburg. «Ich wollte schon als Kind immer zwischen Pflanzen und Tieren sein.» Darum erlernte er den Gärtnerberuf. Sein leicht abschüssiger Garten an der Rue Ferdinand Gonseth in Sonviliers bietet denn auch zahlreiche botanische Kostbarkeiten. Sein erster Vogel war ein Spatz, den er aufzog.

Dann folgten Wellensittiche, und später, als er bereits verheiratet war, hielt er verschiedene Sittich- und Papageienarten. Schon lange hat er sich aber auf exotische Weichfresser spezialisiert. Dazu zählen Vogelliebhaber alle Arten, die lange, spitze Schnäbel haben und sich von Früchten und Insekten ernähren, wie auch die Rothaubenturakos und Chinesischen Nachtigallen Tornares.

Es ist Tornare wichtig, die Vögel auch zu züchten. Wobei das bei Starenarten nicht einfach ist. «Sie sind sehr empfindlich gegenüber Störungen. Wenn ich weiss, dass Junge
geschlüpft sind, betrete ich die Voliere nicht mehr.» Es sei nicht einfach, sie zu beringen. Die Beringung mit geschlossenen Fussringen im Jugendstadium, wenn die Vögel erst wenige Tage alt sind, dient normalerweise als Zuchtnachweis, doch Tornare verzichtet bei seinen Staren darauf. Es sei schon vorgekommen, dass die Eltern anschliessend die Jungen nicht weitergefüttert hätten.

«Hier, sie ist am Eierlegen», sagt der Züchter und zeigt auf einen Dreifarbenglanzstar, der im Hintergrund zwischen Blättern eines Kirschlorbeerstrauchs hervorlugt. Glanzstare sind, wie unsere einheimischen Stare, Höhlenbrüter. «Es ist wichtig, dass der Nistkasten tief genug ist», sagt Tornare. Seine Nistkästen sind mindestens 30 Zentimeter tief. Sonst würden die Jungen zu früh ausfliegen. «Sie flattern dann auf den Volierenboden, doch die Eltern füttern sie dort nicht mehr.»

Bei den Glanzstaren brüte das Weibchen, das Männchen schaffe die Nahrung herbei. Sobald die Jungen geschlüpft seien, würden beide Eltern füttern. Ein Gelege umfasse meistens drei bis vier türkisblaue Eier, das Weibchen lege jeden zweiten Tag ein Ei. «Bei mir beginnen Glanzstare mit der Brut im Juni», erklärt Tornare. Die Jungen schlüpften nach ungefähr 15 Tagen Brutzeit. Die Aufzuchtszeit daure um die 21 Tage. Da das Weibchen erst ab dem letzten Ei mit dem Brüten beginne, würden die Jungen meist ziemlich gleichzeitig ausfliegen.

Mehlwürmer und Käfer
Tornare hat beobachtet, dass die jungen Glanzstare nach dem Ausfliegen auf Ästen sitzen und betteln. Nach etwa zwei Wochen seien sie selbständig und müssten von den Eltern getrennt werden, da sie das Männchen plötzlich als Eindringlinge empfinde. Auch in der Natur würden sie sich neue Gebiete erschliessen. «Oft brütet das Weibchen gleich wieder.» Sein Paar Purpurglanzstare hatte in diesem Jahr ein Junges, die Dreifarbenglanzstare zogen in der ersten Brut zwei Junge auf und brüteten im August wieder. 

«Man darf den Glanzstaren keine eisenhaltigen Früchte füttern», erklärt Tornare. Sie seien empfindlich gegenüber der Eisenspeicherkrankheit Hämosiderose. Vielen Vögeln in tropischen Gebieten steht kaum Eisen zur Verfügung. Ihre Organe nehmen deshalb alles Eisen auf, das ihre Nahrung enthält, und können es nicht absorbieren. Darum füttert Tornare keine Zitrusfrüchte, Bananen oder Trauben, sondern Äpfel und Kaki. «Wenn sie Junge aufziehen, reiche ich auch Mehlwürmer und Käfer, die ich selber fange.» Zudem füttere er ein Insektenweichfutter. 

In einem ebenerdigen Raum seines Hauses hält der Züchter ein weiteres Paar Dreifarbenglanzstare in einer Voliere. Auch ihnen steht ein Wasserbassin zur Verfügung. Die Sonne scheint zwar durch die Fenster, trotzdem hat Tornare über den Volieren künstliches Licht angebracht, dessen Spektrum dem Tageslicht ähnlich ist. Die Volieren sind mit robustem Kirschlorbeer ausgestattet. Solche Pflanzen beschädigen die Glanzstare nicht. Sie könnten auch mit anderen, grösseren Vögeln vergesellschaftet werden. «In der Zuchtphase sind in der Voliere aber kleinere Mitbewohner gefährdet», erklärt Tornare.

Glanzstare seien genaue Beobachter. «Als ich einmal ein Männchen zu einem Weibchen setzte, das Junge hatte und dessen Männchen gestorben war, hoffte ich, es würde mit dem Weibchen die Jungen aufziehen», erinnert sich der Starenzüchter. Fehlanzeige: Das Männchen habe die Jungen zum Nistkasten herausgeworfen. Es wollte seine eigenen Gene weitergeben. Glanzstare sind majestätisch, schön, hinreissende Imitatoren und vorsichtige, spezielle Charakteren. Mario Tornare ist ihnen verfallen. «Sie werden 15 bis 20 Jahre alt», sagt er, lächelt und schaut wieder in die Voliere.