Es waren dramatische Szenen, die eine Gruppe von Forschenden von der deutschen Universität Osnabrück und dem Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig vor zwei Jahren im Loango-Nationalpark im westafrikanischen Land Gabon beobachteten. Erst hörten die Forschenden Schreie von Schimpansen, wie sie typischerweise vorkommen, wenn zwei Schimpansengruppen aufeinandertreffen, erinnert sich Doktorandin Lara Southern in einer Medienmitteilung. «Doch dann hörten wir Brusttrommeln, ein Imponierverhalten, das charakteristisch für Gorillas ist, und stellten fest, dass die Schimpansen auf eine Gruppe von fünf Gorillas gestossen waren.»

Eine weitere solch aggressive Begegnung fand zehn Monate später statt. Beide Male waren die Schimpansen deutlich in der Überzahl und machten sich dies gegen die Gorillas zu nutze. Die deutlich grösseren Gorillas versuchten zu fliehen, wurden aber von den Schimpansen verfolgt. Beide Male wurde ein Gorillajunges dabei getötet, während der Rest der Gruppe entkommen konnte. 

Es ist war das erste Mal, dass Forschende beobachteten, wie Schimpansen tödlichen Attacken auf eine andere Menschenaffenart ausübten. Warum die Angriffe passierten, müsse zuerst erforscht werden, schreiben Southern und ihr Team im Fachjournal «Scientific Reports»

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Attacken Folge des Klimawandels?
Dennoch liefern sie in ihrer Studie einige Erklärungsversuche. So könne es sein, dass die Schimpansen gezielt Jagd auf die Gorillas gemacht hätten, um ihren Nachwuchs verspeisen zu können. In einer der beiden Attacken wurde das getötete Jungtier auch gegessen. Allerdings sei das wohl eher ein Nebeneffekt gewesen. 

Wie eine Studie vom Dezember 2020 im Fachmagazin «Science» nämlich berichtet, produzieren die Bäume in Gabons Urwäldern bis zu 80 Prozent weniger Früchte als noch vor dreissig Jahren. Schuld daran ist der Klimawandel. Früchte sind aber auch die Hauptnahrungsquelle vieler Waldbewohner, darunter eben auch Gorillas und Schimpansen. Die beiden Menschenaffenarten essen zu gewissen Zeiten des Jahres mehr das Gleiche als zu anderen. Die beiden Angriffe fanden zu der Zeit statt, in denen sich die Ernährungsweisen überlappen. Überlappen sie sich weniger, beobachten Forschende typischerweise freundschaftliche Zusammentreffen.

Deshalb, so vermuten die Wissenschaftler, seien die tödlichen Attacken wahrscheinlich eine Folge von Nahrungskonkurrenz. Und diese wird sich mit dem Klimawandel wohl nur noch verschlimmern. Auf die Menschenaffen der Urwälder könnten damit düstere Zeiten zukommen.