Kaum ein anders Tier kann so lästig werden wie eine Stubenfliege. Manchmal setzen sich die kleinen Biester unverschämterweise sogar mitten auf die Nase ihrer Opfer. Ein Verscheuchen durch Wedeln mit der Hand sorgt nur für kurzfristige Erleichterung: Das penetrante Tier landet nach wenigen Sekunden erneut auf der Nase. 

Aber warum setzen sich Stubenfliegen bevorzugt auf unser Gesicht oder auf unsere nackten Beine oder Arme? Ganz einfach, weil sie Hunger haben. Unsere Körperge-rüche, inklusive Schweiss, signalisieren den Fliegen nämlich, dass es hier etwas Leckeres zu futtern gibt – sprich kleine Hautschuppen oder andere organische Substanzen, die sich in unserem Schweiss befinden. Deshalb wird ein frisch geduschter Mensch tatsächlich nicht so oft angeflogen wie einer, der gerade einen Marathonlauf hinter sich hat. Wenn ein Mensch sich in einem Kuhstall befindet, wird er deutlich seltener «Opfer» einer Fliege. Kühe riechen nämlich für Stubenfliegen viel attraktiver als die Menschen und haben offensichtlich auch kulinarisch wesentlich mehr zu bieten.

Rundumblick und Zeitlupenblick
Wer versucht, mit der blossen Hand eine Stubenfliege zu fangen, stellt schnell fest, dass das gar nicht so einfach ist. Das hängt mit dem überragenden Sehvermögen der Stubenfliege zusammen. Dafür sorgen in erster Linie ihre kugelförmigen Facettenaugen. Während wir Menschen ein begrenztes Blickfeld haben und deshalb den Kopf bewegen müssen, wenn wir hinter uns schauen wollen, haben Fliegen einen eingebauten Rundumblick. Er verhindert, dass sich ein Feind unbemerkt von hinten anschleichen kann.

Dazu kommt, dass die Stubenfliegen über einen sogenannten Zeitlupenblick verfügen: Wenn wir Menschen uns mehr als 18 Bilder pro Sekunde anschauen, verschmelzen diese zu einem Bewegungsablauf. Eine Eigenschaft, die wir vom Betrachten eines Filmes kennen. Stubenfliegen dagegen können dank ihren Facettenaugen unglaubliche 250 Bilder in der Sekunde sauber voneinander trennen. Der Vorteil: Auch schnellste Bewegungen kommen den Stubenfliegen gähnend langsam vor. Es bleibt also ausreichend Zeit auf das Wahrgenommene zu reagieren. Deshalb fliegt die Fliege selbst der schnellsten Klatsche locker davon. 

Fünf Zentimeter daneben zielen
Noch ein weiteres Ass hat die Stubenfliege im Ärmel: Im primitiv aufgebauten Fliegengehirn gibt es zwischen Augen und Muskeln gerade mal fünf Schaltstellen. Diese Tatsache sorgt für eine Reaktionszeit, die zehn Mal kürzer ist als bei uns Menschen. Um Fliegen trotzdem fangen zu können, hilft ein kleiner Trick: Man darf mit der Hand nicht dahin zielen, wo sich die Fliege befindet, sondern dorthin, wo sie hinfliegt. Wenn sie also auf dem Tisch sitzt etwa fünf Zentimeter über die Tischoberfläche.

Neben ihrem Zeitlupentrick haben Stubenfliegen eine weitere bewundernswerte Eigenschaft. Sie können ohne Mühe kopfüber an der Decke spazieren gehen. Dafür sorgen, zum einen, scharfe Krallen an den Enden ihrer sechs Beine. Viel wichtiger aber: Zwischen den Krallen befinden sich sogenannte Haftlappen, die mit Tausenden winziger Härchen überzogen sind. Diese Härchen binden sich über elektrodynamische Wechselwirkungen an die Moleküle der Decke, auf der die Fliegen sitzen. Diese Kräfte sind zwar relativ schwach und wirken nur über eine extrem kurze Entfernung. Doch in der Summe reicht die Haftkraft dieser vielen tausend Härchen aller sechs Fliegenfüsse aus, um sich locker an der Decke zu halten.