Seit den 1970er Jahren kehrt der Luchs langsam wieder in die Schweiz zurück, nachdem er fast verschwunden war. Dass sich Grossraubtiere wie der Luchs hierzulande wieder verbreiten können, liegt auch daran, dass auch die Bestände ihrer natürlichen Beutetiere wie Gämse und Reh im Laufe des letzten Jahrhunderts laufend zugenommen haben.

Welchen Einfluss die Grossraubtiere auf die Bestände ihrer Beutetiere haben, untersuchen Raphaël Arlettaz und sein Team von der Universität Bern seit 2012 in einem umfangreichen Projekt in den Walliser Alpen. Anhand systematischer Spurensuche im Schnee während der Wintermonate, sowie rund 100 Fotofallen konnten sie den Luchsbestand ermitteln.

Nur 15 Luchse  
Dieser fiel aber überraschend klein aus, wie die Universitätx Bern mitteilte. Die Untersuchung brachte nur 15 verschiedene Individuen zutage. Die Bestandsdichte liege damit nur bei 0,32 Luchsen pro hundert Quadratkilometern Lebensraum, die die Tiere theoretisch besiedeln könnten. In vergleichbaren Regionen der Schweizer Alpen liegt diese Dichte bei 1,4 bis 2, im Jura sogar bei 3,6 Luchsen.

Die meisten der Tiere wurden im Nordwesten des Kantons beobachtet, in der Nähe der Luchsbestände der Kantone Waadt und Fribourg. Südlich der Rhone sei der Luchs jedoch sehr selten anzutreffen. Erstaunlich sei das insbesondere, da in den 1980er Jahren noch eine deutliche höhere Bestandsdichte im Gebiet zwischen Nendaz und Brig ermittelt wurde, schrieb die Uni Bern.

Heute sollten theoretisch 35 bis 53 Tiere im Walliser zu finden sein, rechnet man die Bestandsdichten anderer Schweizer Regionen auf die theoretisch vom Luchs besiedelbare Fläche im Wallis um. 58 Prozent des Walliser Gebiets würde dem Luchs eigentlich gute Lebensbedingungen bieten.

Wenig Beutetiere oder Wilderei?  
Als nächstes wollen die Forschenden herausfinden, warum die Bestandsdichte so tief liegt. Dabei wollen sie beispielsweise klären, ob beispielsweise die Methode der Bestandsaufnahme mit Fotofallen zu ineffizient ist, ob die Bestände der Beutetiere ebenfalls im Wallis tiefer liegen als in anderen Regionen im Alpenraum.

Auch Wilderei als möglicher Grund für den tiefen Bestand wird im Fokus stehen. «Auch wenn gegenwärtig noch Vorsicht bei endgültigen Aussagen geboten ist, so deuten doch unsere neusten, noch nicht publizierten Analysen auf eine möglicherweise schon seit Jahrzehnten praktizierte Wilderei als entscheidendem Faktor hin», sagt Arlettaz gemäss der Mitteilung. «Leider wurden entsprechende, prahlerische Äusserungen gewisser Personen, die von manchen Medien gerne aufgenommen wurden, erst seit kurzem von den zuständigen Behörden ernst genommen.»