In Skandinavien und in den Nadelwäldern der sibirischen Taiga lebt ein bräunlicher Rabenvogel mit kauzigem Namen: der Unglückshäher (Perisoreus infaustus). Wenn der Häher beispielsweise einen räuberischen Habicht sichtet, der nicht gerade auf Beutejagd ist, trommelt er seine Artgenossen mit einem spezifischen Laut zu einem nahegelegenen Baum zusammen, um den Feind mit «Mobbing-Rufen» ausgiebig zu nerven.

Mitglieder aus benachbarten Unglückshäher-Gemeinschaften nutzen diese Laute manchmal auch, wenn kein Feind in der Nähe ist. Damit versuchen sie, ihre Artgenossen wegzulocken, um deren für den Winter und Frühling gehortete Nahrung zu stibitzen. Nur: Diese Taktik läuft meistens ins Leere, weil die Unglückshäher den Täuschungsversuch entlarven. Das berichten die Forscher Filipe Cunha und Michael Griesser im Fachmagazin «Science Advances», die unter anderem an der Universität Zürich tätig sind.

Das Vertrauen zählt
Die Forscher führten Feldexperimente durch, bei denen sie den Unglückshähern Playback-Aufnahmen vorspielten. Die Aufnahmen beinhalteten entweder Laute von ehemaligen Gruppenmitgliedern, von fremden Artgenossen oder von solchen, die in benachbarten Gruppen leben.

Dabei zeigte sich, dass Vertrauen eine wichtige Rolle spielt: Die Vögel flüchteten sofort, wenn sie die Habicht-Warnlaute von ehemaligen Gruppenmitgliedern vernommen hatten. Auf die anderen Rufe reagierten sie hingegen nicht. Ebenfalls schwand offensichtlich das Vertrauen gegenüber ehemaligen Gruppenmitgliedern, mit denen die Unglückshäher einige Jahren lang nicht mehr interagiert hatten. Denn auch diese Laute schienen sie kaum zu kümmern.

Wenn die Täuschungsmanöver so oft erfolglos bleiben, wieso versuchen es die Unglückshäher dennoch immer wieder? Ein möglicher Grund: Die Jungen lernen von ihren Eltern, bei einem Warnruf sofort zu fliehen. Daher reagieren ältere Vögel in Begleitung von jungen Unglückshähern unabhängig davon, welcher Artgenosse den Laut abgibt. In solchen Situationen dürfte das Austricksen dann tatsächlich erfolgreich sein.