Viele Automobilisten, die ihr Fahrzeug im Freien parkieren, kennen das Problem: Man öffnet die Motorhaube und findet zerfressene Dammdecken, angeknabberte Kabel oder das Auto fährt schon gar nicht mehr. Schuld daran ist der Hausmarder, zoologisch auch Steinmarder genannt. Das Tier fühlt sich seit vielen Jahren wohl in der Nähe des Menschen und kann sich gut im Siedlungsraum ernähren. 

Dass die kleinen Wildtiere mit ihren scharfen Zähnen sogar ganze Motorschäden verursachen können, ist keine Seltenheit. «Da reden wir nicht mehr von ein paar Hundert Franken, sondern von 5000 bis 10 000 Franken», sagt Jean-Claude Muller, Werkstattchef der Garage Keigel AG in Basel. «Marderschäden sind bei uns das ganze Jahr aktuell», sagt er. Im Frühling komme es vor, dass pro Tag zwei bis drei Kunden mit Marderschäden in die Werkstatt kommen. 

Marder machen vor nichts halt: Es werden Wasserkühlschläuche, Zündkabel, Lenkungmanschetten, Antriebswellenmanschetten und sogar Bremsschläuche angeknabbert. «In den letzten 25 Jahren habe ich ein oder zwei Mal erlebt, dass die Bremsschläuche ganz durchgebissen wurden», sagt Muller. Das kann im schlimmsten Fall sehr gefährlich werden. In der Regel laufe das Bremsöl jedoch nur langsam aus und die Kontrolllampe beginne zu leuchten. Muller hatte auch schon hautnahe Begegnungen mit den Tieren. Nicht selten werden nämlich Autos samt Marder abgeschleppt und die Tiere sorgen dann in der Werkstatt für Trubel. 

Moderne Autos sind weniger anfällig
Und wer bezahlt die Marderschäden am Auto? Laut Anna Ehrensperger, Mediensprecherin der AXA Winterthur, übernimmt die Versicherung die Marderschäden, die über die Vollkasko- oder Teilkasko-Versicherung gedeckt sind. Dazu gehören auch Biss- und Folgeschäden. «In den vergangenen fünf Jahren machten Marderschäden rund acht Prozent der bei uns gemeldeten Kasko-Schäden aus», sagt Ehrensperger. Damit sind Marderschäden deutlich häufiger als andere Tier- und Wild-Schäden. «Wir stellen aber fest, dass die Anzahl an Marderschäden in den vergangenen Jahren abgenommen hat.» Der Grund dafür dürfte in der technischen Entwicklung der Fahrzeuge liegen. Moderne Autos haben weniger offen liegende elektronische Kabel, sind zusätzlich weniger frei zugänglich und der Fahrzeugunterboden ist heute insgesamt viel besser eingekapselt als das noch vor zehn Jahren der Fall war.

Laut dem Touring Club Schweiz (TCS) bezahlen die Schweizer Versicherungen jedes Jahr zweistellige Millionenbeträge für Marderschäden. Die Basler Versicherung zum Beispiel kommt jedes Jahr für circa 6000 Fälle auf, die mehr als zwei Millionen Franken kosten. 

Polizisten ertappten den Saboteur
Dass Marder für die Autoschäden verantwortlich sind, wusste man lange Zeit nicht. Weil die Marder seit dem Mittelalter wegen ihres Felles gejagt wurden, waren sie in der Schweiz beinahe ausgestorben. Aufgrund der Einschränkungen der Jagdzeit und dem abnehmenden Interesse am Pelz stieg die Population in den Siebziger- und Achtzigerjahren wieder an. Erste Marderfälle bei Autos wurden 1978 bekannt, als in Winterthur Automobilisten von zerschnittenen Zündkabeln sprachen. Damals dachte man noch an böswillige Sabotage durch Menschen. Erst als die Polizei eine nächtliche Beobachtung durchführte, konnte der Täter schliesslich ertappt werden: der Steinmarder. Als die Medien darüber berichteten, glaubten zuerst viele an einen Scherz. 

Heute gehören Marder längt zum Alltag jedes Fahrzeugbesitzers, der sein Auto draussen lässt. Marder fressen die Kabel nicht. «Für sie ist es ein Spiel», sagt Hans-Ulrich Huber, Geschäftsführer vom Schweizer Tierschutz. 

Marder gelten als neugierige Tiere, die gerne alles untersuchen. Deshalb kauen sie auf den Motorkabeln herum. Zudem markieren die Tiere mittels Duftdrüsen und Urinspritzern und teilen so ihren Artgenossen mit, dass dieses Objekt interessant ist. Deshalb werden vermehrt Autos aufgesucht, die schon von anderen Mardern markiert wurden. «Vor allem männliche Marder zerbeissen Kabel von Autos, die schon in einem anderen Marder-Revier gestanden haben», sagt Huber. Immer wieder wurde auch beobachtet, dass besonders Autos, die erst spät in der Nacht parkiert werden, die Marder anziehen. Schuld daran ist der warme Motor.

«Um Marder abzuhalten ist es wichtig, dass der Motor und der Motorraum von den sichtbaren und unsichtbaren Duftmarken vorsichtig gereinigt werden, wenn der Marder bereits einmal zu Besuch war», sagt David Venetz, Mediensprecher des TCS. Viele Abwehrmassnahmen bringen nichts, wie TCS-Marderschutztests zeigten. Keine Wirkung gab es vor allem bei passiven Geräten, die mit Licht arbeiten, wie zum Beispiel Blinklampen oder Motorraumleuchten. Gleiches gilt für akustische Systeme, die im Hörbereich des Menschen funktionieren, wie etwa Wecker, Summer oder Uhren. «Und mit Reissverschluss-Rohren lassen sich zwar Schläuche und Kabel im Motorraum gut schützen, jedoch nicht Antriebswellenmanschetten oder Dämmmatten», sagt David Venetz.

Es gibt aber auch elektrische Geräte, die durch einen hohen Ton die Marder fernhalten sollen. Anders als der Mensch nimmt ein Marder Frequenzen über 20 kHz wahr. «Seitens der Forschung zweifelt man allerdings an der Wirkung von solchen Geräten», sagt David Venetz. Eine weitere Methode ist das Hochspannungsgerät, das ab 200 Franken erhältlich ist. Dabei wird der Motorraum mit Kontaktplättchen versehen, die dem Marder bei jeder Berührung einen ungefährlichen Stromstoss versetzen. Es gibt auch Geräte, die sowohl mit einem Ultraschallwellen- als auch mit einem Hochspannungssystem arbeiten. «Diese Systeme dürften zurzeit am effizientesten sein», ist David Venetz überzeugt. Der Schweizer Tierschutz rät jedoch von solchen Hochspannungssystemen ab. «Diese Stromschläge laufen unkontrolliert ab und können so durchaus auch gefährlich werden», sagt Hans-Ulrich Huber.

Eine Socke mit Hundehaaren
Der TCS hat kürzlich eine Facebook-Umfrage durchgeführt und die Automobilisten nach ihrer wirksamsten Methode gegen Marderschäden gefragt. Da gibt es neben Elektrogeräten und Sprays auch originelle Methoden wie eine alte Socke mit Hundehaaren unter der Motorhaube zu platzieren, da Marder Hundehaare meiden. Zu dieser Methode rät Werkstattchef Muller auch seinen Kunden. «Es ist die effizienteste und günstigste Methode», ist er überzeugt. Aber auch Parfum und WC-Steine könnten wirken. In der Regel muss die Behandlung nach einigen Tagen oder nach jeder Fahrt im Regen erneuert werden, denn Marder gewöhnen sich schnell an neue Gerüche. Es gibt noch eine weitere Massnahme, nämlich dass die Automobilisten ein Maschengitter direkt unter den Motor legen. Einige Marder lassen sich aber auch davon nicht abhalten. 

In einem sind sich Garagisten, Versicherer, Tierschützer und der TCS allerdings einig: Eine geschlossene Garage ist immer noch die beste Lösung.