Ostern ist die Zeit der Hasen: Schokohasen, Plüschhasen, Hasenbilder – Hasen, so viele das Herz begehrt! Doch über die echte Hasenfamilie ist trotzdem wenig bekannt. Wer käme also an eine Hasenparty des Osterhasen? Einige, denn genau 82 Einladungskarten müsste der Osterhase verschicken, so viele Hasenartige gibt es nämlich! Und die Karten würden in alle Erdteile verschickt, ausser in die Antarktis. 

Eine ginge an den heimischen Feldhasen, sozusagen den wilden Bruder des Osterhasen. Die Biologen nennen ihn Lepus eropaeus. Er lebt als Einzelgänger in offenen Landschaften mit Hecken, ernährt sich von Gräsern und Kräutern. Seine Siesta verbringt er in einer Mulde, der Sasse, die er sich an einem ruhigen Ort mit guter Übersicht scharrt. Zur Paarungszeit treffen sich die Feldhasen auf Rammelplätzen. Boxend kämpfen die Rammler um die Gunst der Häsinnen, wilde Verfolgungsjagden sorgen für den nötigen Kick. Bis 70 Stundenkilometer kann ein Feldhase erreichen. Doch den Hasen geht es nicht so gut, sie sind zwar Kulturfolger, doch eine allzu intensive Landwirtschaft und die ausgeräumte Landschaft machen ihnen zunehmend das Leben schwer (lesen Sie hier mehr über den Feldhasen). 

Was einen Hasen ausmacht
Hasen nagen zwar gern, sind jedoch keine Nagetiere! Zeichen für die Hasenzugehörigkeit sind kleine, hinter den oberen Nagezähnen sitzende Stiftzähnchen, dicht behaarte Fusssohlen, eine Fellfalte, die die Nase bedeckt und durch das rhythmische Zurückziehen zum typischen Nasenblinzeln führt. Die Hasenartigen unterteilen sich in zwei Familien: Pfeifhasen und Hasen. Diese wiederum teilen sich in Echte Hasen und mehrere Kaninchengattungen.

Kühler mag es der ebenfalls einheimische Schneehase (Lepus timidus), der im Sommer über der Baumgrenze lebt, im Winter in lichten Wäldern oberhalb von 800 Metern Höhe. Im Sommer trägt er ein braungraues Fell, im Winter ein saisongerecht weisses und – als nützliches Accessoire – Schneeschuhe in Form von stark behaarten Hinterläufen. Er ist rundlicher als der Feldhase, so verliert er weniger Körperwärme. Im Sommer frisst er neben Gras und Kräutern auch Beeren und Pilze, im Winter muss er sich mit knospenreichen Zweigen und Heidekraut begnügen. 

Von eisig kalt bis glühend heiss
Der grosse Bruder des Schneehasen ist der Polarhase (Lepus arcticus), der die Tundragebiete Grönlands und Nordkanadas bewohnt. Die mehrere Wochen dauernde Polarnacht, Kälte und eisige Winde muss er ertragen. Die Nahrung besteht aus Moosen, Flechten, Gras. Im Winter frisst er Knospen und Rinde der Arktis-Weide, eines kriechend wachsenden Zwergstrauchs, den er unter dem Schnee findet. Die hart gefrorene Schnee­decke bricht er dazu mit Stampfen der Vorderläufe auf. Ab und zu frisst er sogar Fisch- und Fleischabfälle.

Ein anderes Klimaextrem bewohnt der Kalifornische Eselhase (Lepus californicus). Er lebt verbreitet im Westen der USA bis nach Mexiko. Seine imposanten Ohren dienen als Klimaanlage, sie sind eine Anpassung an die Hitze. Er frisst, was ihm vor die Nase kommt, von Gras über Seggen, Beifuss bis zum Feigenkaktus und zu Pilzen, im Notfall gar Kreosot, eine Pflanze, die für die meisten Säugetiere ungeniessbar ist. 

Geheimnisumwoben ist das Sumatra-Kaninchen (Nesolagus netscheri). Lange waren ein paar Museumsexemplare der einzige Beweis seiner Existenz. Erst 1998 gelang es, ein Bild von ihm zu schiessen. Sein Lebensraum sind die Regenwälder der Barisan-Berge auf Sumatra. Selbst die Inselbewohner kennen es kaum, so hat es auch keinen einheimischen Namen. Sein einzigartiges gestreiftes Fell verleiht ihm eine perfekte Tarnung im Unterholz. Es gehört zu einer eigenen Gruppe der Hasentiere – und hat sogar eine eigene Floh-art, die nur auf ihm lebt.

In Japan lebt der urtümlichste Hasenverwandte, das Amami-Kaninchen (Pentalagus furnessi). So mögen die ersten Hasen vor Jahrmillionen ausgesehen haben: gedrungener Körper, kleine Augen und Ohren, sehr kurzer Schwanz, eine lange Schnauze und kräftige Krallen. Das nachtaktive Tier lebt als Einzelgänger in Wäldern und ernährt sich von Chinaschilf, Knollen und Beeren. Es steht seit 100 Jahren unter Schutz, ist aber dennoch bedroht, einerseits durch Zerstörung des Lebensraums, andererseits durch den Kleinen Mungo, der vor 40 Jahren zur Schlangenbekämpfung auf den Amami-Inseln ausgesetzt wurde.

Badende und singende Hasen
Der Buschmannhase (Bunolagus monticularis) ist der afrikanische Bruder des Amami-Kaninchens; das haben neueste DNS-Untersuchungen ergeben. Er lebt in der Karoo-Wüste in Südafrika. Nach der Entdeckung 1902 war die Art wieder einige Jahrzehnte lang verschollen. Der Buschmannhase gehört zu den seltensten Säugetieren überhaupt, sein Bestand wird auf 250 Tiere geschätzt. Er hat ein dichtes, seidiges Fell und ernährt sich von Gräsern und Sukkulenten. Sein Lebensraum wird durch den Menschen immer stärker eingeengt. Problematisch für den Arterhalt ist ausserdem, dass das Weibchen nach fünfwöchiger Tragzeit nur ein einzelnes Junges zur Welt bringt. Mit höchstens zwei Geburten jährlich weist der Buschmannhase damit eine ungewöhnlich tiefe Fortpflanzungsrate auf. 

Der Buschmannhase ist so selten, dass wir leider kein Foto finden konnten. Dafür aber dieses Video (Video: Endangered Wildlife Trust):

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Davon können die Australier nur träumen: Ein Farmer setzte vor 150 Jahren 24 Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) aus, um etwas zum Jagen zu haben. Die Tiere vermehrten sich explosionsartig. Die Kaninchen sind so verhasst, dass in Australien nicht der Osterhase, sondern der Oster-Bilby, ein Beuteltier, die Eier bringt.

Das Marschkaninchen (Sylvilagus palustris) lebt in Sümpfen im Südosten der USA. Es hat sich ganz ans Wasser angepasst, schwimmt ausgezeichnet und liegt oft bewegungslos im Wasser, wobei nur Augen, Ohren und Nase zu sehen sind – fast wie ein Krokodil. Das Marsh-Kaninchen frisst Wasserhyazinthen, Rohrkolben, Binsen und Wassernabel. 

Zu einer besonderen Gruppe innerhalb der Hasensippe gehört der Amerikanische Pfeifhase oder Pika (Ochotona princeps). Er bewohnt die Bergregionen im Westen der USA und Kanadas. Als Tagaktiver ist er unter der Hasenverwandtschaft eine Ausnahme. Der Pfeifhase sammelt im Sommer Gras und Kräuter und legt damit einen Vorrat für den Winter an, ähnlich wie unsere Murmeltiere. Pfeifhasen kommunizieren über eine reiche Lautsprache: Kurze Rufe zeigen Gefahr an, andere setzen die Kolonie in Kenntnis, dass ein Pfeifhase zum Heuen aufbricht oder davon zurückkehrt. Männchen bringen ihrer Angebeteten auch mal ein Ständchen. An unserer fiktiven Hasenparty würde also bestimmt eine Pfeifhasenband auftreten.